Strafprozess:Die Schreckensnacht von Höfen

  • Drei Männer und eine Frau sollen aus Geldgier eine Witwe in Höfen im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen überfallen haben.
  • Sie gingen derart brutal vor, dass zwei Rentner starben. Die 76-Jährige wurde durch Zufall drei Tage schwer verletzt nach der Tat gefunden.
  • Nun stehen die vier Beschuldigten vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft legt den Männern unter anderem Mord aus Heimtücke und Habgier zur Last, der Frau versuchten Mord sowie besonders schweren Raub.

Aus dem Gericht von Andreas Salch

Es ist eine ruhige Gegend, in der Höfen liegt, ein kleiner Ortsteil in der Gemeinde Königsdorf im Landkreis Bad-Tölz-Wolfratshausen. Saftig grüne Wiesen, auf denen das Vieh weidet. Die Zugspitze und das Karwendelgebirge erscheinen an schönen Tagen zum Greifen nah. Bilderbuchbayern. Doch Anfang vergangenen Jahres wurde die Idylle durch einen Raubmord erschüttert, der weit über die Region hinaus für Entsetzten sorgte. Drei Männer waren Ende Februar nachts in das Einfamilienhaus einer Witwe eingedrungen.

Nur durch Zufall wurde die 76-Jährige drei Tage später gefunden. Ihre beiden Bekannten, die sie zu Gast hatte, der 81-jährige Johannes S. und die ebenfalls 76-jährige Inge B., lebten aber nicht mehr. Sie waren auf unvorstellbar brutale Art und Weise getötet worden. Der Leiter der Sonderkommission Höfen, die die Polizei zur Aufklärung der Morde eingesetzt hatte, sprach danach in einer ersten Reaktion von einem "Gewaltexzess".

Am Mittwoch hat im Hochsicherheits-Gerichtssaal der Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim der Prozess gegen die mutmaßlichen Täter begonnen. Angeklagt sind vor der Schwurgerichtskammer am Landgericht München II Robert P., 44, Michal N., 25 und Jakub G., 34. Die Staatsanwaltschaft legt ihnen unter anderem Mord aus Heimtücke und Habgier zur Last. Mit auf der Anklagebank sitzt zudem Malgorzata L., die Mutter von Michal N. Ihr wirft die Staatsanwaltschaft versuchten Mord sowie besonders schweren Raub vor. Die 50-Jährige soll bei der Tat eine Schlüsselrolle gespielt haben.

Im Spätsommer 2016 hatte Malgorzata L. als Pflegekraft in dem Anwesen in Höfen gearbeitet und den inzwischen verstorbenen Mann der Hauseigentümerin versorgt. In dieser Zeit soll sie bemerkt haben, dass das Ehepaar unter anderem in einem als Tresor genutzten Waffenschrank, der sich wiederum in einem Kleiderschrank im Keller befand, Schmuck sowie Bargeld aufbewahrte.

Im Januar 2017, so die Ermittlungen, habe Malgorzata L. deshalb ihren Bruder Robert P. und ihrem Sohn Michal, einem Kfz-Mechatroniker, vorgeschlagen, in das Haus der Witwe in Höfen einzubrechen und sie auszurauben. Robert P. und Michal N. sollen sofort zugestimmt haben. Robert P. soll zudem Kontakt zu seinem Freund Jakub G. aufgenommen haben, der in Strullendorf (Landkreis Bamberg) als Koch arbeitete. Der 34-Jährige, der zum Auftakt des Prozesses angab, Drogenprobleme zu haben, soll ebenfalls zugesagt haben. Am 22. Februar fuhren die drei Männer laut Staatsanwaltschaft von Strullendorf mit dem Auto nach Höfen. Als Tatwerkzeug hatten sie lediglich einen Schraubenzieher und ein Abschleppseil dabei, um damit die Witwe zu fesseln.

Doch womit sie angeblich nicht gerechnet haben: Die 76-Jährige war nicht allein in ihrem Haus. Sie hatte Besuch von zwei Bekannten, der 76-jährigen Inge B. und dem 81-jährigen Johannes S. Doch von ihrem zuvor gefassten Plan soll das die Angeklagten nicht abgebracht haben. Nachdem sich die Senioren schlafen gelegt hatten, soll Robert P. mit dem mitgebrachten Schraubenzieher ein Fenster aufgehebelt haben. Kurz vor dem Einbruch, so Jakub G. bei seiner Aussage, "haben wir alle Speed genommen".

Sie feuerten sich bei ihren Gewalttaten noch an

Die Witwe und ihre Gäste wurden im Schlaf überrascht. Als Staatsanwältin Ines Wießner die Anklage verliest, in der detailliert beschrieben wird, mit welcher Brutalität die Täter vorgingen, schütteln einige Zuhörer im Saal ungläubig den Kopf. Eine Frau hält sich ihre rechte Hand vors Gesicht.

Vom Keller aus sollen Robert P. und seine mutmaßlichen Komplizen ins Obergeschoss gegangen sein, um nach Wertgegenständen zu suchen und vor allem nach dem Schlüssel für den Safe im Keller. Robert P. und Michal N. sollen zunächst in das Gästezimmer eingedrungen sein, in dem Inge B. schlief. Der 25-jährige Kfz-Mechatroniker soll sich auf die Seniorin gesetzt und gemeinsam mit Robert P. auf sie eingeschlagen haben. Einer der beiden soll die 76-Jährige überdies mit einem Schraubenzieher am Hinterkopf traktiert haben, bis sie aufhörte zu schreien.

Danach soll Robert P. die versperrte Tür zum Doppelschlafzimmer, in dem die Witwe und Johannes S. schliefen, aufgebrochen und mit einem ein Kilogramm schweren Uhrengewicht auf den Kopf des 81-Jährigen geschlagen haben. Jakub G. soll der Witwe mehrmals mit den Fäusten auf den Kopf geschlagen haben. Da Robert P. sich darüber amüsiert habe, dass Jakub G. nicht fest genug zuschlug, soll er zu ihm gesagt haben, er schlage wie eine "Pussy". Robert P. soll der Witwe hierauf unter anderem mehrere "Stampftritte von oben nach unten auf den Kopf" versetzt haben, so die Anklage. Michal N. soll ihr ebenfalls gegen den Kopf und in die Rippen getreten haben.

Anschließend sollen die drei Männer Johannes S. und die 76-Jährige, die sich nach den heftigen Attacken beide nicht mehr rührten, an den Füßen gepackt und über zwei Steintreppen in den Keller gezerrt haben, sodass deren Köpfe "kontinuierlich gegen die Treppenstufen" schlugen, heißt es in der Anklage.

Den Schlüssel zum Tresor hatten die Täter aber immer noch nicht. In dieser Situation soll Robert P., gegen den noch eine Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung in einem anderen Fall vorliegt, erneut Johannes S., der noch ansprechbar war, malträtiert haben, um von ihm den Aufbewahrungsort des Safe-Schlüssels zu erfahren. Die Gewalt, die er angewandt haben soll, lässt die Zuschauer im Gerichtssaal erschaudern. Nach der erneuten Attacke hatte der 81-Jährige endgültig das Bewusstsein verloren. Er und die Witwe wurden von den Tätern im Heizungskeller liegengelassen. Die Tür versperrten sie.

Da sie den Tresor-Schlüssel nicht fanden, sollen die Angeklagten den Safe mitgenommen haben. Sie erbeuteten einen 500-Gramm- und einen 50-Gramm-Goldbarren und mindestens 60 000 Euro Bargeld. Die Witwe wurde drei Tage nach der Tat gefunden. Nachbarn hatten die Polizei alarmiert, da sie den Eindruck hatten, dass auf dem Anwesen etwas nicht stimme.

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