Hochschule:"Schlof sche weida, du liabs Vejda"

Viechtach will nun doch keinen Technologie-Campus. Auch wegen Befindlichkeiten

Von Andreas Glas, Viechtach

"Ist Viechtach schon tot?", so heißt eine Facebook-Gruppe, die fast 2000 Mitglieder hat. Nun ja, lebendiger geworden ist Viechtach jedenfalls nicht, seit die Mehrheit des Stadtrates am Montagabend dagegen stimmte, ein Gebäude für einen Technologie-Campus in der 8000-Einwohner-Stadt im Kreis Regen zur Verfügung zu stellen. Die neue Außenstelle der Technischen Hochschule Deggendorf (THD) ist damit gestorben. Der Campus, sagt Bürgermeister Franz Wittmann (CSU), "wäre wichtig gewesen.

Aber man wollte ihn einfach nicht haben." Von außen betrachtet kam das Campus-Nein überraschend. Noch 2008 hatten die Räte geschlossen für eine Bewerbung der Stadt als Hochschulstandort gestimmt. Die Bewerbung scheiterte zunächst, doch im Frühjahr 2017 verkündete Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU): "Wir werden das machen!" Sieben Millionen Euro stellte der Freistaat in Aussicht. Von einem "historischen Moment für Viechtach" sprach Bürgermeister Wittmann und die Passauer Neue Presse titelte mitten im Frühling: "Weihnachten im Bayerischen Wald".

Nun, vier Wochen vor Heiligabend, fragt man sich als Außenstehender: Wie konnte die Campus-Euphorie so kippen?

Um zu verstehen, muss man die Dinge von innen betrachten. Viechtach ist hoch verschuldet, hätte für den Campus aber mehrere Millionen selbst zuschießen müssen. Dieses Geld brauche die Stadt, um das Schwimmbad und eine Schulturnhalle zu sanieren, fanden einige Stadträte. "Solche emotionalen Sachen hat man dann gebracht", sagt Wittmann. Dabei sei etwa eine Schließung des Freibads "nie zur Diskussion gestanden". Am Ende setzten sich die Campus-Kritiker trotzdem durch.

Dazu zählte die Stadtratsfraktion um Georg Bruckner (SPD), der von 1996 bis 2014 Bürgermeister war - bis er die Wahl gegen Wittmann verlor. Seither versuche Bruckner, "mir immer wieder eins reinzuwürgen", sagte Wittmann vor zwei Jahren. Auch jetzt redet er von "gekränkten Eitelkeiten", die zum Campus-Aus geführt haben könnten. Bruckner war am Mittwoch nicht für eine Nachfrage erreichbar.

Die künftige Regener Landrätin Rita Röhrl (SPD) sagt derweil: "Ich bin unglücklich, der Campus wäre ein Gewinn gewesen" für Viechtach. Derzeit ist Röhrl noch Bürgermeisterin in Teisnach, wo es seit 2009 bereits einen Technologie-Campus der THD gibt. Nicht vergleichbar mit Viechtach, sagen manche, weil es in Teisnach zusätzlich einen Gründercampus gebe und die Gemeinde finanziell besser da steht. Röhrl hält dagegen: Man dürfe eine Hochschul-Außenstelle nicht als kurzfristigen Kostenfaktor sehen, sondern als Zukunftschance. Sieben Firmen hätten sich wegen des Campus in Teisnach angesiedelt, 300 Arbeitsplätze seien entstanden.

In Viechtach aber seien am Ende nur noch die Risiken und "nicht die Chancen im Fokus" gewesen", sagt Bürgermeister Wittmann. Er müsse sich "da selber an der Nase packen". Rita Röhrl kündigt derweil an, als Landrätin dafür zu kämpfen, dass der Campus mit rund 25 Beschäftigten in den Bereichen Industrie 4.0 und Messtechnik trotzdem im Kreis Regen angesiedelt wird. Es gebe mehrere Interessenten, sagt Röhrl. Auch Teisnach kommt in Frage, weil die Infrastruktur bereits vorhanden ist.

In Viechtach dagegen bleibt alles wie gehabt. Oder frei zitiert nach einem Mitglied der Facebook-Gruppe: "Schlof sche weida, du liabs Vejda."

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