Grundschulen:Freistaat will Mittagsbetreuung übernehmen

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Grundschüler machen am Nachmittag ihre Hausaufgaben. (Foto: Patrick Seeger/dpa)

Der bayerische Kultusminister will innovativ sein und die Ganztagsbetreuung an den Grundschulen neu organisieren. Spaenle plant dafür 200 Millionen Euro pro Jahr ein. Das Angebot soll für die Kinder kostenlos sein - allerdings nur unter Bedingungen.

Von Tina Baier und Christian Sebald, München

Die Staatsregierung will die Ganztagsbetreuung an den Grundschulen neu organisieren. Das geht aus einem Papier von Kultusminister Ludwig Spaenle hervor, das vor dem Kommunalgipfel von Ministerpräsident Horst Seehofer und den Kommunalen Spitzenverbänden an diesem Donnerstag bekannt geworden ist. Die "wesentliche Innovation" ist demnach die Einführung "offener Ganztagsangebote" an den Grundschulen und der Grundschulstufe der Förderschulen. Sie sollen die verlängerten Mittagsbetreuungen ablösen, die in der Regel bis 15.30 oder 16 Uhr gehen. Spaenle will damit das "Nebeneinander von schulischen Ganztagsangeboten und Angeboten freier bzw. kommunaler Träger beenden" und "eine einheitliche Organisation und Verantwortung aller Betreuungsangebote" ermöglichen.

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Für die Kinder dürfte sich freilich erst einmal wenig ändern. Wie in vielen jetzigen Mittagsbetreuungen erhalten sie nach dem Unterricht ein Mittagessen, danach können sie spielen oder Hausaufgaben machen. Für die Eltern ändert sich schon mehr. Da die offene Ganztagsbetreuung nun eine schulische Veranstaltung ist, ist sie - mit Ausnahme des Mittagessens - künftig kostenfrei. Die Einführung der offenen Ganztagsangebote soll vom Schuljahr 2015/2016 an mit einem Modellversuch beginnen. Zunächst will der Freistaat 300 offene Gruppen einrichten. Auf Antrag der jeweiligen Kommunen sollen in den Folgejahren bis zu 1000 weitere Gruppen geschaffen werden. Dem Vernehmen nach will sich Spaenle die Neuorganisation 200 Millionen Euro im Jahr kosten lassen.

Kurzbetreuung nur, wenn die Kommunen mitzahlen

Insgesamt will Spaenle den Schulen und Kommunen sehr viel Freiheit einräumen. Sollten sie zum Beispiel unbedingt ihre Mittagsbetreuungen unter bisheriger Trägerschaft beibehalten wollen, soll auch dies möglich sein. Mittagsbetreuungen bis 14 Uhr sieht Spaenle dagegen nicht als schulisches Ganztagsangebot an. Sie darf es zwar weiter geben - aber nur, wenn sich die Kommunen finanziell beteiligen.

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Insgesamt will der Minister die Position der Kommunen stärken. Sie sollen künftig entscheiden, ob an einer Schule ein Ganztagsangebot eingerichtet wird oder nicht. Bisher mussten das auch die Schulen wollen. In Zukunft sollen diese nur noch beim pädagogischen Konzept mitreden dürfen. "Somit erhalten die Kommunen bei der Ausgestaltung ihrer sozialen Infrastruktur deutlich erweiterte Spielräume und haben künftig die Möglichkeit, an allen geeigneten Schulen bedarfsgerechte Ganztagsangebote einzurichten", schreibt Spaenle.

Die Kommunen melden mehr Bedarf an

Den Kommunen reicht Spaenles Angebot bei weitem nicht aus. Schon vor ihrem Gespräch mit Seehofer machten ihre Vertreter klar, dass sie den Freistaat sehr viel mehr in die Pflicht nehmen wollen. "Spaenles Vorschläge können allenfalls ein Einstieg in ein sehr viel stärkeres Engagement des Freistaats sein", sagte Jürgen Busse, der Geschäftsführer des Bayerischen Gemeindetags, in dem vor allem die ländlichen Kommunen organisiert sind. So will der Freistaat die offene Ganztagsbetreuung nur bis 16 Uhr anbieten.

Und in den Ferien will er sich - wie bisher - ganz heraushalten. Wenn eine Kommune ein Angebot über 16 Uhr hinaus oder eine Ferienbetreuung wünscht, muss sie dafür selbst aufkommen. "Das kann es nicht sein", sagt Busse, "die Lebensrealität in den Familien ist eine andere." Die Ganztagsangebote müssten bis 18 Uhr ausgedehnt werden und natürlich auch während der Schulferien stattfinden. "Das muss alles aus einem Guss sein", heißt es auch beim Städtetag. Die Kommunalverbände haben sich bereits auf schwierige Verhandlungen eingestellt.

© SZ vom 06.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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