Grüne:Umstrittene Grundsteuer

Gutachten hält Neuregelung des Gesetzes für verfassungswidrig

Die von CSU und Freien Wählern im Kabinett bereits abgesegnete Novelle der neuen bayerischen Grundsteuer verstößt laut einem juristischen Gutachten gegen die Verfassung. "Ich habe erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bayerische Grundsteuer als Flächensteuer. Die Flächensteuer behandelt das in die Jahre gekommene Einfamilienhaus in Stadtrand-Lage genauso wie die Villa in der Innenstadt", sagte der Autor der Untersuchung, der Potsdamer Universitätsprofessor Thorsten Ingo Schmidt zum vorliegenden Gesetzentwurf der Staatsregierung. Auftraggeber des Gutachtens sind die Grünen im Landtag.

Finanzminister Albert Füracker (CSU) wies die Kritik am Sonntag zurück. "Das Bayerische Grundsteuermodell ist ein Musterbeispiel für ein unbürokratisches Steuergesetz, einfach und transparent", entgegnete er.

Am Donnerstag will das Parlament erstmals über das neue Gesetz beraten, welches die Grundsteuer von 2025 an neu regeln soll. Der Plan der Staatsregierung sieht vor, für die künftige Berechnung der Steuer nur die Grundstücks- und Gebäudeflächen zu berücksichtigen. Der Wert des Grundstücks und darauf befindlicher Immobilien bleibt außen vor. Die Grundsteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen. 2019 lag das Aufkommen bayernweit bei 1,89 Milliarden Euro.

"Die Grundsteuer der Regierung um Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist nicht nur ungerecht, sondern auch verfassungsrechtlich bedenklich", sagte der finanzpolitische Sprecher der Landtagsgrünen Tim Pargent. Bayern müsse seinen Sonderweg aufgeben. "Wir brauchen ein Bodenwertmodell, wie es in Baden-Württemberg bereits beschlossen ist. Wir Grüne fordern eine bayerische Grundsteuer, die einfach umsetzbar, sozial gerecht und verfassungsfest ist." Dafür müsse der Grundstückswert die Bemessungsgrundlage sein, der Bodenrichtwert müsse als Grundlage der Grundstücksbewertung herangezogen werden und die neue Grundsteuer müsse aufkommensneutral sein.

Laut Schmidt wird der in Artikel 3 des Grundgesetzes verankerte Gleichheitssatz durch die Steuerreform verletzt, da die Flächensteuer ohne sachlichen Grund Immobilien gleicher Größe, aber unterschiedlicher Lage, Art, Beschaffenheit, Alter und Ausstattung gleichbehandelt und die potenziellen Erträge von Immobilien ungleich besteuert. Das gelte auch für Artikel 118 in der Bayerischen Verfassung. Hintergrund für die Novelle ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2018. Die Karlsruher Richter erklärten damals die Grundsteuer in Deutschland für verfassungswidrig, weil mit veralteten Werten gerechnet wird, und forderten eine Neuregelung bis spätestens 2025.

Bayerns Konzept sieht vor, die Steuerlast unabhängig vom Wert des Grundstücks und der Immobilie zu ermitteln. Die Höhe der Steuer richtet sich nur nach der jeweiligen Grundstücksfläche und der Gebäudefläche, der Nutzung sowie dem von der Kommune festgesetzten Hebesatz.

Pargent und Grüne halten das Modell "für ungerecht und für eine vertane Chance, da keinerlei ökologische und baupolitische Lenkungswirkung vorhanden ist". Sie hoffen, dass bei der Beratung Nachbesserungen erzielt werden können. Zur Beratung im Plenum haben sie eine Reihe von Vorschlägen vorgelegt. "Sollte das Gesetz trotz aller Bedenken beschlossen werden, prüfen wir Grüne die Möglichkeit einer Verfassungsklage", betonte Pargent.

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