Gymnasium:Oberstufe mit Lieblingsfach

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Reform sieht mehr Vertiefung und mehr Auswahl bei Abitur vor

Schulminister Michael Piazolo (FW) hat die ersten Eckpunkte für die Oberstufe des neuen neunjährigen Gymnasiums vorgestellt. Details müssten aber noch diskutiert werden, sagte er am Mittwoch. Trotzdem spricht er von einer "Oberstufe der Extraklasse", die anspruchsvoll und dabei individueller sowie flexibler werde. Das kostet: 1000 Lehrerstellen waren für das neue G 9 avisiert, nun nickte der Ministerrat weitere 450 Stellen ab, die sukzessive besetzt werden sollen. Nicht erst 2024, wenn die ersten Schüler in die zwölfte Klasse kommen.

Die Eckpunkte sehen vor, dass die Schüler mehr Auswahl in ihren Abiturfächern bekommen und ein Fach aussuchen können, das sie vertieft belegen. Dieses Fach soll vier Stunden pro Woche unterrichtet werden - sofern ein Kurs angeboten wird und zustande kommt. Dieser Konsens ist nicht überraschend, seit Jahren wünschen sich Schüler und viele Lehrer wieder Vertiefungsfächer wie die Leistungskurse, die vor der Einführung des G 8 abgeschafft wurden. Spannender ist, wie die Vertreter der gymnasialen Schulfamilie, also Schüler, Eltern, Direktoren und Lehrer, mit dem Ministerium die offenen Fragen klären: G-9-Abiturienten sollen weiterhin in fünf Fächern geprüft werden, aber noch steht nicht fest, ob Deutsch und Mathe als schriftliche Prüfungsfächer Pflicht bleiben. Das würde die Wahlmöglichkeit einschränken. Die beiden Fächer sollen wie das Vertiefungsfach vier Wochenstunden haben. Die Leistungskurse hatten fünf Stunden. Offen ist auch, wie Naturwissenschaften im Abitur aufgewertet werden sollen. Verbände und Industrie hatten sich beim Konzept für die fünfte bis zur elften Klasse benachteiligt gefühlt und zu wenig Präsenz im Stundenplan als Grund für sinkendes Interesse der Schüler an naturwissenschaftlichen Abiturfächern genannt.

Die Diskussionen der Arbeitsgruppe laufen seit Monaten. Zwei Jahre nachdem Ex-Schulminister Ludwig Spaenle (CSU) das Konzept von der fünften bis zur elften Klasse präsentiert hatte, fragte sich nicht nur die Landtagsopposition, wieso nichts vorangehe. Erst in der vergangenen Woche waren die Abgeordneten des Bildungsausschusses auf ein Zwischenergebnis im Februar 2020 vertröstet worden. Nun schuf das Kabinett am Dienstag Fakten.

Joshua Grasmüller, Landesschülersprecher für Gymnasien, freute sich über die Eckpunkte, mehr Wahl und Vertiefung fordern die Schüler seit langem. Philologenchef Michael Schwägerl sieht die 450 Stellen gar als Zeichen für "Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit der Demokratie". Das sollten Bildungs- und Qualitätsanspruch auch wert sein, sagte Susanne Arndt, die Vorsitzende der Landeselternvereinigung. Bei all der Freiheit müsse die Organisierbarkeit für Schulen und Schüler beachtet werden, sagte Walter Baier, Chef der Direktorenvereinigung. Dagegen nennt Gabriele Triebel (Grüne) die Eckpunkte "Flickschusterei" und fordert "echte Vertiefung" mit zwei fünfstündigen Fächern. Der Lehrerverband fürchtet Überfrachtung der Schüler. Matthias Fischbach (FDP) geht es nicht weit genug, er fordert mehr Vergleichbarkeit des Abiturs. Ein Kern- oder Zentralabitur lehnen Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Piazolo aber ab.

© SZ vom 18.07.2019 / angu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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