Zuversicht also. „Bayern verdient Zuversicht“, damit ist der Leitantrag überschrieben, den die Grünen am Wochenende bei ihrem Parteitag in Würzburg beschließen wollen. „Wir müssen jetzt handeln, damit wir alle wieder mit Zuversicht auf unsere Zukunft schauen können“, heißt es. Schon aus kleinen Erfolgen könne Zuversicht neu wachsen, und aus kleinen Erfolgen könnten große werden. Energiewende und Wirtschaft, die mit der Zuwanderung überforderten Kommunen, der demokratische Zusammenhalt im Land – es sei Zeit, den „Reformstau“ in Bayern zu beenden. Und zwar eben mit Zuversicht. Wobei da schnell die Frage aufkommt: Ist das nicht das, was vor allem die Grünen selbst dringend brauchen?
Vor der Landesdelegiertenkonferenz (LDK), wie das Treffen bei den Grünen heißt, haben die Parteichefinnen Eva Lettenbauer und Gisela Sengl am Mittwoch in München zum Pressetermin geladen. Zuversicht, zuversichtlich sein – das kommt in den Ausführungen der beiden exakt 16 Mal vor. Ein Ende der „Schlechtrederei“ in Deutschland und Bayern forderte Sengl. Gemeint ist aber mit der Zuversicht durchaus auch die eigene Partei.
Da war zunächst die Landtagswahl 2023, bei der die Grünen auf 14,4 Prozent kamen, minus 3,2 – man verlor die Oppositionsführung an die AfD. Vor allem auf dem Land waren die Ergebnisse mies, ganze Landstriche sind nun ohne grünen Abgeordneten – mit der personellen Besetzung der Fraktion droht eine Wahrnehmung als Partei für München und Speckgürtel. Dann die 11,8 Prozent bei der Europawahl, bei der man sogar in München erkennbar schwächelte. In Westdeutschland war das grüne Ergebnis nur in Rheinland-Pfalz und im Saarland schlechter als im Freistaat. Neulich in einer Umfrage zur Landtagswahl kamen die Grünen nur auf zehn Prozent.
Was tun gegen die Misere? Die Chefinnen wollen einen Image-Dreh für die Grünen dezidiert in Bayern, dieses Signal soll von der LDK ausgehen. Sie möchten nicht mehr als die gesehen werden, die immer gleich mit dem Kopf durch die Wand wollen in der Politik. Man werde mit „kleinen Schritten“ auf allen Politikfeldern vorgehen, „gemeinsam mit den Menschen“, zudem „bezahlbar und machbar“, erklärte Lettenbauer ausdrücklich. Das sei den Leuten „oft nicht so bewusst“ und ein zentraler Punkt der strategischen Ausrichtung. Sengl sprach von der wichtigen „Mitte“, über die Kernklientel hinaus. Und sie versprach Kampfgeist, etwa wenn es um das Poltern von Ministerpräsident Markus Söder und anderer CSU-Spitzen gegen Schwarz-Grün geht. Das sei „kompletter Unsinn“, so Sengl. „Wir müssen uns wehren. Die Zeit ist vorbei, wo wir uns hinstellen und uns alles gefallen lassen.“
Sengl, die 2023 den Wiedereinzug in den Landtag verpasste, war erst im Januar neu an die Spitze der Partei gewählt worden. Lettenbauer und sie sind ausweislich ihrer Terminpläne viel unterwegs im Land. Das ist ja eine weitere Strategie. „Raus, raus, raus“ in die Fläche hat es Fraktionschefin Katharina Schulze genannt. In Parteikreisen wird das so erklärt: Die Grünen seien bei den Bürgerinnen und Bürgern „die Buh-Leute der Nation“, übel angestachelt von der konservativen Konkurrenz. Dabei hätten viele Leute noch nie „mit einem leibhaftigen Grünen“ länger geredet. Nur in Dialog und Präsenz ließen sich Vorurteile abbauen.
Wer sich umhört in der Partei, vernimmt aber den Einwand: Ohne Stimmungsumschwung bundesweit dürften die Strategien wenig fruchten. In Würzburg angesetzt ist eine „Aussprache“ mit dem Noch-Bundeschef Omid Nouripour, außerdem kommen Franziska Brantner und Felix Banaszak, Bewerber um den Bundesvorsitz der Partei. Vize-Kanzler Robert Habeck soll am Sonntag digital zugeschaltet sein.
Ein Schwerpunkt der LDK ist bereits die Kommunalwahl 2026, ein weiterer die Migration. Dazu gibt es lebhafte Kontroversen auch im bayerischen Landesverband. Hier geht es vornehmlich, wie es in einem von mehreren Anträgen zum Thema heißt, um „die Unterscheidung zwischen fremdenfeindlich motivierten Einwänden gegen Geflüchtete und dem berechtigen Hinweis auf eine tatsächliche Überforderung bei der Aufnahme und Integration“.