Süddeutsche Zeitung

Herzogenaurach:Wer gedenken will, muss tief in die Tasche greifen

  • Ein Mann soll für das Grabmal seines Vaters in Herzogenaurach eine Grabmalgebühr zahlen.
  • Warum die 312 Euro fällig sind, kann ihm niemand erklären.
  • Ein Rechtsexperte, der sich mit dem Friedhofsrecht beschäftigt, nennt die Gebühr unangemessen.

Von Katja Auer, Herzogenaurach

Die Grabgebühren von fast 1000 Euro, gut, damit hatten sie schon gerechnet. Ein Grab ist teuer in Deutschland, nicht anders ist es in Herzogenaurach. Aber dieser andere Posten, der lapidar unter "Sonstiges" aufgelistet war, der kam Michael Huber seltsam vor. 312 Euro standen da auf der Rechnung für die Grabstätte seines Vaters, eine Grabmalgebühr, die sich aus dem Preis für den Grabstein berechnet. Sechs Prozent davon sollte die Gebühr betragen. "Völlig willkürlich", nennt das Huber, der in Wirklichkeit anders heißt, aber keinen Ärger mehr haben will.

Für einen aufwendigen Grabstein fallen also hohe Grabmalgebühren an, wer sich nur ein schlichtes Holzkreuz leistet, kommt günstiger davon. "Das ist ja so, als ob man die Parkgebühr prozentual nach dem Kaufpreis des Autos erhebt", sagt er. Und zahlte erst einmal nicht.

Post vom Erzbistum Bamberg

Seine Nachfragen bei der Kirchenverwaltung in St. Magdalena seien unbeantwortet geblieben, stattdessen bekam er Post vom Rechtsdirektor des Erzbistums Bamberg. Der forderte Huber auf, den Betrag innerhalb von drei Wochen zu überweisen oder eine Ratenzahlung vorzuschlagen, falls er sich in einer Notlage befände. Sei das nicht der Fall, werde "das gerichtliche Mahnverfahren" in die Wege geleitet und das sei "mit weiteren unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden". Warum diese Gebühr auf diese Weise berechnet wird, kann der Rechtsdirektor auf Nachfrage nicht sagen, er sei nur für die Mahnungen zuständig.

Der Mann, der sich mit dem Friedhofswesen auskennt, meint zu wissen, dass auf den kirchlichen Friedhöfen im Erzbistum Bamberg überhaupt keine Grabmalgebühren erhoben werden. In Herzogenaurach schon, genau wie auf dem städtischen Friedhof dort.

Dennoch, Huber ärgerte sich über den Ton und darüber, dass der Steinmetz die Rechnung für seine Arbeit einfach an die Kirchenverwaltung weitergibt, so dass die Gebühr errechnet werden kann. Er sieht darin eine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte, was der Rechtsdirektor in einem weiteren Schreiben zurückwies. Er verwies auf die Friedhofssatzung, in der die Grabmalgebühr festgelegt und damit für jeden einsehbar sei. Huber hätte wissen können, was auf ihn zukommt. Bei den Kosten handele es sich um die Genehmigungsgebühr für die Grabanlage und deren Genehmigung reiche der Steinmetz zusammen mit der Rechnung ein. So sei es gängige Praxis. So ist es wohl.

"Trauernde sind in einer Ausnahmesituation"

Aber nur, weil sich keiner drüber aufregt, sagt der Wiesbadener Rechtsprofessor Gerd Merke, der sich seit 20 Jahren mit dem Friedhofsrecht beschäftigt. Er nennt die hohe Gebühr unangemessen, sie rühre daher, dass ein Grabmal gebührenrechtlich wie ein Bauwerk behandelt werde. Zu Unrecht, wie er findet. Oft schon habe er Beschwerden vernommen, aber er wisse von niemanden, der gegen die Gebühr vor Gericht gezogen sei.

"Trauernde sind in einer Ausnahmesituation", sagt er, deswegen werde am Ende doch bezahlt. Dabei kann das von Ort zu Ort unterschiedlich sein. In Passau zum Beispiel kostet die "Genehmigung für Errichtung und Änderung von Grabmälern" pauschal 50 Euro. Egal wie teuer der Stein war. Auch in Würzburg gibt es keine Gebühren, die sich anteilig aus irgendwelchen Rechnung ergeben.

Weil die Kosten für eine Beerdigung teilweise exorbitant hoch seien, entschieden sich immer mehr Leute für einen Friedwald oder eine anonyme Bestattung obwohl sie eigentlich lieber ein Grab hätten, sagt Gerd Merke. "Und das ist der eigentliche Skandal." Michael Huber hat seinem Vater den Gefallen getan, der in Herzogenaurach gerne "schön liegen" wollte. Aber er habe das Gefühl, dass mit den Trauernden Geschäfte gemacht würden, sagt er. Die Gebühr hat er inzwischen bezahlt. Vor Gericht wollte auch er nicht ziehen.

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SZ vom 23.06.2016/amm
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