Horst Seehofer:CSU-Chef will neuen Anlauf für NPD-Verbot

Der CSU-Parteivorsitzende Horst Seehofer schwenkt auf SPD-Linie ein und ist sogar zum Abzug von V-Leuten aus der Partei bereit.

Annette Ramelsberger

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer schwenkt offensichtlich auf die Linie von SPD-Politikern wie Kurt Beck aus Rheinland-Pfalz und Ehrhart Körting aus Berlin ein und will noch einmal ein NPD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht versuchen.

Horst Seehofer: Rückt von der Haltung der CSU in Sachen Innere Sicherheit ab: Parteivorsitzender Horst Seehofer.

Rückt von der Haltung der CSU in Sachen Innere Sicherheit ab: Parteivorsitzender Horst Seehofer.

(Foto: Foto: ddp)

Damit wendet er sich von der bisherigen Überzeugung der CSU ab, die die Chancen für einen weiteren Anlauf unter ihrem langjährigen Innenminister und kurzzeitigen Ministerpräsidenten Günther Beckstein stets als aussichtslos einschätzte.

Bei einem Kamingespräch der CSU-Landesgruppe in Kreuth erklärte Seehofer nach Angaben von Charlotte Knobloch, der Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, er glaube, man könne die Hürden, die das Verfassungsgericht 2003 aufgestellt habe, überwinden. So könne man auch die V-Leute des Verfassungsschutzes aus der NPD abziehen.

Man brauche deren Erkenntnisse nicht, um die Verfassungsfeindlichkeit der NPD zu entlarven. Das besorge die NPD doch selbst. Seehofer hat sich nach eigener Aussage über die Weihnachtsfeiertage in die Begründung des Verfassungsgerichts zum Verbot der NPD vertieft.

Die CSU hatte sich mit Charlotte Knobloch getroffen, die seit langem dafür eintritt, noch einmal einen Versuch zu unternehmen, um die rechtsextremistische NPD zu verbieten. Dieses Vorhaben war im Jahr 2003 gescheitert, weil das Bundesverfassungsgericht bemängelt hatte, dass die NPD zu stark von den V-Leuten des Verfassungsschutzes unterwandert sei und von ihnen politisch beeinflusst werden könne, so dass nicht mehr klar ist, was der Partei und was dem Staat zuzurechnen sei. Knobloch sagte der SZ, sie habe nach dem Kamingespräch mit der CSU in Kreuth am Mittwochabend den Eindruck, Seehofer sei um das Verbot der NPD "ehrlich bemüht".

Intern abschotten, nach außen Kreide fressen

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), aber auch Seehofers Vorgänger Beckstein hatten einen Abzug der V-Leute stets abgelehnt. Sie befürchten, dass in den Jahren bis zu einer Entscheidung des Gerichts, in denen die NPD unbeobachtet bliebe, schwere Informationslücken entstünden.

Beckstein hatte immer erklärt, dass sich die NPD dann intern abschotten und nach draußen hin Kreide fressen werde. Nach Erkenntnissen von Ministern, die maßgeblich das Verbot betrieben haben, ist die ablehnende Haltung der Richter unverändert. Schäuble hatte gerade erklärt, ein zweites gescheitertes Verbotsverfahren sei "das Schlimmste von allem".

Seehofer rückt mit seinem Eintreten für ein NPD-Verbot zum wiederholten Male von der Haltung der CSU in Sachen Innere Sicherheit ab: Er hatte auch das strenge bayerische Versammlungsverbot zur Disposition gestellt. Er setzt sich auch über die Einwände eigener Parteifreunde hinweg, die vor einem zweiten Scheitern vor Gericht warnen.

So hatte der Innenexperte der CSU im Bundestag, Hans-Peter Uhl, bei dem Kamingespräch davor gewarnt, den Fehler von 2003 ein zweites Mal zu machen. Doch unter dem Eindruck von Seehofers Haltung erklärt Uhl nun: "Wir kommen nicht drum herum, diesen Versuch noch einmal zu machen." - "Ich habe keine Lust, mich da jagen zu lassen", sagte er. "Uns wird vorgehalten, uns sei es mit dem Kampf gegen Rechtsradikale nicht ernst, weil wir bisher gegen einen neuen Verbotsanlauf sind." Allerdings, so gibt Uhl zu bedenken, "wenn noch mal was schiefläuft beim Verbotsverfahren, dann ist das Wasser auf die Mühlen der NPD".

In Baden-Württemberg verweist man darauf, dass die Ministerpräsidenten der Länder erst kurz vor Weihnachten ein neues Verbotsverfahren wegen der unübersehbaren Risiken abgelehnt hätten. Aber wenn sich Seehofer traue, so hieß es im Innenministerium, dann "viel Glück".

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