Grünen-Chefin Claudia Roth:"Die Bayern lassen sich nicht huberisieren"

Über die neun Prozent bei den bayerischen Landtagswahlen können sich die Grünen freuen. Parteichefin Claudia Roth über Debakel der CSU und wie es im Maximilianeum weitergeht.

Oliver Das Gupta

sueddeutsche.de: Frau Roth, Sie strahlen...

Sepp Daxenberger und Claudia Roth von den Grünen; dpa

"Das Beste, was wir in Bayern je eingefahren haben" - Grünen-Chefin Claudia Roth mit dem bayerischen Spitzenkandidat Sepp Daxenberger, der seine Partei mit 9 Prozent ins Maximilianeum führt.

(Foto: Foto: dpa)

Claudia Roth: Ich bin so stolz auf unser Wahlergebnis - das Beste, was wir in Bayern je eingefahren haben.

sueddeutsche.de: Die Grünen haben allerdings nur wenig zugelegt angesichts der Gewinne von Freien Wählern und der FDP. So ganz zufrieden können Sie also nicht sein?

Roth: Iwo. Wir haben eben nicht im großen Stil Leihstimmen erhalten wie andere. Wir haben uns für unsere Politik und unsere Positionen gewählt und nicht, um andere abzustrafen.

sueddeutsche.de: Sie sind selbst im bayerischen Schwaben aufgewachsen. Was hat sich im Freistaat verändert?

Roth: Außerhalb von Bayern hat man uns als Grüne in Bayern früher fast bemitleidet. Nach dem Motto: Ich könnt machen was ihr wollt, am Ende regiert trotzdem die CSU mit absoluter Mehrheit - seit heute denkt niemand mehr so. Das ist Vergangenheit. Die CSU hat das immer noch nicht verstanden. Sie glauben, Bayern gehöre ihnen.

sueddeutsche.de: Hand aufs Herz: Mit welchem CSU-Ergebnis haben Sie vor einer Woche gerechnet?

Roth: Ich dachte, naja, so 48, 49 Prozent. Und dann ein solches Desaster! Allerdings habe ich schon mitbekommen, dass dieses Jahr die Stimmung anders ist. Man hatte schon gemerkt, dass die CSU verunsichert ist, auch in persönlichen Gesprächen.

sueddeutsche.de: Was haben Ihnen die Christsozialen denn gesagt?

Roth: Sie meinten, sie wollten gerne unser Huber/Beckstein-Plakat: "Geht mit Gott. Aber geht." Bisherige CSU-Wähler sagten auch, es sei unanständig, sich für Atomkraftwerke einzusetzen und den Müll dann weit weg von Bayern, nach Gorleben, lagern zu wollen. Und auf dem Landwirtschaftsfest auf der Münchner Theresienwiese sagten mir konservative Menschen, sie würden sich ein CSU-Ergebnis unter 50 Prozent wünschen.

sueddeutsche.de: Franz Maget will nun eine Regierung bilden - ein verwegenes Unterfangen angesichts der 19 Prozent der SPD?

Roth: Wenn die CSU 17 Prozentpunkte verliert, dann ist das ein Erdrutsch, ein Abwärtsstrudel - und eine klare Abwahl. Warum sollten die anderen vier nun sicher im Landtag vertretenen Parteien keine Koalition bilden? Der Ansatz Magets ist richtig. Und wenn jetzt manche sagen, das bürgerliche Lager habe die Mehrheit, muss ich sagen, mit Verlaub: Das ist einfach ein Schmarrn. Es gibt doch einen klaren Wählerauftrag, eine andere Politik zu machen.

sueddeutsche.de: Was heißt das?

Roth. Die FDP sollte sich gut überlegen, was sie tut - ausgerechnet sie, die plakatiert hat: Der deutlichste Kontrast zu Schwarz ist Gelb. Nun soll die FDP zeigen, dass Sie das auch ernst gemeint haben und nicht als Steigbügelhalter enden will. Obendrein wird es jetzt bei der CSU drunter und drüber gehen.

sueddeutsche.de: Haben Sie eigentlich ein bisschen Mitleid mit den CSU-Granden Huber und Beckstein? Schließlich badeten sie auch das aus, was die Wähler an Stoiber ärgerte.

Roth: Warum sollte ich mit denen Mitleid haben? Das CSU-Fiasko liegt auch an Herrn Beckstein, der versprochen hatte, dieses Land mit einer anderen politischen Kultur zu regieren. Er und Huber haben wie eh und je den politischen Gegner diskreditiert - und dieser miese Stil verfängt nicht mehr. Es gibt auch viele Wertkonservative, die sagen: Nein, man darf Willy Brandt nicht schlecht machen, man soll nicht behaupten, die Grünen würden DDR-Verhältnisse anstreben, man muss nicht von Kreuzzügen reden. Die Bayern lassen sich nicht huberisieren: Es war völlig unglaubwürdig, jeden zweiten Tag ein neues Geschenk zu versprechen. So geht es nicht.

sueddeutsche.de: Und wen erwarten Sie künftig an der CSU-Spitze?

Roth: Die CSU ist ja sehr brutal in solchen Fragen. Bei denen will ich derzeit nicht einmal Mäusle spielen.

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