Süddeutsche Zeitung

Prozess um Tierquälerei:Hunde unter grausamen Umständen in Wohnung gehalten

  • Ein Paar aus Hof soll acht Yorkshireterrier in seiner Wohnung gehalten haben, ohne mit ihnen spazieren gegangen zu sein.
  • Es muss sich nun wegen Tierquälerei und Sachbeschädigung vor Gericht verantworten. Nach dem Tierschutzgesetz können Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren verhängt werden.

Von Olaf Przybilla, Hof

Die Hunderasse der Yorkshireterrier stammt ursprünglich aus Nordengland, in den dortigen Industriestädten sollten sie im 19. Jahrhundert mithelfen, die Zenten von Mäusen und Ratten freizuhalten. Gezüchtet wurden sie schließlich in der Grafschaft Yorkshire, wo sich bald der Adel an den Hunden erfreute und diverse Terrier-Arten miteinander kreuzte, bis die Tiere immer kleiner gezüchtet und nicht mehr auf Ratten angesetzt wurden, sondern als sogenannte Begleithunde eine ganz andere Karriere machten.

Äußerlich gilt der Hund seither als anmutig, wird von Hundehaltern aber durchaus als klassischer Terrier geschildert: selbstbewusst, zuweilen auch aufbrausend und mit gutem Geruchssinn ausgestattet. Wenn es stimmt, was die Staatsanwaltschaft einem Paar aus Hof vorwirft, müssen acht Tiere dieser Rasse zuletzt sehr gelitten haben. So soll das Paar seine Hunde fast nie nach draußen geführt haben, damit diese dort ihre Notdurft verrichten können. In der Wohnung des Paares soll es bestialisch gestunken haben.

Wegen Tierquälerei und Sachbeschädigung muss sich das Paar - ein 50-jähriger Mann und seine drei Jahre jüngere Ehefrau - derzeit vor dem Amtsgericht in Hof verantworten. Die beiden lebten zunächst im Westen von Hof und zogen später in eine andere Wohnung im Süden der Stadt um. Als das Paar im September 2018 vom Ordnungsamt kontrolliert wurde, zählte die Behörde insgesamt acht Yorkshireterrier, sechs erwachsene Tiere und zwei Welpen. Zudem mussten die Kontrolleure laut Anklage feststellen, dass die Halter "es unterließen, die Hunde im Freien spazieren zu führen" und ihnen somit nicht die "Möglichkeit zum artgerechten Urin- und Kotabsatz" ermöglichten. Dementsprechend hätten die acht Tiere ihre Notdurft in der Wohnung der Angeklagten verrichtet.

Dies hat laut Staatsanwaltschaft dazu geführt, dass die Böden in der Wohnung im Stadtwesten, und dort vor allem die Holzdielen, mit Urin und Kot völlig verdreckt waren. Auch der Putz an den Wänden war hüfthoch in Mitleidenschaft gezogen. Die Wohnungstüre wiederum quoll laut Anklage "aufgrund der Feuchtigkeit des Urins an". Die Angeklagten hätten sich nicht angeschickt, diese Verunreinigungen irgendwie zu beseitigen, woraufhin bei ihrem Auszug sämtliche Böden, Türstöcke sowie der nasse Putz der Wände erneuert werden mussten - weshalb sie sich nun auch wegen Sachbeschädigung verantworten müssen. Knapp 2000 Euro kostete den Vermieter allein das Auswechseln der beschädigten Wohnungsgegenstände.

Die erheblichere Strafe dürfte dem Paar allerdings durch die angeklagte Tierquälerei drohen. Nach dem Tierschutzgesetz können Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren verhängt werden, wer Wirbeltieren länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt. Die Staatsanwaltschaft sieht dies im vorliegenden Fall offenbar als gegeben an. Weil das Paar die Tiere nicht - oder zumindest nicht ausreichend - natürlichen Umwelteinflüssen ausgesetzt habe, die Terrier stattdessen "in ihren Fäkalien leben mussten", hätten sie erheblich gelitten. Als der Zustand der Tiere im September 2018 untersucht wurde, stellten die Kontrolleure nicht nur fest, dass bei mehreren Tieren das Schwanzfell und die Hinterläufe verklebt und verfilzt waren. Bei sämtlichen Hunden waren auch die Pfoten mit Urin verklebt. Nachdem das Ordnungsamt das Paar wenige Wochen später erneut kontrollierte, wurde beiden das Halten von Hunden untersagt. Inzwischen wurden die Terrier dem Tierschutzverein Hof übergeben.

Am ersten Prozesstag vor zwei Wochen haben sich die Angeklagten einem Bericht der in Hof erscheinenden Frankenpost zufolge nicht zu den Vorwürfen geäußert. Nach dem Auszug aus der ersten Wohnung im Stadtwesten soll das Paar nach Angaben von Zeugen eine nächste Wohnung mit "saugfähigen Unterlagen ausgelegt" haben. Trotzdem hätten bei jedem Schritt die Schuhe am Fußboden geklebt. Ein Urteil in dem Prozess soll voraussichtlich noch in dieser Woche ergehen.

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SZ vom 29.01.2020/kafe
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