Flutpolder an der Donau:Aiwanger muss bei Hochwasserschutz zurückrudern

Bayerisches Kabinett berät über Datensicherheit

Hubert Aiwanger, Wirtschaftsminister und Landesvorsitzender der Freien Wähler in Bayern, hätte das Thema Flutpolder gerne abgeräumt - hat sich damit aber eher Ärger eingehandelt.

(Foto: dpa)
  • Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hatte darauf gedrängt, das Aus für drei Flutpolder entlang der Donau im Koalitionsvertrag zu vereinbaren.
  • Das hat das Kabinett vorerst zurückgenommen - vor dem Beschluss sollen "vertiefte Untersuchungen" angestellt werden.
  • Darauf hatten Hochwasser-Experten gehofft. Sie wollen nun in der Bevölkerung um Akzeptanz für die umstrittenden Polder werben.

Von Christian Sebald

Es ist kurz nach 13.30 Uhr an diesem Montag, als der Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) in dem erbitterten Streit um den Flutpolder an der Donau zurückrudert. "Die Debatte bewegt sich jetzt in die richtige Richtung", lässt Aiwanger knapp seinen Sprecher mitteilen. "Deutlich größere Gewichtung auf dezentralen Hochwasserschutz mit mehr Geld und mehr Personal, Beschleunigung des Schutzes gegen hundertjährliche Hochwasser für den Bereich Straubing bis Vilshofen, Aufwertung des Staustufenmanagements und vertiefte Untersuchung der Grundwasserauswirkungen der Polder, um die Anwohner nicht zu schädigen."

Kurz zuvor hat das Kabinett das umstrittene Aus für drei gigantische Flutpolder in Bertoldsheim, Eltheim und Wörthhof zumindest vorerst zurückgenommen. Die Staatsregierung hatte es erst auf Aiwangers massives Drängen hin in ihrem schwarz-orangen Koalitionsvertrag vereinbart. Aiwanger geht auf den neuen Schwenk nicht ein. Er überlässt es seinem Parteifreund, dem Umweltminister Thorsten Glauber, das Moratorium zu erläutern. Also kündigt Glauber an, dass vor dem definitiven Beschluss über die Polder weitere "vertiefte Untersuchungen" angestellt werden. Sie werden eineinhalb Jahre dauern. Erst wenn ihre Ergebnisse vorliegen, wird das Kabinett definitiv entscheiden, ob die Polder gebaut werden oder nicht.

Die Hochwasser-Experten im Freistaat haben auf exakt diesen Beschluss gehofft. Denn er eröffnet ihnen ein Zeitfenster, in dem sie noch einmal ihr Konzept erläutern und um die Akzeptanz der Bevölkerung werben können. Denn die umstrittenen Polder sollen ja nicht - wie von den Kritikern oft unterstellt - den Bau neuer Dämme und Deiche überflüssig machen. Im Gegenteil: Der Ministerrat bekräftigt in seinem Beschluss vom Montag, dass der Freistaat den klassischen Schutz gegen ein Hochwasser, wie es statistisch gesehen alle hundert Jahre vorkommt, möglichst rasch sicherstellen will. "Das muss forciert werden", sagt Umweltminister Glauber. "Wir werden die Verfahren beschleunigen." Er sagt aber auch, dass gerade bei Deggendorf, wo die Hochwasserkatastrophe 2013 einen Milliardenschaden und immenses Leid hinterlassen hat, "inzwischen sehr viel am Laufen ist".

Zugleich macht Glauber klar, dass die Polder zusätzlichen Schutz liefern sollen gegen Katastrophen, wie sie bislang statistisch gesehen alle 200, 300 oder sogar nur alle 500 Jahre vorkamen. Wegen des Klimawandels rechnen alle Experten damit, dass es künftig öfter zu extremen Fluten kommt als in der Vergangenheit. Gegen sie sollen die Polder helfen. Die Wassermassen sollen nur in die Becken ausgeleitet werden, wenn die Dämme und Deiche entlang der Donau zu versagen drohen. "Laut Gutachten können die Polder das Volumen von so einer Scheitelwelle um zehn Prozent verringern", sagt Glauber. "Bei einer vier Meter hohen Welle sind das 40 Zentimeter. Das ist sehr viel, wenn's auf jeden Zentimeter ankommt."

Die Kommunalpolitiker in Niederbayern reagieren denn auch mit großer Erleichterung auf das Moratorium. "Natürlich müssen die Dämme und Deiche ausgebaut werden", sagt der Deggendorfer Landrat Christian Bernreiter (CSU). "Aber das reicht eben nicht aus. Wir brauchen Schutz vor so gigantischen Fluten wie 2013. Und dazu sind die Polder nötig." Bernreiter, der zugleich Präsident des Landkreistags ist, ist einer der entschiedensten Polder-Befürworter. Der Passauer Landrat Franz Meyer (CSU) sekundiert: "Bei allen bisherigen Planungen wurden die Polder bei Regensburg miteinbezogen. Ich bin mir mit meinen Landrats- und Oberbürgermeisterkollegen einig, dass der Freistaat an den bisherigen Konzepten festhalten muss."

Der Straubinger Landrat Josef Laumer (CSU) spricht von einem "sehr positiven Zeichen". Beim Hochwasserschutz müsse es "ausschließlich um eine nüchterne und neutrale Beurteilung" gehen. Wenn die Gutachten "von der Sinnhaftigkeit der Polder ausgehen, wünschen wir uns ihre Umsetzung". Der Passauer OB Jürgen Dupper (SPD) fordert einen niederbayerischen Hochwassergipfel. "Die Erinnerung an die Katastrophe 2013 darf auf keinen Fall verblassen", sagt er.

Nur die Regensburger Landrätin Tanja Schweiger (Freie Wähler), die mit den Donau-Anliegern in ihrer Region zu den schärfsten Polder-Kritikern zählt, gewinnt dem Moratorium wenig ab. "Für die Bauwerke muss ein unverhältnismäßig hoher Aufwand getrieben werden", sagt sie. "Dabei ist es fraglich, ob sie den Schutz bringen, den sich die Experten von ihnen versprechen."

Die neuen Gutachten über die Flutpolder finden Sie hier.

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