Süddeutsche Zeitung

Gunzenhausen:Center Parcs schlägt Misstrauen entgegen

Im Fränkischen Seenland könnte eines der größten Tourismusprojekte entstehen. Gejubelt wird dort aber nicht darüber - im Gegenteil. Kommunalpolitiker äußern Vorbehalte.

Von Clara Lipkowski, Gunzenhausen

In einer Sache war man sich am Montag in Gunzenhausen einig: Das Fränkische Seenland braucht strukturelle Verbesserungen, mehr touristische Angebote, mehr Auslastung in Hotels und Gasthöfen und das am besten ganzjährig. Doch über das Wie waren in der Stadthalle, gelinde gesagt, nicht alle glücklich.

Der Bürgermeister der Stadt Spalt, Udo Weingart, zum Beispiel, wandte sich ziemlich sauer an die beiden Vertreter von Center Parcs. Der Deutschlandchef des französisch-niederländischen Unternehmens, Frank Daemen, und der Projektbeauftragte, Jan Janssen, waren in die Stadt gekommen, um Fragen zu beantworten, nachdem kürzlich bekannt geworden war, dass der Ferienpark-Betreiber den Zuschlag bekommen hatte, nahe dem Kleinen Brombachsee bei Langlau zu bauen.

Pläne dazu gab es offenbar bereits seit 2018, Bürgerinnen und Bürger hatten davon aber nichts gewusst, ebenso wenig so mancher Kommunalpolitiker, unter ihnen Weingart. Er ist überdies Mitglied im Zweckverband Brombachsee, der ebenfalls nicht informiert war. "Wenn man so was aus der Zeitung erfährt, ist das eine saublöde Situation." Er habe eine Verantwortung gegenüber Bürgern, die ihn nun fragten: Verhandlungen? Schon seit zwei Jahren?

Den Ärger konnte Jan Janssen, der das Gelände für Center Parcs mit ausgesucht hatte, nicht nachvollziehen. Dass man vor zwei Jahren dort gewesen sei, heiße nicht, dass das Projekt damit einen Status habe, man habe 40 Liegenschaften besichtigt, da sage man nicht in jedem Ort Bescheid, dass man sich jetzt einen Wald angucke und "dabei vielleicht an Center Parcs" denke. Man habe die "Top 3" gewählt, diese mit dem Aufsichtsrat besichtigt, sich für die Gegend bei Langlau entschieden und am Bieterverfahren der Bundesanstalt für Immobilien (Bima) teilgenommen. Erst am 30. Juli 2020 habe schriftlich der positive Bescheid der Bima vorgelegen.

In Deutschland gibt es bereits sechs vergleichbare Parks, achtzehn weitere in Europa, sogar in China soll das Ferienkonzept mit dem Namen "Sun Parks" etabliert werden.

Die Region muss gefördert werden, klar. Aber so?

Nach dem Zuschlag für die "Muna" bei Langlau habe man in wenigen Tagen Landrat und Bürgermeister informiert, sagte Janssen. Für ein börsennotiertes Unternehmen sei das Vorgehen normal, aber noch nirgends habe er so eine Stimmung erlebt. "Ich bin schockiert, dass man hier diese Chance nicht sieht." Udo Weingart entgegnete: "Es war ein äußerst schlechter Beginn." Die Vizepräsidentin des mittelfränkischen Bezirkstags, Christa Naaß, kritisierte, Bürgerinnen und Bürger sei die Möglichkeit genommen worden, mitzureden, etwa über Ausschüsse in kommunalen Gremien. Manuel Westphal, Landrat von Weißenburg-Gunzenhausen, verteidigte sich: Er habe am 29. Juni auf das Bieterverfahren hingewiesen, vorher sei er nicht in Verantwortung gewesen.

In der Seenregion ging in den vergangenen zehn Jahren die Zahl der Gästebetten um knapp 2500 zurück, viele Gaststätten sind tagsüber geschlossen. Dass eine Förderung nötig ist, darüber ist man einig. Befürchtet wird aber, dass die geplante 150 Hektar große Anlage die Region überlastet, etwa durch An- und Abreiseverkehr für womöglich 800 Häuser. Manch Politiker hätte lieber dezentrale Angebote geprüft.

Unklar ist, ob Center Parcs ein eigenes Abwassersystem baut, wie der Müll entsorgt wird und ob sich die Kaufkraft auf den Park beschränkt oder die ganze Region profitiert. Deutschlandchef Daemen bemühte sich am Montag, die Vorteile zu betonen: Man schaffe Tarif-Arbeitsplätze, beauftrage für Bau und Ausstattung lokale Firmen, ordne die Architektur der Natur unter und öffne den Park für Tagesgäste.

Derzeit befindet sich Center Parcs mit der Bima in Vertragsverhandlungen. Studien sollen nun klären, wie genau das Gelände, auf dem früher eine Munitionsanstalt stand, demilitarisiert werden muss, an vielen Stellen ist es verseucht. Mitte Oktober sollen dann weitere Informationsveranstaltungen folgen.

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SZ vom 02.09.2020/infu
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