Hof:Männer brechen in Kirche ein - und läuten versehentlich den Pfarrer herbei

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Etwas Brauchbares finden die beiden nicht. Dann drücken sie auch noch den falschen Knopf.

Von Olaf Przybilla, Hof

Pfarrer Holger Fiedler hatte eigentlich fasten wollen an jenem Sonntag, als mitten in der Nacht die Kirchenglocken zu läuten begannen. Der Palmsonntag ist der letzte Sonntag vor Ostern, das Fastengebot erstreckt sich da auch auf den Fernsehkonsum, das hat Fiedler mal so für sich selbst festgelegt. Aber gut, es muss auch Ausnahmen geben. Und eine lange aufgesparte DVD über Johannes Paul II. war so eine Ausnahme wert, fand er. Deshalb war der Pfarrer überhaupt noch wach, als eine Stunde vor Mitternacht das Geläut von St. Marien anschlug. Vielmehr: zehn Minuten lang bimmelte.

St. Marien ist die zentrale Innenstadtkirche von Hof, Fiedler ist dort seit einigen Jahren Pfarrer. Er würde wissen, wenn da kurz nach elf regelmäßig die Glocken läuteten. Vor allem die Nachbarn würden es wissen, sagt Fiedler, und vermutlich nicht das hohe Lied auf die katholische Kirche anstimmen. An was er also gedacht hat? An allerlei, sagt der Pfarrer, und zuvorderst mal an einen technischen Defekt. Also machte er sich auf den Weg zur Kirche, sein Mobiltelefon nahm er vorsorglich mit und wählte auf dem Weg schon mal die 110 vor. Man weiß ja nie.

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Spätestens seit dieser Woche, zwei Jahre nach dem Abend mit der Papst-DVD, weiß Pfarrer Fiedler ziemlich genau, was sich da abgespielt hat in St. Marien, während er nebenan sein Fernsehfasten unterbrach. Am Mittwoch ist ein 25-Jähriger zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt worden, der Einbruch in St. Marien war nur eines der Delikte, die er sich vor Gericht vorwerfen lassen musste. Aber sicherlich das kurioseste: Warum steigt einer mit seinem Kumpel nachts in ein Gotteshaus ein und setzt dort das Geläut in Gang?

Einer stieg auf die Kanzel und sang ein Lied

So richtig kann sich der Angeklagte das auch nicht erklären. Die vielen Drogen an dem Abend und der Alkohol. Aber es muss wohl so gewesen sein: Nachdem die beiden eine Holzplatte so lange bearbeitet hatten, bis sie eintreten konnten in St. Marien, beziehungsweise einkriechen zunächst, wandten sie sich den Schränken der Kirche zu. Könnte ja was Wertvolles drin sein. So kann man das wohl erklären, sagt die Anwältin Claudia Graichen-Freundel.

Und wie es der Zufall, oder wer auch immer, wollte: An den Schalter, der die Glocken in Gang setzt, müssen die beiden dabei auch gekommen sein. Nur gemerkt haben sie es nicht. Oder sie dachten sich, dass so ein nächtliches Bimmeln ganz normal sei. Der Kumpel des Hauptangeklagten ist sogar noch auf die Kanzel gestiegen und hat ein Lied angestimmt. Kein frommes, aber immerhin.

Jedenfalls wurde Pfarrer Fiedler vom Richter gefragt, ob er beim Eintritt in die Kirche ein Singen gehört habe. "Hab' ich nicht", sagt er, das war da wohl schon beendet. Dafür rannte ein Mann auf ihn zu, schubste ihn zur Seite und war weg. Den anderen sah er gar nicht. Die beiden räumten an dem Abend noch eine Apotheke leer, da waren sie erfolgreicher: Bargeld, Arzneimittel, ein Mehrfruchtsaft, diverse Chemikalien. Und kein Gebimmel.

Eigentlich will Fiedler über das alles gar nicht mehr reden. Seine Kirche, sagt er, stehe immer mit so Räuberpistolen in der Zeitung, es ist lästig. Ein Kirchenpfleger soll vor einigen Jahren die Kirchenstiftung um einen siebenstelligen Betrag betrogen haben, der Mann ist auf der Flucht. Andererseits: Glocken, die Gauner daran hindern, ein Gotteshaus zu plündern? Könnte das nicht als eine Art oberfränkischer Gottesbeweis dienen? "Hm", sagt der Pfarrer, "wenn Sie das so sehen wollen: sehr gerne."

© SZ vom 06.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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