Grundversorgung:Auf dem Land sterben die Läden

Dorfladen Schöngeising

Ein Laden im Dorf ist oft nicht nur der Ort, an dem der tägliche Einkauf erledigt werden kann, sondern er ist auch Treffpunkt für die Einwohner.

(Foto: Günther Reger)
  • Landkreise wie Hof, Neustadt an der Waldnaab und Bad Kissingen haben in den vergangenen zehn Jahren ein Drittel ihrer Lebensmittelgeschäfte verloren.
  • Die Zahlen stammen aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums.
  • Ein Bürgermeister der ländlichen Region macht auch die Landesregierung für das Ladensterben verantwortlich.

Von Lisa Schnell

Thomas Knauer (SPD) macht, was man so macht als Bürgermeister einer kleinen Gemeinde wie Döhlau im Landkreis Hof. Er stattet Besuche ab zu runden Geburtstagen und goldenen Hochzeiten und da hört er die Klagen der Älteren im Ort. Dass es keinen Laden mehr gibt, in dem man Obst und Brot kaufen kann. Dass es wirklich mühselig ist, immer nach Hof zum Einkaufen zu fahren.

Viele der älteren Bewohner haben kein eigenes Auto, die Busse fahren nicht einmal im Stundentakt. Wer bei einem Einkauf die Butter vergessen hat, der muss womöglich eine Woche warten, bis der Nachbar ihn wieder mitnimmt. Mehr als 2000 Einwohner des Ortsteils Tauperlitz haben nun seit zwei Jahren keinen Laden mehr in unmittelbarer Nähe, in dem sie Gemüse und Milch kaufen oder aber einfach ihren Dorfplausch halten können. "Das ist wirklich ein Problem. Wir haben ein Ladensterben auf dem Land", sagt Knauer und er spricht damit wohl vielen seiner Kollegen aus der Seele.

In fast jeder vierten Gemeinde in Bayern gibt es keinen Lebensmittelmarkt mehr. Landkreise wie Hof, Neustadt an der Waldnaab und Bad Kissingen haben in den vergangenen zehn Jahren sogar ein Drittel ihrer Lebensmittelgeschäfte verloren. Monatlich machen in Bayern im Schnitt fünf Läden zu, wie eine Betrachtung der vergangenen 15 Monate ergab. Die Zahlen stammen aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des SPD-Sprechers für kommunale Daseinsvorsorge, Klaus Adelt.

Insgesamt gibt es heute zehn Prozent weniger Lebensmittelläden als noch vor zehn Jahren. Das wirkt auf den ersten Blick nicht wirklich dramatisch. Aber das Problem liegt vielmehr in der unterschiedlichen Verteilung. So sind ostbayerische Landkreise sehr viel stärker betroffen als Boom-Regionen wie München oder Ingolstadt, wo die Ladendichte eher steigt als sinkt. Es sei jedoch die Aufgabe des Freistaats, für gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Bayern zu sorgen, sagt Bürgermeister Knauer.

Supermärkte dürfen nun bis zu 1200 Quadratmeter groß sein

Durch das Ladensterben gebe es "deutlich schlechtere Lebensbedingungen für Menschen im ländlichen Raum", sagt Markus Ganserer von den Grünen. Dabei hätte die CSU-Regierung mit ihrer letzten Änderung des Landesentwicklungsprogramms (LEP) als "Brandbeschleuniger" gewirkt, indem sie größere Verkaufsflächen für Supermärkte zuließ: bis zu 1200 Quadratmeter.

"Die kleinen Läden kriegen dadurch noch größere Konkurrenz", sagt Bürgermeister Knauer. Aus dem Wirtschaftsministerium, damals für das LEP verantwortlich, wird dieselbe Regelung allerdings als "Erleichterung der Ansiedlung des Lebensmitteleinzelhandels in kleineren Kommunen" angesehen. Außerdem verweist man darauf, dass die Mobilität der Bürger nicht an Gemeindegrenzen ende.

Alexander Muthmann von den Freien Wählern fordert vom heute für Landesplanung zuständigen Finanzminister Markus Söder "deutlich höhere Fördergelder" etwa für Dorferneuerungsmaßnahmen. Aus dem Finanzministerium heißt es, der neue LEP-Entwurf sei gerade "auf die Stärkung des ländlichen Raumes ausgerichtet". Vor allem Dorf- und Stadtteilläden, die von Bürgern meist als Genossenschaft geführt werden, müssten besser unterstützt werden, meint SPD-Mann Adelt. Er fordert, die Nahversorgung als kommunale Pflichtversorgung festzuschreiben. Das Innenministerium lehnt das als "Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung" ab.

Bürgermeister Knauer würde einen Dorfladen unterstützten, er sieht nur ein Problem: Die meisten kaufen am Ende doch in den großen Supermärkten ein. Wer einen Dorfladen möchte, der müsse dort eben auch einkaufen.

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