Die US-Rapperin Cardi B liebt es, ihren Po zur Schau zu stellen. Neulich reckte sie den Kameras aber nicht nur dieses edle Körperteil entgegen, sondern primär das neue Piercing, das sie dort installieren ließ. Genauer gesagt „an der Arschritze“ (butt crack), wie die närrische Maid den Standort des Schmuckstücks in aller Vornehmheit verkündete.
Hierzulande war das Herzeigen des blanken Arschs lange Zeit undenkbar, dazu waren die Eingeborenen viel zu gschamig. Die als Arbeiterkind geborene Josefa Halbinger (1900-1973) erzählte einmal aus ihrer Schulzeit: „Wenn wir in die Wanne gesteckt worden sind, haben wir ein Hemd anlassen müssen. Und da waren überall Vorhänge dazwischen, dass wir einander nicht gesehen haben.“

SZ Bayern auf Whatsapp:Nachrichten aus der Bayern-Redaktion – jetzt auf Whatsapp abonnieren
Von Aschaffenburg bis Berchtesgaden: Das Bayern-Team der SZ ist im gesamten Freistaat für Sie unterwegs. Hier entlang, wenn Sie Geschichten, News und Hintergründe direkt aufs Handy bekommen möchten.
Dass man dem eigenen Körper einst mit Sitte und Moral begegnete, wird in den Filserbriefen von Ludwig Thoma voll bestätigt: Die Malerei sei eine Kunst, aber nur bis zum Nabel, schreibt der fiktive Abgeordnete Filser und fährt orthografisch rechtschaffen fort: „Untern Nahbl ist es eine Sauerei, indem es dort geschlächtlich ist.“
Was da alles passieren konnte, wenn man die Keuschheit vernachlässigte. Die Schwester Alrika aus Regensburg drohte den Buben: „Wer mid seim Bibberl spielt, dem wachsen schwarze Haar' zwischen de Finger.“ Dem Hofegl Lenz aus der Landshuter Gegend war das eher wurscht, oft zog er mitten auf der Straße seine Hose herunter, um wehklagend seinen Hintern herzuzeigen, den sie ihm anno 1916 in der Schlacht von Verdun übel zerschossen hatten.
Drastisch ändern sich die Zeiten. Noch vor einigen Jahrzehnten schickte ein alter Bauer im Bayerischen Wald ein junges Ehepaar zornbebend zum Beichten, weil es sich nach einem staubigen Dreschtag gemeinsam in einem Zuber im Stall gewaschen hatte. Vermutlich nicht gebeichtet hat die Bürgermeisterin von Hauzenberg bei Passau, dass sie vor wenigen Tagen unter großem Bohei einen zwei Meter großen geschnitzten Holzpenis in Empfang genommen hat. Aber das diente ja einer guten Sache, handelt es sich doch um ein Fruchtbarkeitssymbol für das Kinderwunschzentrum, das hier gerade entsteht. Es gab ein Fest, am Süßigkeitenstand wurden Phalli aus Obst mit Schokoüberzug feilgeboten.
Die mittlerweile landesübliche Präsentation von Geschlechtsteilen bekräftigt freilich auch die Sinnhaftigkeit der Scham, die einst dafür sorgte, Penisse und Schniedl zu verhüllen. Zweifellos gibt es ansehnlichere Körperteile, irgendwie hat der liebe Gott bei der Penis-Konstruktion gemurkst.
Das wird auch jener Knecht gedacht haben, den Oskar Maria Graf in einer Kurzgeschichte würdigte. Der Jüngling ging mit einer Magd von der Kirchweih heim, aber das Paar fand keinen zündenden Zugang zueinander. Kurz vor dem Hof, die Begleiterin hatte alle Hoffnung aufgegeben, regte sich im Knecht doch noch ein Anflug von Zärtlichkeit. Ganz gschamig fragte er: „Soit i’n außatoa?“