Streit um Hochwasser-Hilfe:Umweltministerium hat noch kein vollständiges Bild der Hochwasser-Schäden

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Anfang Juni war die oberbayerische Gemeinde Reichertshofen großflächig überflutet. Das Wasser ist weg, heute wird über Geld gestritten. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Bayern und der Bund streiten weiter um die Flut-Hilfen. Nun werfen die Grünen der Staatsregierung „unbelegte Forderungen“ vor.

Der Streit über mögliche Hilfszahlungen des Bundes für die Hochwasserkatastrophe in Bayern im Juni geht weiter. Nun werfen die Landtags-Grünen der Staatsregierung vor, gegen die Ampel zu wettern, ohne selbst komplette Zahlen zu kennen. Sie berufen sich dabei auf eine Antwort aus dem Umweltministerium – die Grünen hatten insbesondere danach gefragt, welche Kommunen von dem Hochwasser betroffen gewesen seien. Das Ministerium antwortete, ein vollständiges Bild existiere aktuell noch nicht. Das Landesamt für Umwelt sei beauftragt worden, bis Anfang 2025 einen detaillierten Bericht vorzulegen. Schadensschwerpunkte seien Schwaben und das westliche Oberbayern gewesen.

Die Staatsregierung solle deshalb „in Richtung Bundesregierung mit Forderungen ganz leise sein oder endlich substanziell den Nachweis führen, dass eine Katastrophe nationalen Ausmaßes vorliegt und Bayern bei deren Bewältigung überfordert ist“, sagte der Grünen-Abgeordnete Patrick Friedl. „Selber kaum Daten haben, aber gegen die Ampel wettern und großspurig unbelegte Forderungen stellen, um vom eigenen Unvermögen abzulenken.“

Tatsächlich hatte eine Regierungssprecherin in Berlin zuletzt mitgeteilt, der Bund dürfe nur Hilfe leisten, wenn eine Katastrophe nationalen Ausmaßes festgestellt werde, die die betroffenen Länder überfordere. Entsprechende Nachweise sei die bayerische Staatsregierung schuldig geblieben. Bislang wurde eine solche Katastrophe vom Bund nicht festgestellt.

Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums bekräftigte auf Nachfrage: „Der Bund kann sich nach geltender Staatspraxis nur dann und ausnahmsweise an den Kosten der Länder beteiligen, wenn eine Katastrophe nationalen Ausmaßes vorliegt und die betroffenen Länder bei deren Bewältigung überfordert wären.“ Und weiter: „Um eine Katastrophe nationalen Ausmaßes festzustellen, müssen die Gesamtumstände bewertet werden. Dazu gehören u.a. auch die unmittelbaren Auswirkungen einer Katastrophe auf die Länderhaushalte.“

Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) hatte dagegen zuletzt vorgerechnet, dass die Hochwasserkatastrophe in Süddeutschland im Juni Schäden von mehr als 4,1 Milliarden Euro verursacht habe. Fast 1,8 Milliarden Euro der nicht versicherten Schäden entfielen auf Bayern. Füracker sagte, erste vorläufige Schadenszahlen seien dem Bund „längst im Detail bekannt“. Die Staatsregierung beschwert sich deshalb seit geraumer Zeit, dass Hilfe aus Berlin ausbleibe. Vom 30. Mai bis zum 11. Juni hatte es in Bayern und in Baden-Württemberg vielerorts Hochwasser infolge von Starkregen gegeben.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte – wie viele andere Landes- und Bundespolitiker – während der Katastrophe besonders betroffene Orte besucht. In Bayern wies er dabei auf die „geübte Praxis der Solidarität“ in Deutschland hin und erklärte, sie werde auch dieses Mal nach der Akuthilfe und den Aufräumarbeiten zum Ausdruck kommen. Darauf beruft sich die Staatsregierung – und wirft dem Kanzler in regelmäßigen Abständen Wortbruch vor.

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