Nürnberg:Zweites Gutachten hält Museumsmiete für angemessen

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Das Zukunftsmuseum hat inzwischen viele interessierte Besucher, auch weniger prominente als Ministerpräsident Markus Söder (re.) plus Entourage, die sich das Modell der Mondstation "Moon Village" anschauten. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Ein U-Ausschuss im Landtag prüft, ob der Freistaat für das Zukunftsmuseum in Nürnberg zu viel bezahlt. Nun belegt schon das zweite Gutachten, dass der Preis zwar hoch, aber nicht zu hoch sei. Die Opposition gibt sich damit nicht zufrieden.

Von Johann Osel, Nürnberg/München

Das Zukunftsmuseum in Nürnberg wird auch laut einer zweiten unabhängigen Expertise zu "marktüblichen" und "plausiblen" Vertragskonditionen angemietet. Die Kalkulation des Investors und Vermieters Gerd Schmelzer könne aufgrund der verfügbaren Informationen "nachvollzogen werden", heißt es in einer Stellungnahme des Immobiliendienstleisters Colliers International Deutschland. Kürzlich hatte bereits ein erstes Kurzgutachten des Beratungsunternehmens Wüest Partner analysiert, dass die Miete im Nürnberger Augustinerhof zwar im Vergleich zu einem gewöhnlichen Geschäftshaus im Altstadtkern "sehr hoch" sei; aber angesichts des Zuschnitts auf die Bedürfnisse des Museum sowie einer hochwertigen Neubaufläche in dieser Lage erklärbar. Das Fazit also: teuer, aber nicht zu teuer.

Ein Untersuchungsausschuss im Landtag prüft derzeit, ob bei dem Projekt, konkret bei der Standortauswahl und dem Mietvertrag, alles mit rechten Dingen zu gegangen ist. Es wurde 2021 als Dependance des Deutschen Museums eröffnet. Die Opposition aus Grüne, SPD, FDP und auch AfD wittert Steuergeldverschwendung unter der Ägide des früheren Finanzministers und heutigen Ministerpräsidenten Markus Söder - und vermutet wegen Schmelzers regelmäßiger CSU-Parteispenden Vetternwirtschaft. Die zwei externen Fachanalysen, die der Ausschuss angefordert hat und jüngst zugestellt bekam, widersprechen nun dem Vorwurf, dass sich die öffentliche Hand beim Mietvertrag über den Tisch habe ziehen lassen. Beide Dokumente liegen der Süddeutschen Zeitung vor.

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Ein Argument der Expertise von Colliers ist, dass das Museum eine Spezialimmobilie sei - aus deren Investitionskosten sich die Miete ableite. Diese wiederum sehen die Gutachter nicht als überteuert an, beklagen jedoch, dass es in dem speziellen Feld keine Referenzwerte gebe. Der Bau mit seiner Raumgliederung und etwa den hohen Decken könne nach Auslaufen des Mietvertrags "kaum einer Drittverwendung zugeführt werden". Anstelle einer Nachnutzung für Büro oder Handel sei dann sogar von Abriss auszugehen. Die Lage des Grundstücks sei "sehr gut", der Bau aus architektonischer und technischer Sicht "sehr hochwertig". Natürlich sei aber "ein kalkulatorischer Gewinn" des Investors enthalten.

Gerd Schmelzer selbst hatte kürzlich im U-Ausschuss als Zeuge gesagt, "natürlich muss sich das auch rechnen". Es sei ihm aber nicht "scheißegal" gewesen, was er da an einem prominenten Platz Nürnbergs baue, sondern eine "Herzensangelegenheit" - er wollte "etwas Wertiges machen", auch für die Stadt. Die Kalkulation der Miete sei "fair". Ein früherer Mitarbeiter von Schmelzers Immobiliengruppe nannte auf Nachfrage von Abgeordneten verschiedene Risiken, die der Vermieter beim Projekt tragen musste. Auch sein Unternehmen, fügte er an, "arbeitet nicht für Gotteslohn".

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Im Untersuchungsausschuss zum Nürnberger Zukunftsmuseum folgt ein wichtiger Zeuge auf den nächsten. Der Vermieter der Immobilie betont, dass Markus Söder nicht auf ihn "eingewirkt" habe.

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Grüne, SPD und FDP hatten 2021 schon einen Sachverständigen beauftragt, der im Vertrag eine Schieflage zu Schmelzers Gunsten erkannte, eine Übervorteilung des Freistaats. Außerdem verweist die Opposition auf den Obersten Rechnungshof. Der ORH hatte in einem Zwischenfazit seiner Prüfung festgestellt, der Vertrag falle "vermieterfreundlich" aus. Auf alles in allem 200 Millionen Euro summierte der ORH die Kosten für die öffentliche Hand, über die 25-jährige Laufzeit. "Problematisch" ist es demnach, dass vor dem Zuschlag für Schmelzers Augustinerhof keine offene Markterkundung mit vielleicht wirtschaftlicheren Alternativen stattgefunden habe. Und dass kein Kauf einer Liegenschaft erwogen wurde.

Tatsächlich heißt es auch im Colliers-Gutachten, dass es "äußerst selten vorkommt, dass Museen einen Mietvertrag abschließen. Derartige Nutzer bauen in der Regel für sich selbst". Im vorliegenden Fall "war anscheinend der Erwerb nicht möglich oder gewollt und ein alternativer adäquater Standort nicht vorhanden". Die Opposition sieht nicht nur darin nach wie vor offene Fragen, Verena Osgyan (Grüne) teilte nach der jüngsten Sitzung mit: "Zentrale Verdachtsmomente wie gravierende Verstöße gegen das Vergaberecht und Ungereimtheiten beim Standortauswahlprozess harren noch immer der Aufklärung."

Der Vorsitzende des U-Ausschusses, Josef Schmid (CSU), sagte auf Nachfrage der SZ: Nachdem zwei Gutachten die Mietkonditionen "als völlig marktüblich" bezeichnet haben, erkenne er beim ORH ein "offensichtliches Fehlurteil". Das zeige zudem, dass "alle Angriffe gegen Markus Söder nur Wahlkampfgetöse sind". Diesen Freitag kommt Ex-Ministerpräsident Horst Seehofer als Zeuge in den Ausschuss. Dessen Kabinett hatte 2014 eine "Nordbayern-Initiative" beschlossen - in deren Zuge Söder als Finanzminister offenbar auf die Idee eines Zukunftsmuseums in seiner Heimatstadt kam, die er dann in den Folgejahren vorantrieb.

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