Hof:Niedergang einer Dynastie

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Hofer Bankier Schmidt publiziert Familiengeschichte

Von Olaf Przybilla, Hof

Für alle Filmproduzenten, die auf der Suche nach Stoff sind: Der Hofer Bankier Schmidt hat die Geschichte der Schmidt-Bank aufgeschrieben! Gut, das könnte nun - im Jargon der Branche - erst mal nicht so supersexy klingen. Schmidt? Ein Bankier? Aus Hof? Eine Firmenselbstdarstellung?

Aber so kann man sich täuschen. Karl Gerhard Schmidts Geschichte taugt als kapitalismuskritisches Sozialdrama. Auch als Familiensaga mit dramatischem Ende. Oder schlicht als Porträt eines Mannes, dem das Schicksal lange sehr wohlgesonnen war, bis das Fatum mit einer Wucht zuschlug, privat und geschäftlich, die man in einem Stück Fiktion als überspannt ablehnen würde. Eigentlich wäre der natürliche Titel des Films "About Schmidt", aber das ist ein fiktionales Buch von Louis Begley. Während "Das letzte Kapitel. Die Bankiersfamilie Schmidt und ihr Unternehmen" (Edition Gontard 2018, 280 Seiten) ein reales Geschichtsdrama von Karl Gerhard Schmidt ist. Der 82-Jährige hat es herausgegeben und zum Teil selbst geschrieben.

Um was geht es? Um die Schmidts aus Wunsiedel und Hof, die seit 1828 eine Privatbank aufgebaut haben. Diese war - um das Drama vorweg zu nehmen - so beliebt bei den Leuten, dass ihr Niedergang 2001 zweitausend Menschen auf die Straße trieb, um dagegen zu demonstrieren, dass dieser Bankiersfamilie keiner hilft. Wohlgemerkt: Da demonstrierten nicht Bankangestellte, sondern die Kunden einer Bank.

Warum? Auf Seite 175 findet sich der Vorwurf, den die Großbanken der oberfränkischen Bankiersfamilie gemacht haben: Einer "mäzenatischen Kreditpolitik" sollen sie sich schuldig gemacht haben. Anders formuliert: Rund um die Zonengrenze sollen sie auch solchen Betrieben Kredite gewährt haben, die wankten - und mitunter fielen. Das Wort von der "Systemrelevanz", mit dem marode Großbanken später mit gigantischen Summen gestützt wurden, war zu jener Zeit eben noch nicht so en vogue. Der Zusammenbruch der Schmidt-Bank kostete Hunderten Kleinbetrieben die Existenz. Verfilmen!

© SZ vom 23.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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