Kinderbetreuung:Kabinett beschließt Millionenzuschuss für Hebammen und Kitas

Kita

Gummistiefel und Regenhosen von Kindern hängen in einer Kita an einem Regal.

(Foto: dpa)
  • Bayerns Eltern sollen künftig mit einem Zuschuss von 100 Euro pro Monat und Kind zu entlastet werden.
  • Von September 2019 an soll frisch ausgebildeten freiberuflichen Hebammen mit einer Niederlassungsprämie in Höhe von 5000 Euro der Berufseinstieg erleichtert werden.
  • Der Ministerrat beschließt damit zwei Hauptforderungen der Freien Wähler (FW).

Von Dietrich Mittler

Voraussichtlich von April 2019 an können junge Familien im Freistaat mit einer nicht unerheblichen finanziellen Entlastung rechnen. Der Ministerrat beschloss am Montag in München, Bayerns Eltern künftig während der gesamten Kindergartenzeit ihrer Buben und Mädchen mit einem Zuschuss von 100 Euro pro Monat und Kind zu entlasten. Also nicht wie bislang erst vom dritten Kindergartenjahr an.

Die Freien Wähler (FW) hatten sich bei der Verhandlung des Koalitionsvertrags für die Kostenfreiheit der Kinderbetreuung stark gemacht. Entsprechend zufrieden präsentierte sich der stellvertretende Ministerpräsident und FW-Chef Hubert Aiwanger nach der Kabinettssitzung. "Nicht einmal vier Wochen nach dem Start der Regierungskoalition haben wir die Kostenfreiheit für die Kindertagesbetreuung erreicht. Das ist eingetütet", sagte er.

Überdies brachte das Kabinett auch eine zweite Kernforderung der Freien Wähler auf den Weg. Von September 2019 an soll frisch ausgebildeten freiberuflichen Hebammen mit einer Niederlassungsprämie in Höhe von 5000 Euro der Berufseinstieg erleichtert werden. "Ein wichtiges Signal", sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Ziel der Staatsregierung sei es, mehr Hebammen als bisher für eine freiberufliche Tätigkeit zu gewinnen und so das Angebot insbesondere in der Geburtshilfe und der Wochenbettbetreuung auszubauen.

Angesichts fehlender Hebammen hatten in den zurückliegenden Jahren etliche Geburtshilfestationen im Freistaat schließen müssen. Sieben davon seit 2016 dauerhaft, wie das Gesundheitsministerium auf Nachfrage mitgeteilt hatte. Für das nun vom Kabinett beschlossene Hebammen-Gründerpaket rechnet Söder mit einem Finanzbedarf von circa einer Million Euro. Weit mehr Geld kostet indessen der Beitragszuschuss für die gesamte Kindergartenzeit: Die Mehrkosten dieser finanziellen Entlastung der Eltern werden bisherigen Berechnungen nach im Jahr 2019 rund 210 Millionen Euro ausmachen und im Jahr darauf sogar 290 Millionen Euro.

"Heute ist ein guter Tag für die Familien", betonte Aiwanger. Immerhin, so die Berechnungen, sollen Eltern von derzeit circa 375 000 Kindern von den nun beschlossenen staatlichen Leistungen profitieren. Doch dazu ist mit dem Ministerratsbeschluss lediglich der erste Schritt getan, wie Bayerns Sozialministerin Kerstin Schreyer (CSU) klarstellte. "Wir brauchen dazu drei Schritte", betonte sie. Erstens müssten die dafür nötigen Haushaltsmittel eingestellt werden. "Dann müssen wir die gesetzlichen Grundlagen schaffen, um das überhaupt ausgeben zu dürfen." Und schließlich müsse im Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz die technische Umsetzung der Auszahlungen geregelt werden. Klar ist bereits jetzt: Das Geld wird automatisch an die Kommunen überwiesen, nicht aber an die Eltern direkt. Aber klar ist auch: Die Kommunen ziehen die monatlich 100 Euro Staatszuschuss komplett vom Betrag ab, den Eltern für die Unterbringung ihrer Buben und Mädchen an die Träger der Kindertagesstätten zu zahlen haben.

Nach Überzeugung Aiwangers ist damit die Kernforderung der Freien Wähler nach einer kostenlosen Betreuung in Bayerns Kindertagesstätten weitgehend erfolgt - zumindest für mehr als 90 Prozent der Eltern im ländlichen Raum. Und da der Freistaat auch dann die 100 Euro monatlich auszahle, wenn die Kindergartengebühr etwa lediglich 80 Euro betrage, profitierten von der staatlichen Leistung künftig auch "die Gemeinden ein bisschen".

Grünen loben Hebammenpaket

Natürlich wisse aber auch er, dass insbesondere im Großraum München die Kindergarten-Beiträge weitaus höher seien. Aus Sicht der Landtags-SPD geht diese Sichtweise weit an der Realität vorbei. "Die Unterschiede in der Gebührenhöhe sind eklatant", sagte Doris Rauscher, die neue Vorsitzende des Sozialausschusses im Landtag. Der heutige Ministerratsbeschluss sei nicht mehr als "mutloses Stückwerk" und Bayern weit entfernt von tatsächlich kostenlosen Kindertagesstätten.

Auch die Grünen können sich mit dem Kabinettsbeschluss nicht anfreunden. Nach Johannes Becher, ihrem Sprecher für frühkindliche Bildung, hätte die Staatsregierung die nun versprochenen Mittel besser in eine "hohe pädagogische Qualität, bessere Betreuungsschlüssel und eine Ausweitung des Betreuungsangebots auf Randzeiten" investiert.

Durchaus Lob zollen die Grünen indessen für das Hebammen-Gründerpaket. Christina Haubrich, die gesundheitspolitische Sprecherin der Landtags-Grünen sieht darin "einen ersten Schritt auf einem langen Weg hin zu einer besseren Geburtshilfeversorgung in Bayern". Die Grünen hätten die Starthilfe in Höhe von 5000 Euro bereits vergangene Legislaturperiode für Bayerns Hebammen gefordert - "allerdings erfolglos", wie Haubrich betonte. Nun allerdings müssten auch weitere Schritte folgen: "Zusätzlich brauchen wir dringend die Aufwertung des kompletten Berufsbilds durch eine akademisierte Ausbildung für alle Hebammen", forderte sie.

Daran, so verweist indes das Gesundheitsministerium, werde längst gearbeitet. Doch für Haubrich ist die Zahl der geplanten Hebammen-Ausbildungsplätze an Bayerns Hochschulen mit 100 "viel zu niedrig" angesetzt. "Damit steht nicht allen angehenden und auch benötigten Hebammen der Weg an die Hochschulen offen, und es droht ein Zweiklassensystem in der Geburtshilfe."

Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) sieht die Aufwertung der Hebammenarbeit wiederum auf einem guten Weg und verweist auch auf den "Bayerischen Hebammenbonus", durch welchen Hebammen bei mindestens vier betreuten Geburten pro Jahr seit 1. September jährlich 1000 Euro zustehen. "Bei uns sind bereits 426 Anträge darauf eingegangen", hieß es aus dem Ministerium.

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