Grünen-Landeschefin Schopper:Auf dem Nebengleis

Grünen-Landeschefin Schopper: Das Wäldchen unterhalb des Maximilianeums hat Theresa Schopper bisher nur von oben gesehen. Jetzt hat sie Zeit zum Spazieren.

Das Wäldchen unterhalb des Maximilianeums hat Theresa Schopper bisher nur von oben gesehen. Jetzt hat sie Zeit zum Spazieren.

(Foto: Catherina Hess)

Sie würde einen Schweinsbraten jedem Veggie-Day vorziehen und nach Berlin nimmt sie den Flieger: Es sind die letzten Tage von Theresa Schopper als Grünen-Landeschefin. Ein Spaziergang mit einer, die an ihrer Partei oft verzweifelte - und doch milde gestimmt ist.

Von Frank Müller

Wer mit Theresa Schopper durch die Münchner Altstadt geht, der macht einen Stadtspaziergang eigener Art. Die Noch-Vorsitzende der Grünen steht am Viktualienmarkt, es ist das Herz der Stadt. Ihr Mann, Boris Schwartz, ist der Chef der Großmarkthalle und damit auch der Leiter des Viktualienmarkts.

Es sind ein paar Schritte Richtung Rathaus. Wäre Theresa Schoppers Mann nicht seit Jahrzehnten eine feste Größe in der Münchner Kommunalpolitik, könnte sie dort vielleicht vom nächsten Frühjahr an Bürgermeisterin sein. Nicht erste, aber vielleicht zweite oder dritte. Doch der Mann als Behördenchef und die Frau als Dienstvorgesetzte - diese Art von Küchenkabinett wollten die Schoppers dann doch nicht eingehen. Diesmal steckte sie zurück, im Vorwahlkampf, so wie er schon zuvor, das ist jetzt ein Jahr her. Eine Chance zieht vorbei, wieder eine. Eine Weiche, das Leben sucht sich ein Nebengleis.

An diesem Wochenende kommt wieder so eine Weiche. Theresa Schopper hätte in der Spur bleiben können und noch einmal zwei Jahre als Landeschefin der bayerischen Grünen dranhängen. Sie wollte nicht mehr. Deswegen werden die Grünen auf einem Parteitag in Augsburg nun die Landshuterin Sigi Hagl zur neuen Chefin wählen. Und Theresa Schopper? "Ich bin jetzt auf Jobsuche", sagt sie trocken. Sie hat ein paar Ideen, aber weiß selbst noch nicht, was aus ihr wird. Es gab Grüne, die sie zur neuen Bundesgeschäftsführerin der Partei machen wollten. Schopper mochte nicht.

Weitergehen, das Rathaus bleibt links liegen, es ist ein kalter Novemberdienstag. Schopper läuft, mit Mantel und Schal, Richtung Norden. Da liegt die Staatskanzlei. Hätten SPD, Grüne und die Freien Wähler die Landtagswahl nicht so grandios vergeigt, könnte Theresa Schopper dort nun regelmäßig am Kabinettstisch sitzen. Als Gesundheitsministerin vielleicht. "Oder als Sozialministerin", sagt sie. Ein Ministerposten wäre ihr sicher gewesen. Hätte, könnte, würde. Theresa Schopper macht ein unerwartet vergnügtes Gesicht. "Ich bin überhaupt nicht unglücklich, ganz im Gegenteil."

Das sagt man so als Politiker, wenn ein Karriereabschnitt nicht geklappt hat. Im Fall Schopper muss man annehmen, dass es die Wahrheit ist. Zehn Jahre lang macht sie nun den Job, sie haben sie nicht politikverdrossen gemacht, aber Spuren hinterlassen. "Ich bin jetzt Mitte 50", sagt sie. In Wahrheit ist sie erst 52 Jahre alt. Von Anfang an ist sie die Frau, die aufbaut. Eine, die positiv denkt, die nicht nachtritt.

Eine, die das Gesicht der Grünen so verkörpern kann, dass eigentlich in Bayern für sie viel mehr drin sein müsste als die schmachvollen 8,6 Prozent bei der Landtagswahl. Theresa Schopper ist eine, die auch mit CSU-Politikern gut kann, die einen Schweinsbraten jedem Veggie-Day vorzieht und die kein Problem damit hat zuzugeben, dass sie zur Vorstandssitzung in Berlin das Flugzeug nimmt. Was ihr andererseits fehlt, weiß sie selber auch: das letzte Quäntchen Killerinstinkt, das Durchsetzen um jeden Preis.

Mit der Kraft des Guten

Sie biegt rechts ein in die Maximilianstraße, an deren Ende steht das Maximilianeum. Der Sitz des Landtags. In dem sitzt sie nun auch nicht mehr. Das Leben wollte es anders. Man kann auch sagen: Sie hat es selbst verbockt. Als sich die Grünen zu ihrer Kampagne für die Landtagswahl anschickten, Margarete Bause zur Spitzenkandidatin zu machen, da wich Theresa Schopper einem Kampf um die Spitzenkandidatur aus. Sie fand es eine gute Idee, nach Schwaben zu gehen, wo ihre familiären Wurzeln liegen.

Und dort für den Landtag zu kandidieren. Was sie dabei nicht bedachte: dass die Grünen nach innen genauso fest treten können wie jede andere Partei. Vielleicht sogar noch härter, weil man meint, es mit der Kraft des Guten zu tun. Im Wettstreit mit den örtlichen Platzhirschen ging Schopper unter. Heraus kam ein schlechter Listenplatz, im Wahlkampf beäugten sich alle misstrauisch gegenseitig. So etwas geht bis hin zum Verbot, das Terrain des internen Konkurrenten zu Wahlkampfzwecken zu betreten. Am Ende kam es, wie es kommen musste: Schopper flog aus dem Landtag, es hätte ein Wunderergebnis gebraucht für den Wiedereinzug. Doch stattdessen gab es ein Debakel.

Man geht weiter, hoch die Maximilianstraße, der Landtag kommt näher. Links und rechts die Isarauen, Schopper hat Zeit. Durch die Bäume streifen, sich hinsetzen. "An dieser Stelle war ich noch nie", sagt sie. Klar, von oben im Landtag hat sie während ihrer 15-jährigen Mitgliedschaft immer heruntergeschaut. An der Isar selbst ist sie oft entlanggeradelt. Aber hier oben stehen, in dem Wäldchen am Maximilianeum, das ist neu. Schopper denkt nach, sie denkt über das nach, was sie mochte.

Und das, was ihr nie gefiel. Sich mit Konkurrenten zu fetzen, die ihre Meinung ebenso geradeaus vertreten wie sie, das gefällt ihr. Am Abend zuvor war sie beim Abschied der Bayerischen Wirtschaft für ausgeschiedene Parlamentarier. Deren Chef Bertram Brossardt ist einer, mit dem man sich in aller Ruppigkeit anrempeln kann, um sich danach wieder zu verstehen. "Das mag ich." Als Markus Söder noch Umweltminister war, war sie seine Gegenspielerin. Auch mit ihm kam sie klar. "Sogar mit dem Söder", sinniert sie.

Es ist beileibe nicht so, dass sie die Gegenspieler lieber mag als die eigenen Leute. Die umgekehrte Garantie gibt es aber auch nicht. Der letzte Ärger über die eigene Partei ist erst ein paar Tage her. Theresa Schopper hätte die Olympischen Spiele gerne in München gehabt. Die Kampagne der Grünen dagegen hat ihr überhaupt nicht gefallen. "Diese Hochstilisierung des IOC zu einer Macht des Bösen", sagt sie. Wenn der politische Konkurrent zum Feind wird, das gefällt ihr überhaupt nicht. Vielleicht auch weil sie noch weiß, wie es war in den Anfängen der Grünen: als sie von der CSU behandelt wurden wie der Gottseibeiuns.

Zehn Jahre an der Spitze, die zweite Hälfte davon mit dem 15 Jahre jüngeren Dieter Janecek, die erste Hälfte mit der Grünen-Legende Sepp Daxenberger. An ihn denkt sie viel zurück, auch an diesem Tag, als sie durch München läuft. Der Münchner Party-Organisator Franz Jüttner ist tot, steht an den Zeitungskästen. Schopper kannte ihn. "Jünger als ich", sagt sie. "Die Einschläge kommen näher."

Oben am Landtag. Schopper muss noch arbeiten. Ob sie dazu in den Landtag geht? Nein, sagt sie. Und geht weiter.

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