Seine Majestät, der Kini, kann sich kaum je versenkt haben in dieser Wanne, obwohl das Wasser darin bei einem angemessenen Füllstand von 1,70 Meter sogar sehr viel tiefer gewesen wäre als das Wasser am Ufer des Starnberger Sees, wo die Leichen von Ludwig II. und seinem Psychiater Bernhard von Gudden am 13. Juni 1886 gefunden worden sind. Aber hier auf der Herreninsel mitten im Chiemsee waren die Arbeiten an Ludwigs allerneuestem Schloss schon 1885 praktisch eingestellt worden, weil dem König endgültig das Geld ausgegangen war. Auch das Bad im Erdgeschoss war bei Ludwigs mysteriösem Tod noch nicht fertig, die Installationen und der Ofen fürs warme Wasser sollen dann schon 1887 wieder abgebaut worden sein. Aber jetzt kommen doch noch mal Handwerker: Das Bad im Schloss Herrenchiemsee wird gründlich saniert.
Denn obwohl in der Wanne womöglich überhaupt nie jemand das Wasser eingelassen hat, weisen die Wände im Badezimmer „Beschädigungen durch Feuchtigkeit und Schadsalze“ auf, wie es von der staatlichen Schlösser- und Seenverwaltung heißt. Künstlerisch ausgestaltet sind diese Wände mit klassischen Motiven, nämlich „Toilette und Geburt der Venus“, und droben an der Decke befindet sich „Venus in der Schmiede des Vulkan“. Und auch wenn der Kini selber schon lange nicht mehr nachts bei Kerzenschein durch seine Absolutimus-Kulisse geistert, so bewegen sich doch Tag für Tag Hunderte bis Tausende Besucher durch das Schloss und damit auch durch das Bad. Denn der Raum im Erdgeschoss des Nordflügels ist Teil der beliebten Schlossführung. 309 666 Tickets dafür hat die Schlösserverwaltung laut ihrer Besucherstatistik im vergangenen Jahr verkauft, 2022 waren es rund 269 000.
Die vielen Besucherinnen und Besucher müssen sich von den anstehenden Arbeiten aber nicht groß stören lassen, denn die werden fürs Erste größtenteils im Keller des Schlosses stattfinden. Dort rosten die starken Stahlträger vor sich hin, welche die frei stehende und nur scheinbar in den Boden des Erdgeschosses eingehängte Wanne halten. Mit ihrem Durchmesser von 7,50 Metern, ihrem Fassungsvermögen von 60 000 Litern und mit ihrem bodentiefen Einstieg ähnelt die zumindest nach bürgerlichen Maßstäben ohnehin eher einem Pool als einer Badewanne.
Auch eine Heizung wird die innen mit Steinplatten ausgekleidete Wanne wieder erhalten, dieses Mal eine elektrische. Die soll dann aber nicht mehr das Badewasser wärmen, sondern die ganze Metallkonstruktion auf Temperatur halten, damit sich daran kein Kondenswasser niederschlägt und sich so irgendwann neuer Rost bildet. Zusätzlich erhält die Unterseite der Wanne eine Wärmedämmung.
Dem König hätte das alles wohl gefallen, denn für Technik konnte sich Ludwig II. stets begeistern – und er selber muss es ja nicht mehr bezahlen. Wie viel die gesamte, von ihrem eigenen Restaurierungszentrum verantwortete und vom Staatlichen Bauamt Rosenheim auszuführende Badsanierung kosten wird, hat die Schlösserverwaltung nicht mitgeteilt. Es gehe darum, „den langfristigen Erhalt dieses einmaligen Raumes zu gewährleisten“, heißt es nur, und das wird sich angesichts der aus aller Welt angelockten Besuchermassen auf lange Sicht sicherlich ebenso bezahlt machen wie Ludwigs einst so ruinöse Bauprojekte.
Die erfordern bis heute hohe Investitionen aus Steuergeld. So wurde 2022 nach mehreren Jahren Arbeit die Sanierung des Thronsaals im Schloss Neuschwanstein abgeschlossen, die rund 20 Millionen Euro gekostet hat. Die seit mehr als zehn Jahre andauernde Sanierung der ebenfalls von Feuchtigkeit und Korrosionsschäden angegriffenen Venusgrotte von Schloss Linderhof wird am Ende mindestens 60 Millionen Euro kosten. Die Grotte soll von Sommer 2025 an wieder für Besucher zugänglich sein.
Seit dem vergangenen Jahr liegt außerdem ein Antrag aus Bayern bei der Unesco in Paris. Er trägt den selbst schon fast royalen Titel „Die Schlösser König Ludwigs II. von Bayern: Neuschwanstein, Linderhof, Schachen und Herrenchiemsee – Gebaute Träume“. Zusammen sollen diese gebauten Träume bald Weltkulturerbe werden.