Süddeutsche Zeitung

Homburg:Papiermühle als Welterbe

Alter Betrieb in Unterfranken soll geschützt werden

In Bayern steht eine der letzten historischen Papiermühlen Deutschlands, in der noch immer regelmäßig Papier nach alter Handwerkskunst geschöpft wird. Die Mühle in Unterfranken soll nun Teil eines Weltkulturerbes werden. "Im Moment wird untersucht, wie alt das Haus ist und parallel dazu arbeiten wir die Alleinstellungsmerkmale unserer Papiermühle heraus", sagte der Inhaber der Manufaktur, Johannes Follmer. Wenn alles gelingt, soll die Mühle im Triefensteiner Ortsteil Homburg (Landkreis Main-Spessart) gemeinsam mit weiteren noch existierenden historischen Papiermühlen in Europa zum Weltkulturerbe ernannt werden.

Die Planungen dafür hat Polen übernommen, über deren Vorschlagsliste würden sich die europäischen, alten Papiermühlen für den Titel bewerben. Follmer geht davon aus, dass sich die heutzutage sehr umfangreiche Bewerbung viele Jahre hinziehen wird. "Es dauert bestimmt zehn Jahre, bis das durch ist."

Die Geschichte des Papiers nahm ihren Anfang nur unweit von der Homburger Papiermühle: Vor fast 630 Jahren ging in Nürnberg die erste Papierfabrik Deutschlands in Betrieb. Heute ist die deutsche Papierindustrie mit ihren etwa 160 Betrieben führend in der Europäischen Union und weltweit Nummer vier nach den USA, China und Japan, sagte Gregor Andreas Geiger vom Verband Deutscher Papierfabriken. Ein-Mann-Betriebe wie die Papiermühle von Johannes Follmer, der darin auch ein Museum in Trägerschaft des Landkreises betreibt, sind eher selten. "Die stellen wunderschöne Papiere her, das gehört fast zum Bereich des Kunsthandwerks", sagte Geiger. In der Homburger Mühle hat Follmers Familie bis 1975 Feinpappen hergestellt. Jahrzehnte später konnte die Mühle vor dem Verfall gerettet und zu einem Museum umfunktioniert werden. Rund 6000 Menschen besuchen es im Jahr. Papiermacher Follmer schöpft in der Manufaktur noch heute Büttenpapier. Zuletzt im Auftrag des Künstlers Georg Baselitz.

Sollte das mit dem Titel klappen, geht der Landkreis Main-Spessart vom zehnfachen Besuchervolumen aus. "Das ist für uns und für die Region schon eine Riesenherausforderung", sagte Sebastian Gehret, Leiter des Amtes Schulen, Sport und Kultur. Er schätzt die Chancen der transnationalen Bewerbung als sehr gut ein. "Sonst würden wir den ganzen Aufstand nicht betreiben." Follmer hofft, dass im Zuge der Bewerbung das Museumskonzept überarbeitet werden kann und vielleicht sogar Platz für eine gläserne Manufaktur ist. "Damit auch künftige Generationen schauen können, wie das Herstellen von Papier geht. Das kann man nicht in Filmen zeigen. Das muss man spüren können."

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SZ vom 03.01.2019 / dpa
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