Heinrich Prinz von Bayern:Herr der Kaltenberger Ritter

GELTENDORF: Kaltenberger Ritterturnier

Bis die Lanze bricht: Das Ritterturnier soll in diesem Jahr noch spektakulärer werden, weniger Text, mehr Wettkampf

(Foto: Johannes Simon)

Heinrich Prinz von Bayern ist 28, studierter Physiker und Ökonom - und auf dem Weg nach oben. Die Leitung des Kaltenberger Ritterturniers hat er schon übernommen. Wenn er sich bewährt, könnte er auch Brauerei-Chef werden.

Von Stefan Mayr, Kaltenberg

Heinrich Prinz von Bayern trägt keine Krawatte und kein Sakko, sondern nur eine dunkelblaue Weste. Diese wirft er gleich zu Beginn des Gesprächs ab, Seine Königliche Hoheit gibt das Interview ganz leger im lachsfarbenen Hemd. Der 28-jährige Junggeselle ist der Ur-Ur-Enkel des letzten bayerischen Königs Ludwig III., er gibt sich im zweckmäßig eingerichteten Besprechungsraum auf Schloss Kaltenberg alles andere als zugeknöpft. Nun ja, sein Habitus ist sehr wohl vornehm distanziert. Aber er gibt auch überraschend offene Antworten.

Seit Oktober 2013 ist Heinrich Bayern Geschäftsführer der "Ritterturnier Kaltenberg Veranstaltungs GmbH". Sein Vater Luitpold und seine Mutter Beatrix haben ihrem Sohn eines ihrer Unternehmen übertragen, das immerhin einen Millionen-Umsatz macht. Es ist gut möglich, dass Heinrich als viertältestes Kind und zweitältester Sohn irgendwann die Führung der "König Ludwig Schlossbrauerei Kaltenberg" oder gar des gesamten Firmen-Imperiums übernehmen wird.

Jedenfalls ist das sein erklärtes Ziel, wie er ohne Zögern bestätigt. "Wenn es so weit ist, wird es eine Konkurrenz mit externen Bewerbern um den Geschäftsführerposten geben", sagt er, "und ich werde da hoffentlich auch dabei sein." Das Bier-Geschäft sei "auf jeden Fall extrem interessant": "Es funktioniert weltweit, und es gibt Länder, da stehen die Flaschen im Regal und kosten sechs Euro, weil das Produkt als wirklich hochwertig eingestuft wird."

Nach einigen Semestern Physik hat Heinrich von Bayern in London Business Administration studiert. Den Master hat er in der Tasche, derzeit werkelt er "55 Stunden pro Woche" an den ersten Ritterspielen unter seiner Regie. Wird Heinrich von Bayern der künftige Chef im Hause Wittelsbach? Nun, in der Thronfolge steht er hinter seinem älteren Bruder Ludwig, 31. Ergo wird es mit dem Aufstieg zum Oberhaupt der Familie, die bis heute den Verzicht auf Bayerns Herrscherthron nicht erklärt hat, wohl nichts werden. Er könnte aber zum König der Bier-Dynastie avancieren - wenn er sich als Manager der Ritterspiele bewährt.

"Er ist noch in der Orientierungsphase"

Noch ist Franz Herzog von Bayern das offizielle Familienoberhaupt. Weil er keine Nachfahren hat, wird die Thronfolge an seinen Vetter Luitpold Prinz von Bayern übergehen - und später an dessen Sohn Ludwig. Dieser hat sich, wie auch seine Schwestern Auguste und Alice, ganz der Wissenschaft verschrieben. Er hat Jura studiert und interessiert sich vor allem für Völkerrecht und Entwicklungshilfe. Im Südsudan hat er Schulen für Nomadenkinder mit aufgebaut oder Sinti-Siedlungen in Osteuropa. "Manches Projekt wurde wegen zu niedrig fliegender Eisenkugeln abgebrochen", erzählt Vater Luitpold. Der jüngste Sohn, der 27-jährige Karl, studiert BWL. "Er ist noch in der Orientierungsphase", sagt sein Vater.

Bei der Brauerei führt noch Luitpold Prinz von Bayern, 63, die Geschäfte - und das energisch wie eh und je. Seit Ende der 1970er Jahre hat er aus der Regionalbrauerei einen international tätigen Konzern gemacht. 2001 schloss er eine Allianz mit der Warsteiner Gruppe, mit ihr erobert er den asiatischen Markt. Seit 2012 wird das Prinzregent Luitpold Weißbier und das König Ludwig Dunkel auch in Indien, Taiwan und in der Mongolei abgefüllt. Derzeit wird eine Braustätte in China gebaut. Insgesamt ist die Brauerei in 13 Ländern präsent.

2011 kaufte Luitpold die Münchner Porzellanmanufaktur Nymphenburg. Seitdem versucht er, sie zurück in die schwarzen Zahlen zu führen. Nebenher wacht Luitpold sehr aufmerksam über die Markenrechte der Wittelsbacher. Unter ihrem Namen verkauft er auch Teddybären, Käse, Jagdbrot, Christstollen, Zigarren und demnächst sogar Speiseeis. "Wir wollen dahin, wo Mövenpick einmal war", sagt Luitpold und lächelt sein verschmitztes Lächeln. "Es kann doch nicht sein, dass nur Italiener gutes Eis machen können." 14 Sorten soll es bald geben, hergestellt in Berlin.

Größtes Ritterturnier der Welt

Kaltenberg: RITTERSPIELE - Heinrich PRINZ von Bayern

Bier-Dynastie: Heinrich Prinz von Bayern (links) mit seinen Eltern Beatrix und Luitpold

(Foto: Johannes Simon)

Auch das Ritterturnier war Luitpolds Idee, er hat es einst als Werbe-Veranstaltung für sein Bier ins Leben gerufen. Inzwischen hat sich das Treiben in und vor der Arena bei Schloss Kaltenberg längst verselbständigt, die GmbH hat zu Turnierzeiten bis zu 30 festangestellte Mitarbeiter und lockt alljährlich Zehntausende Besucher an. Im Juli wird wieder mehr als zwei Wochen lang das Mittelalter in dem Ortsteil der Gemeinde Geltendorf (Kreis Landsberg am Lech) zu Gast sein. Neben dem Ritterturnier gibt es Gaukelei und Narretei, Handwerk und Gastronomie, Markt und Konzert unter freiem Himmel. Kaltenberg gilt als das größte Ritterturnier der Welt - es ist laut Heinrich Bayern aber wirtschaftlich kein Selbstläufer.

"Die Event-Branche ist extrem risikobehaftet, da ist es fast normal, dass man mal pleite geht." Es gebe nicht viele Firmen, die 35 Jahre lang ununterbrochen im Geschäft sind. "Bei drei Millionen Umsatz kommt die Firma über die Runden", verrät Bayern. Diese Summe sei nicht selbstverständlich, betont Mutter Beatrix, die bislang das Ritterturnier managte. Nach der Finanzkrise habe es einen Einbruch von bis zu 25 Prozent gegeben. "Oh ja", sagt Beatrix Bayern, "da haben wir rote Zahlen geschrieben."

Zudem gehören bei jeder Open-Air-Veranstaltung unliebsame Überraschungen zum Alltag - damit ist nicht nur das Wetter gemeint. Da lernt man als Geschäftsführer sehr wohl, zu verhandeln und zu organisieren, Menschen zu führen und kühlen Kopf zu bewahren. Kurzum: Es gibt einfachere Geschäftsführer-Posten - aber wenige, die Heinrich Bayern besser auf höhere Aufgaben vorbereiten könnten.

"Ich bin absolut zufrieden mit dem, was mein Sohn bislang gemacht hat", sagt Luitpold Bayern. "Seine frischen Ideen tun ganz gut, das Turnier soll sich ja 35 weitere Jahre halten." Tatsächlich wird Heinrich Bayern für seine ersten Ritterspiele etliche Änderungen einführen. Neu dabei ist Schauspieler und Sprecher Johannes Steck ("In aller Freundschaft"), der das Geschehen in der Arena live kommentieren wird. Geschrieben wird der Text erstmals von Fantasy-Bestseller-Autor Michael Peinkhofer ("Das Gesetz der Orks").

Auch die Action-Szenen werden umgestaltet. "Wir wollen zurück zu den Wurzeln", sagt Bayern. Zuletzt wurde in der Arena eine Geschichte aus der Artus-Sage erzählt, mit Frauen und Kindern als Mitwirkenden. Den Rittern wurden Off-Stimmen in den Mund gelegt und jede Bewegung verlief strikt nach Drehbuch. "Das war relativ story-lastig", sagt Heinrich Bayern, "wir wollen versuchen, wieder mehr in Richtung Contest zu kommen." Künftig soll es auch wieder echte und offene Wettkämpfe geben. "Unser Ziel sind zwei Stunden ohne Längen", sagt Bayern. "Es wird künftig eine erheblich größere Anzahl an Lanzen zu Bruch gehen." Waren es bisher 80 pro Show, werden es nun etwa 140 sein. Der neue Chef lässt es also gleich mal krachen.

Hinweis der Redaktion: In einer früheren Fassung des Artikels wurde Geltendorf im Kreis Fürstenfeldbruck verortet. Aber Geltendorf gehört natürlich zum Kreis Landsberg am Lech.

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