Süddeutsche Zeitung

Hochschule:Krieg und Frieden

Uni Augsburg lehnt Zivilklausel ab - Rüstungsforschung bleibt damit weiter möglich

Von Anne Kostrzewa, Augsburg

Die Augsburger Studierenden sind enttäuscht: Mehr als drei Jahre schon fordern sie eine Zivilklausel in der Grundordnung ihrer Hochschule. Sie wollen, dass die Forschung an ihrer Uni ausschließlich zivilen, also friedlichen Zwecken dient. Diese Forderung bekam am Mittwoch einen Dämpfer. Die Erweiterte Universitätsleitung lehnte einen entsprechenden Antrag mit deutlicher Mehrheit ab. Es wäre die erste Zivilklausel an einer bayerischen Hochschule gewesen. In anderen Bundesländern gibt es bereits Zivilklauseln.

Die Universitätsleitung begründet ihre Ablehnung mit der im Grundgesetz manifestierten Wissenschaftsfreiheit. Diese dürfe nicht eingeschränkt werden. Zudem sei fraglich, ob eine derartige Klausel in der Realität überhaupt Bestand haben könne: "Wir wollen keine Sicherheit vorgaukeln, wo keine ist", sagt Pressesprecher Michael Hallermayer. "Eine Zivilklausel bringt keinen Mehrwert, sondern eher Missverständnisse." Er verweist auf die "Dual Use"-Forschung: Rüstungsforschung hat keine klar umrissenen Grenzen - was beispielsweise als Werkstoff oder Triebwerkstechnik für ein Passagierflugzeug funktioniert, könnte auch in der militärischen Luftfahrt zum Einsatz kommen.

Dieses Argument wollen die studentischen Antragsteller nicht gelten lassen. Sie hatten sich von der Hochschulleitung ein klares Bekenntnis zur zivilen Forschung gewünscht. "Es geht darum sicherzustellen, dass militärische Interessen nicht bereits im Vorfeld Zielrichtung und Fragestellungen bestimmen", sagt Moritz Duchêne, Vorsitzender des Allgemeinen Studierendenausschusses, AstA. Die studentische Vollversammlung und das studentische Konvent hatten sich zuletzt mehrheitlich, jedoch nicht beschlussfähig, für eine Zivilklausel ausgesprochen. Eine Petition der Initiative friedliche Uni Augsburg (Ifua) hatte 600 Unterschriften gesammelt.

Die Universität will die Entscheidung über einzelne Projekte lieber ihren Wissenschaftlern überlassen. Rein militärische Forschungsprojekte gebe es derzeit nicht. Mit Drittmittel- oder Auftragsforschungen, "die primär militärischem Interesse dienen", müsse man sich " jeweils individuell unter dem Aspekt der daraus möglichen Konsequenzen gewissenhaft auseinandersetzen", sagte Vize-Präsident Werner Schneider. Die in dem Antrag ebenfalls geforderte Transparenz, gerade im Hinblick auf Zuwendungen aus der Wirtschaft, ließ die Uni nicht gelten. Aufträge aus der Wirtschaft müssten zugunsten des Wettbewerbs nicht-öffentlich bleiben.

Anders als für die Hochschulleitung, ist für die Studierenden die Diskussion noch nicht beendet. "Wir lassen nicht locker", sagt Karl Geller von der Ifua. Kommende Woche will die Initiative der Uni als erste Reaktion den Negativpreis "Goldener Panzer 2015" verleihen.

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Quelle:
SZ vom 18.12.2015
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