Bayerischer Rundfunk und Islam:"Menschen, für die schon ein Halbmond unerträglich ist, fühlen sich bestätigt"

Benjamin Idriz in Moschee in Penzberg, 2014

Ist enttäuscht vom BR: Imam Benjamin Idriz aus Penzberg.

(Foto: Manfred Neubauer)

Nach Protesten verzichtet der BR darauf, bei Sendungen zum Ramadan den Halbmond zu zeigen. Imam Benjamin Idriz erklärt, was er davon hält - und ob bei Gottesdiensten ein Kreuz eingeblendet sein sollte.

Von Jonas Schöll

Benjamin Idriz, 42, ist seit 1995 Imam, also islamischer Gelehrter, in der oberbayerischen Gemeinde Penzberg. Er plant seit mittlerweile acht Jahren ein Islamzentrum in der Münchener Innenstadt, das von rechtspopulistischen Gruppen heftig bekämpft wird.

SZ.de: Der Bayerische Rundfunk hat nach Protesten ein Ramadan-Logo aus dem Programm genommen. Wie bewerten Sie das?

Benjamin Idriz: Ich bedauere diese Entscheidung sehr. Wichtig ist natürlich, dass am Programm selbst nichts geändert wird. Und die Begründung, man wolle eine Debatte um das Logo verhindern, um nicht von den Inhalten abzulenken, legt immerhin das Gewicht auf die Inhalte der Sendungen. Wenn die Entscheidung aber auf Druck einiger Zuschauer und Internetnutzer gefallen ist - und danach sieht es ja aus -, bedauern wir das sehr. Menschen, für die allein schon ein Halbmond unerträglich ist, fühlen sich jetzt bestätigt und werden sagen: Wir haben Druck gemacht und das Bayerische Fernsehen hat sich gebeugt.

Wie erklären Sie sich überhaupt die Protestwelle gegen das Ramadan-Logo?

Ehrlich gesagt kann ich die ganze Aufregung um den Halbmond nicht verstehen, und ich glaube kaum, dass etwas Ähnliches passiert wäre, wenn es um Symbole anderer Religionen gehen würde. Es gibt leider in der Gesellschaft antiislamische Tendenzen, und es gibt Netzwerke, die diese Form der Menschenfeindlichkeit gezielt schüren und steuern. Der bayerische Verfassungsschutz hat dazu immerhin eine eigene Kategorie des islamfeindlichen Extremismus eingeführt. Über Internetblogs können solche Machenschaften dann durchaus Lawinen von Protest- und Hassmails auslösen. Das geschieht ständig. Ob das auch in diesem Fall dahintersteht, weiß ich nicht. Ich kann nur hoffen, dass man sich beim BR der Problematik voll bewusst ist.

Sind die antiislamischen Tendenzen ein speziell bayerisches Problem?

Natürlich nicht. Und zumindest in München vertreten die Stadtspitze und der Stadtrat schon lange eine durchdachte und weitsichtige Strategie dagegen, zum Beispiel mit der Fachstelle gegen Rechtsextremismus oder dem Münchner Bündnis für Toleranz. Manche Äußerungen von hochrangigen bayerischen Politikern spielen aber schon eine Rolle: Da wünschten wir uns, dass wir Muslime genauso selbstverständlich als Bürgerinnen und Wähler ernst genommen werden wie andere auch.

Wofür steht der Halbmond?

Der Halbmond ist ein Teil unseres Lebens. Wir freuen uns, wenn wir ihn sehen. Im Koran ist er einfach ein Symbol für die Zeit, den Monat, und erinnert uns daran, dass Gott der Herr von Zeit und Ewigkeit ist.

Finden Sie, dass der BR auch ein Kreuz zeigen sollte, wenn er einen Gottesdienst überträgt?

Selbstverständlich. Ich fände es vollkommen in Ordnung, wenn bei einem christlichen Gottesdienst zum Beispiel ein Kreuz eingeblendet wäre, oder bei einer jüdischen Feier ein Davidstern oder ein Leuchter. Aber Muslime zahlen auch Rundfunkgebühren. Haben Sie weniger Recht auf ihre Symbole im Fernsehen? Ich habe das Logo als sehr gelungen empfunden, es ist schick gemacht. Ich finde das Logo weder optisch noch religiös in irgendeiner Weise anstößig.

Wie bewerten Sie das Programm des BR?

Das Bayerische Fernsehen hat bisher sehr die bayerische Tradition gepflegt, das ist auch gut so und wird weiterhin so sein. Der BR muss sich aber auch für Muslime weiter öffnen. Wir werden ja jetzt auch ein Teil dieser Tradition. Das Programm zum Ramadan ist ein sehr guter Ansatz - schade, dass jetzt diese Missstimmung hereingebracht wurde. Sendungen zu den hohen Feiertagen der Muslime wären eine schöne und wichtige Botschaft. Aber auch ein "Wort zum Freitag" - eine spirituelle Botschaft durch einen Imam - wäre dringend nötig, weil darin Muslimen und Nichtmuslimen erklärt werden könnte, was Islam wirklich ist und was nicht.

Am 17. Juli überträgt der BR aus Ihrer Moschee. Was was wird dann zu sehen sein?

Das Festgebet zum Ende des Ramadan. Es gehört für alle Muslime zu den wichtigsten Gelegenheiten, in die Moschee zu gehen. Vergleichen Sie es vielleicht mit einem Weihnachtsgottesdienst bei Christen. Meine Gemeinde sieht ein Zeichen der Anerkennung darin, dass das Gebet jetzt aus unserer Moschee übertragen wird. Das ist ein sehr passender Glückwunsch - für ganz Bayern.

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