Gymnasium:Neue Lehrpläne: Kampf um die Stunden im G 9

Schule: Klassenzimmer eines Gymnasiums in Baden-Württemberg

Im neuen G 9 sollen Informatik und politische Bildung gestärkt werden. Geschichtslehrer haben Angst, dass für sie dann weniger Stunden übrig bleiben.

(Foto: dpa)
  • Derzeit wird mit Hochdruck an den Stundenplänen für das neue G9 in Bayern gearbeitet. Bis August müssen sie fertig sein.
  • Die Geschichtslehrer im Freistaat haben Sorge, dass ihr Fach mit zu wenigen Stunden bedacht wird.
  • Sie haben deswegen eine Online-Petition ins Leben gerufen.

Von Anna Günther

Alle Fächer wollen von einem Jahr mehr Zeit im neunjährigen Gymnasium profitieren. Noch ist nicht einmal das Schulgesetz geändert, aber das Gerangel um die Zeit der Schüler ist längst ausgebrochen. Die bayerischen Geschichtslehrer haben eine Online-Petition initiiert und wollen dadurch Druck auf Schulministerium und Staatsregierung aufbauen.

Mehr als 570 Unterstützer unterzeichneten die Petition in den ersten neun Tagen. "Wir haben uns das sehr gut überlegt. Jetzt werden die Weichen gestellt", sagt David Denninger, der Vorsitzende des Bayerischen Geschichtslehrerverbands. Er befürchtet, dass sein Fach trotz der versprochenen Stärkung der politischen Bildung im neuen G 9 zu den Verlierern gehören wird.

Im Kultusministerium laufen derweil die Vorbereitungen für die Änderung des Schulgesetzes auf Hochtouren, damit sie noch vor der Sommerpause in den Landtag eingebracht werden kann. Welches Fach im neuen G 9 wie viele Stunden bekommt, ist die alles entscheidende Frage für die Lehrer. Denn auch wenn laut Schulminister Ludwig Spaenle kein Fach weniger Stunden bekommen wird als im G 8, ist klar, dass nicht alle profitieren können: Ein bayerischer Gymnasiast hat bis zum Abitur mindestens 16 Fächer, je nach Zweig kommt eine dritte Fremdsprache dazu.

Im neuen G 9 sind insgesamt 18 zusätzliche Wochenstunden eingeplant. Informatik soll künftig für alle Gymnasiasten Pflicht werden, politische Bildung und Kernfächer sollen deutlich gestärkt werden. All das ohne Nachmittagsunterricht in der Unter- und Mittelstufe, daher kann nicht jedes Fach mehr Zeit bekommen.

Der Philologenverband will ein Hauen und Stechen seiner Fachgruppen vermeiden. Denninger preschte trotzdem vor. "Ich werde nicht zusehen, wie Geschichte geschwächt wird", sagt er. Wenn die Stundentafel erst einmal stehe, sei es vorbei. Er fordert mindestens je zwei Stunden Geschichte und Sozialkunde von der sechsten Klasse bis zum Abitur. "Wir müssen uns der gesellschaftlichen Wirklichkeit stellen und uns fragen, was Abiturienten wissen müssen. In Europa haben es Populisten derzeit leicht, und wir sollen das in Geschichte und Sozialkunde auffangen? Das ist ein Witz", sagt Denninger. Ohne deutlich mehr Zeit sei das nicht zu schaffen. Zwei Stunden für beide Fächer in der elften Klasse reichten nicht, um mit Schülern über historische Zusammenhänge, Demokratie, Demagogen und aktuelles Geschehen zu sprechen.

Bis August müssen die Stundentafeln stehen

Denninger befürchtet eine Finte des Ministeriums. "Vor Wochen war noch von der Stärkung historisch-politischer Bildung die Rede, jetzt ist es nur noch politische Bildung", sagt er. Sozialkunde dürfe nicht auf Kosten von Geschichte gestärkt werden. Vergleicht man das Konzept, mit dem Spaenle die CSU-Fraktion Mitte März überzeugen wollte, mit den Antworten auf den Fragenkatalog der Fraktion von Anfang März, ist im früheren Papier tatsächlich noch von "historisch-politisch" die Rede. Im Konzept und der endgültigen Präsentation des Bildungspaketes nicht mehr.

Die Petition läuft bis August. Bis dahin müssen die Stundentafeln stehen, damit die Arbeit am Lehrplan beginnen und Verlage die Schulbücher überarbeiten können. Im Ministerium verweist man darauf, dass kein Fach schlechter gestellt werde. Derzeit kümmerten sich drei Arbeitsgruppen, an denen auch die Verbände beteiligt sind, um Stundentafel und Lehrplan, die geplante Überholspur sowie die Reform der künftigen Oberstufe.

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