400 Bierflaschen, 600 Weinflaschen unterschiedlicher Größe und auch 200 Flaschen Champagner zählt eine historische Inventarliste unter anderem als Getränke auf, die zur Eröffnung des Grüntenhauses eingelagert waren. 1854 eröffnete Carl Hirnbein auf dem Grünten das erste Berghotel in den Allgäuer Bergen. Den "Alpkönig" nennen sie Hirnbein noch heute in der Region, er war nicht nur im Tourismus ein Pionier, dem heute wichtigsten Wirtschaftszweig im Süden Schwabens. Die Gäste sollten etwas Ordentliches zu trinken bekommen, sie sollten es aber auch sonst komfortabel haben, so ist es in einer Festschrift zum 150-jährigen Bestehen nachzulesen. Touristen erhielten auf Wunsch eine Molkekur, zum Berghaus knapp unterhalb des Gipfels durften sie hinaufreiten, auf einem gut ausgebauten Weg.
Genau von diesem Weg ist heute nicht mehr viel übrig, was die Nachfahren Hirnbeins zunehmend vor Probleme stellt: Das Grüntenhaus, sagt Ur-Ur-Ur-Enkel Werner Kollmann, müsse grundlegend saniert werden, die Pächter der Hütte und Alpe benötigten einen ordentlichen Fahrweg, um den Betrieb weiter bewirtschaften zu können. "Das ist heute einer der schlechtesten Wanderwege im Allgäu, der eher einem Bachbett entspricht", sagt Kollmann. Naturschützer sind von den Plänen weniger begeistert, sie warnen vor zu fällenden Bäumen und nicht gerechtfertigten Eingriffen in die Natur. Die Gemeinde Burgberg hat nun dennoch mit einer knappen Abstimmung ein Votum für den Ausbau des Weges gegeben - entscheiden wird am Ende das Landratsamt.
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Kollmann betont, dass niemand dort oben ein Wellnesshotel hinstellen wolle. Am Grünten, der aufgrund seiner exponierten Lage auch "Wächter des Allgäus" genannt wird, tobt seit Jahren ein Streit über die nicht mit dem Grüntenhaus zu verwechselnde Grüntenhütte und Pläne einer Investorenfamilie, diese Bergwirtschaft auszubauen, mit neuen Seilbahnen und touristischer Attraktion. Um das Projekt, das großen Widerstand im Allgäu provozierte, ist es inzwischen still geworden. "Wir beabsichtigen nicht, dass das Grüntenhaus ein großes Ertragsobjekt wird", sagt Kollmann. Es sei allerdings seit den 1950er-Jahren nicht mehr umfassend instand gesetzt worden. "Für uns ist es eine familiäre Verpflichtung, das Haus zu erhalten."
Bei einer Reise in die Schweiz hatte sein Vorfahre Hirnbein auf dem Bergmassiv Rigi übernachtet, er hatte dort die Auswahl zwischen mehreren Gasthöfen. So etwas wollte er in seiner Allgäuer Heimat auch, damals touristisch noch unerschlossenes Gebiet. Überhaupt gilt Hirnbein im Allgäu als Revolutionär, er half entscheidend mit, in dem damals armen Landstrich eine ausgeprägte Milchwirtschaft zu etablieren. 13 Monate dauerte der Bau des Gasthauses auf dem Grünten, sogar einen keinen Hotelshop mit Literatur über das Allgäu und Stahlstichen vom Grünten ließ Hirnbein einrichten. Neben Flugblättern warb der Geschäftsmann mit Zeitungsannoncen für seine Touristenattraktion - sogar im Magdeburger Generalanzeiger, also bis weit über Bayern hinaus.
Im nächsten Jahr müssen Pächter gefunden werden
Solch ein historisches Gebäude müsse erhalten werden, findet Kollmann. Es gibt eine Seilbahn direkt zum Gipfel, auf dem ein Sendemast des Bayerischen Rundfunks steht. Allerdings könne Baumaterial von dort nicht ohne Weiteres zum Grüntenhaus transportiert werden. Eine eigene Seilbahn zu bauen, wäre deutlich teurer als ein Ausbau des Wanderwegs, Transportflüge mit einem Hubschrauber wären auch nicht zielführend, um schweres Material zu befördern und auch der Kosten wegen. Bleibt aus Sicht Kollmanns ein Ausbau des zwei Kilometer langen Wegs, der auch für die zum Haus gehörende Alpe unabdingbar sei. Im nächsten Jahr muss Kollmann neue Pächter finden. Es sei schwer, Landwirte zu mobilisieren, die noch Vieh hochtreiben, Bewerber wollen mit einem Auto rauf- und runterfahren können. "Die müssen auch mal schnell runter in den Ort, um ihre Kinder zu betreuen."
Vor vielen Jahren hat die Familie Kollmann schon einmal einen Anlauf unternommen, den Weg auszubauen. Der Widerstand war groß. "Dann haben wir es halt gelassen", sagt Kollmann. "Jetzt müssen wir aber etwas tun." Er wolle nichts veranlassen, was nicht genehmigungsfähig sei, nun aber die nächsten Schritte anleiern. "Die Einschnitte werden durch das Landratsamt geprüft. Ich glaube nicht, dass sie dramatisch ausfallen."