Große Umfrage der SZ zur Landtagswahl:Was die Bayern von ihren Politikern halten

Was halten die Bayern von ihren Parteien? Umfragewerte zu Familien, Bildung, Wirtschaft und mehr.

Was denken die Bayern über ihre Spitzenkandidaten? Schadet die Verwandtenaffäre der CSU? Welche Themen bewegen die Bürger in Großstädten und auf dem Land? Die große Wahlumfrage der SZ gibt Antworten - in einer interaktiven Grafik.

Von Mike Szymanski

In drei Monaten, am 15. September, wählen die Bayern einen neuen Landtag. Im Auftrag der "Süddeutschen Zeitung" hat die Forschungsgruppe Wahlen abgefragt, welche Themen die Bayern bewegen, von wem sie gerne regiert werden möchten und welcher Partei sie was zutrauen. Auch wenn Ministerpräsident Horst Seehofer und seine CSU von der Rückkehr zur Alleinregierung träumen können, entschieden ist noch nichts, wie ein Blick in die Zahlen zeigt.

Wie schnell Unvorhergesehenes die politische Lage verändern kann, wurde auch Anfang der Woche deutlich, als das Forschungsinstitut seine Umfrage startete: Die Flut überlagert alles, nachdem in Oberbayern, Niederbayern und der Oberpfalz weite Landstriche unter Wasser setzen. Gefragt nach den derzeit wichtigsten Problemen antworteten 34 Prozent der Befragten: das Hochwasser.

Es verdrängt früher in Bayern leidenschaftlich diskutierte Probleme wie die Bildungspolitik oder aktuelle Aufreger wie die Verwandtenaffäre bayerischer Landtagsabgeordneter von der Spitze der politischen Agenda. Die überhitzten Wohnungsmärkte in den Ballungsräumen des Freistaats, die Sorge um den Job, die Angst vor einer sozialen Schieflage - alles wird derzeit als nicht so gravierend empfunden.

Ude überrascht als Womanizer

Als Bundespräsident Joachim Gauck vor einigen Monaten zum Antrittsbesuch in Bayern war, erklärte Seehofer, die Bayern hätten überhaupt keine Probleme. Das stimmt so auch nicht, aber eine gewisse Grundzufriedenheit lässt sich aus den Daten herauslesen. Beim Spitzenpersonal, das zur Landtagswahl antritt, zeigen sich überraschende Befunde. Während die SPD weiterhin bei nur Prozent dümpelt, liegt ihr Spitzenkandidat Christian Ude bei seinen persönlichen Werten fast gleichauf mit Amtsinhaber Horst Seehofer.

Die Befragten sollten bewerten, was sie von den Spitzenkandidaten halten. Auf einer Bewertungsskala von "Minus 5" - überhaupt nichts - bis "Plus 5" - sehr viel - erreichte Seehofer einen Wert von 1,3 und Ude von 1,2. So nahe sei ein SPD-Herausforderer lange nicht mehr an den Amtsinhaber herangekommen. Ude überrascht als Womanizer. Bei Frauen mittleren Alters hängt er Seehofer (0,5) mit einem Wert von 1,5 regelrecht ab. Seehofer hat seine Fans eher unter den Männern.

Überdurchschnittlich gute Bewertungen bekommt er bei Senioren und Ude bei den Jungen bis 29 Jahre. Der CSU-Chef kommt bei den einfachen Leuten gut an - wer Abi hat und womöglich studiert, neigt zu Ude. Könnten die Bayern ihren Ministerpräsidenten direkt wählen, hätte Seehofer mit 53 zu 35 Prozent aber klar gewonnen. Bitter für die Mitbewerber Martin Zeil von der FDP und Margarete Bause von den Grünen: Etwa die Hälfte der Befragten gab an, sie trauten sich kein Urteil zu, weil sie die beiden Politiker zu wenig kennen würden. Die FDP könnte einen Kandidaten mit Zugkraft dringend gebrauchen.

Bei den Grünen lässt sich angesichts der guten 13 Prozent bei der Sonntagsfrage nicht sagen, ob Bauses magere Bekanntheit der Partei schadet. Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger ist ein Fürst auf dem Land. In Dörfern und Kleinstädten kommt er am besten an, die Großstädter sehen ihn kritisch.

Schwer für die Opposition, die CSU zu packen

Wie schwer die Opposition sich tut, die CSU zu packen, zeigt sich auch an der Verwandtenaffäre. Wochenlang bestimmte das Thema die Schlagzeilen, besonders betroffen sind die Christsozialen. Sie hatten großzügig Familienangehörige auf Staatskosten bei sich beschäftigt. In der Bevölkerung gibt es offenbar eine große Bereitschaft, der Politik diese Verfehlungen durchgehen zu lassen.

Immerhin knapp zwei Drittel der Befragten gaben an, die Affäre habe eher keinen Einfluss auf ihre Wahlentscheidung. 70 Prozent der CSU-Anhänger denken so. Bei jenen 35 Prozent der Befragten, die sich überhaupt daran stören, fällt auf, dass sich deutlich mehr Frauen als Männer aufregen. Das Empörungspotenzial ist unter den Grünen-Anhängern mit 46 Prozent am ausgeprägtesten. Überdurchschnittlich hoch ist auch der Ärger bei Befragten mit niedrigen Bildungsabschlüssen.

Verblüffend ist, wie wenig Unterstützer das von der CSU eingeführte Betreuungsgeld selbst unter den eigenen Anhängern hat. Gerade einmal die Hälfte findet die neue Geldleistung für Familien, die ihre Kleinkinder zur Betreuung nicht in eine Krippe geben, richtig. 45 Prozent der CSU-Sympathisanten lehnen es ab, vier Prozent wissen nicht, was sie davon halten sollten. Insgesamt kommt das Betreuungsgeld bei 52 Prozent der Befragten in Bayern nicht gut an. Dabei hatte die CSU oft den Eindruck erweckt, die Familien im Freistaat würden nur darauf warten.

Wenn Schwarz-Gelb scheitert, was kommt dann?

Zu einem zentralen Wahlkampfthema könnte die Schulpolitik werden, konkret die Unzufriedenheit mit dem achtjährigen Gymnasium in Bayern. Die Freien Wähler sammeln Unterschriften für ein Volksbegehren, sie wollen zurück zum Abitur in neun Jahren. Die Schulen sollen die Freiheit bekommen, auch wieder G9-Züge anzubieten.

Die Wähler würden es begrüßen: 71 Prozent fänden eine Wahlfreiheit gut. Das setzt vor allem die CSU unter Druck, die sich bislang dagegen wehrt. Selbst 68 Prozent ihrer Anhänger sprechen sich für eine Wahlfreiheit aus. Auch die Grünen-Anhänger favorisieren mit 72 Prozent eine Wahlfreiheit, obwohl die Partei eine Rückkehr bislang ablehnt. Das eindeutige Ergebnis dürfte also auch in der Opposition noch für Debatten sorgen.

Für die FDP stellt sich weiterhin die Frage, ob sie nach dem Wahlabend in der Landespolitik überhaupt noch mitredet. Sie droht an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern, derzeit käme sie nur auf vier Prozent. Katastrophal sind ihre Kompetenzwerte. Obwohl die FDP den Wirtschaftsminister stellt, traut ihr nur ein Prozent der Befragten zu, wirtschaftliche Probleme zu lösen. Auch in der Bildungspolitik, womit sie beim Wähler Punkte sammeln will, schreiben ihr nur zwei Prozent der Befragten Kompetenzen zu. Mit ihrem Anteil an der Regierungsarbeit, die insgesamt positiv bewertet wird, sind die Bürger eher unzufrieden.

Aber wenn Schwarz-Gelb scheitert, was kommt dann? Dass die Freien Wähler einem Oppositionsbündnis mit SPD und Grünen zur Mehrheit verschaffen, wird immer unwahrscheinlicher. Die eigenen Anhänger lehnen das ab. 70 Prozent sind der Meinung, sie sollten mit der CSU koalieren. Wenn sich die Frage überhaupt stellt.

Für die zwölf Wochen bis zur Landtagswahl bietet die SZ eine besonder Abo-Aktion für die Print- und Digitalausgabe an. Detaillierte Informationen dazu gibt es hier.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: