Haderthauer und ihr neues Amt:Von der Attacke zur Fürsorge

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"Sinnfinden außerhalb der materiellen Werte": Wie sich die neue Sozialministerin Christine Haderthauer an ihr Amt herantastet.

Max Hägler

Schwester Antonia Stegmüller ist eine kleine, resolute Frau. Trotzdem hat sie sich an die Bühne vorgeschoben, als Christine Haderthauer gerade ihren ersten öffentlichen Auftritt als Sozialministerin beendet, vor dem denkbar schwierigsten Forum: Auf der Messe "ConSozial" in Nürnberg, wo an diesem Tag die mächtigen Sozialverbände versammelt sind, dazu noch Kindergärtnerinnen und Sozialpädagogen.

Tastet sich an das neue Amt heran: Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer vor einer Kletterwand auf der Messe "ConSozial" in Nürnberg. (Foto: Foto: dpa)

Es ist ein neues Pflaster für die ehemalige CSU-Generalsekretärin. Entsprechend erleichtert klingt sie, als ihr Schwester Antonia den Weg versperrt und Gottes Segen spendet. "Den kann ich brauchen", sagt die CSU-Politikerin.

Haderthauer als Sozialministerin - das war auch eine dieser überraschenden Personalentscheidungen des neuen Ministerpräsidenten Horst Seehofer. Zwei, drei Stunden vor der Vereidigung habe sie davon erfahren, sagt sie. Und dass sie sich dieses Ressort "insgeheim gewünscht" habe.

Was man eben so sagt, wenn man von der Abteilung Attacke in die Fürsorge versetzt wird und überdies nicht viel Ahnung hat von der Materie. Als einfache Abgeordnete wetterte Haderthauer zwar gelegentlich gegen das "Dogma der Alleinzuständigkeit der Frau in Familienfragen". Aber sonst war sie fachspezifisch kaum auffällig.

In Erinnerung ist aus dem Petitionsausschuss die Diskussion einer Bürgereingabe bezüglich Hackschnitzeln. Geglänzt hat sie meist nur mit dem beinahe fürsorglichen Vorwärtsschieben ihres ehemaligen Chefs Erwin Huber, wenn der mal wieder in einem Journalistenpulk festhing. "Ich war von ihrer Berufung schon überrascht und hoffe jetzt, dass Frau Haderthauer ihren neuen Bereich mit Freude macht", sagt Schwester Antonia, die im Landkreis Dillingen Schwerbehinderte betreut.

"Sie muss dran arbeiten"

Ob Haderthauer Freude hat, weiß man nicht, aber zumindest Mühe gibt sie sich an diesem Tag. Das Ehrenamt sei eine Qualität für sich, wiederholt sie immer wieder. Spricht vom "Sinnfinden außerhalb der materiellen Werte". Zwar könne sie an ihrem vierten Amtstag noch nicht in die Details der Sozialpolitik gehen, aber wichtig sei ihr, die harte Trennung aufzuheben zwischen Wirtschaft und Sozialem.

Und dann spricht sie auch noch vom Alter: "Wahnsinn" entfährt es ihr, als sie im Redemanuskript auf die Altersentwicklung im Freistaat stößt. Mitte des Jahrhunderts werden 31 Prozent der Bayern mindestens 65 Jahre alt sein. "Dann wird möglicherweise auch so manches bayerisches Kabinett anders aussehen", kommentiert Haderthauer, 45, abseits des Redetextes.

Es klingt ein wenig demütig. Natürlich ist es eine Antwort auf die Kritik, die Haderthauer im eigenen Haus und von den Verbänden entgegenschlägt, nachdem Seehofer ihre angesehene Vorgängerin Christa Stewens als Sozialministerin abgelöst hat.

Haderthauer betont natürlich auch, dass sie sehr wohl den Unterschied zwischen ihrem vorhergehenden Parteiamt und ihrer neuen Regierungsaufgabe kenne. Es ist ein vorsichtiges Herantasten an diese so andere Aufgabe. Eine Aufgabe, bei der es Haderthauer mit Menschen wie Schwester Antonia zu tun hat, die auf die Frage nach der Glaubwürdigkeit antwortet: "Sie muss dran arbeiten."

© SZ vom 06.11.2008/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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