Süddeutsche Zeitung

Große Feier:Schreib's auf!

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113 Teams aus ganz Bayern nehmen mit den aktuellen Ausgaben ihrer Schülerzeitung am Wettbewerb "Blattmacher" von Hypobank, Kultusministerium und SZ teil. Eine zauberhafte Preisverleihung

Von Anna Günther, München

Was haben kleine Zauberer und junge Journalisten gemeinsam? Sie müssen hart arbeiten, um später erfolgreich zu sein. Das sagte jedenfalls Luke Dimon, deutscher Meister der Zauberkunst und Magier des Jahres 2014. Dass Übung sich auszahlt, konnten die Kinder und Jugendlichen im HVB-Forum der Hypo-Vereinsbank in München dann gleich sehen. "Boah", "wow" zischten Schülerzeitungsjournalisten aus 18 bayerischen Schulen als der 20-jährige Zauberer Bälle und Kerzen verschwinden ließ, aus zehn Euro einhundert machte und sogar Bildungsminister Ludwig Spaenle den inneren Treckie entlockte - auch der Minister übte nach Dimons Anleitung die Koordinationsfähigkeit seiner Finger mit Mr-Spock-Gestus. Die eigentlichen Stars des Tages waren aber die jungen Journalisten.

113 Teams aus ganz Bayern schickten ihre aktuellen Ausgaben zum Schülerzeitungswettbewerb Blattmacher ein, den die Süddeutsche Zeitung mit dem bayerischen Kultusministerium und der Hypo-Vereinsbank ausrichtet. Zum zehnten Mal wurden die besten Magazine von Grund- und Mittelschulen, Realschulen, Förderschulen, Gymnasien und beruflichen Schulen gekürt. Die Redaktionen der drei besten Magazine aus jeder Kategorie durften schließlich nach München reisen und konnten ihre Redaktionskasse mit 200, 300 oder 500 Euro für die Sieger aufbessern.

Der Schwan

Emma Gogic, 10, ist seit einem Jahr Autorin beim Schwan und hat gemeinsam mit zehn weiteren Redaktionsmitgliedern viele spannende Artikel geschrieben. Die schönste Erfahrung: Wir hatten beim Schreiben immer viel Freude. Andere Klassen unserer Grundschule haben uns unterstützt und Texte mitgeschrieben. Die größte Herausforderung: Wir haben uns alle gegenseitig geholfen und gelernt, was Teamarbeit bedeutet. Der Traumberuf: Auch wenn die Arbeit bei einer Zeitung wirklich toll ist, möchte ich später am liebsten einmal Schauspielerin werden. Thematisch decken die Grundschüler von der Südlichen Auffahrtsallee in München viele Bereiche ab. Es gibt im "Schwan" Geschichten aus der Schule, aber nicht nur. Neben einem Interview mit dem Hausmeister, in dem er die Fragen per Gesichtsausdruck beantwortet, geht es auch um gesundes Essen oder um Natur und Kunst. Das Layout ist sehr bunt, aber trotzdem strukturiert.

Volltreffer

Dank der Redaktionsarbeit beim Volltreffer hat Elisabeth Keln, 16, neue Leute kennengelernt und spannende Interviews geführt. Die schönste Erfahrung: Ich habe viele neue Orte gesehen und spannende Geschichten erfahren. Beeindruckt hat mich die Recherche im Asylheim. Die größte Herausforderung: Ein Interview vorzubereiten nimmt ganz schön viel Arbeit in Anspruch und auch der erste Satz von einem Artikel ist nicht immer leicht zu finden. Der Traumberuf: Ich weiß noch nicht genau, was ich werden möchte. Aber dank der Zeitung kann ich jetzt gut unter Zeitdruck arbeiten und schreiben. Der "Volltreffer" von der Albert-Einstein-Mittelschule Augsburg überzeugt durch lange, gut geschriebene Texte, bei denen viel Wert auf die Recherche gelegt wurde und in denen sich kein Rechtschreibfehler findet. Für ihre Online-Ausgabe, in der unter anderem binomische Formeln per Youtube-Video erklärt werden, bekommt die Redaktion zudem den Sonderpreis digital.

Blickkontakt

Für die 40 Redakteure von Blickkontakt hat ein Chefredakteur nicht gereicht. Matthias Weinzierl, 18, und Carlos Hanke, 18, versuchten es zu zweit. Die schönste Erfahrung: Das Schnitzel auf der Siegerfeier ist gut. Schön war aber auch, wenn man am Abend seinen Laptop zugemacht hat und einfach stolz auf sich sein konnte. Die größte Herausforderung: Bei so vielen Leuten gibt es ein kleines Kommunikationsproblem. Es war nicht immer einfach, dass sich jeder gleich integriert gefühlt hat. Der Traumberuf: Eigentlich schon Journalismus, aber unsere Eltern sagen, wir sollen was Sicheres machen. Im "Blickkontakt" des Von-Müller-Gymnasiums Regensburg dreht sich in der prämierten Ausgabe alles ums Thema Homosexualität. Es werden zum Beispiel sehr behutsam zwei Schülerinnen interviewt, die ein Paar sind. Die Zeitschrift überzeugt nicht nur inhaltlich, sondern auch durch eine übersichtliche Struktur. Die Optik ist professionell, insbesondere die Grafiken.

Freestyle

Hannah Schafferus, 15, ist Chefredakteurin von Freestyle und hat die Zeitung auch genutzt, um für saubere Schultoiletten zu kämpfen. Die schönste Erfahrung: Preise gewinnen ist nicht schlecht. Aber die Gemeinschaft in der Redaktion ist eigentlich das Schönste. Die größte Herausforderung: Am schwierigsten war, alle dazu zu bringen, ihre Artikel rechtzeitig abzugeben. Da hab ich Motivationsmails geschickt, bei denen die Lehrer aber nicht auf dem Verteiler waren. Der Traumberuf: Psychotherapeutin. Als Journalistin immer schreiben zu müssen, wäre mir zu viel Druck. Als Schwerpunkt behandeln die Jungjournalisten von der Ludwig-Thoma-Realschule München im "Freestyle" das Thema Veränderung. Die Mischung aus Schulgeschichten und dem überwölbenden Thema ist sehr gut. Die Zeitung beweist, dass Schwarz-Weiß-Druck ein gutes Layout nicht ausschließt und auch mit wenig Farbe eine große Wirkung erzielt werden kann.

Kitt

Simon Schönau, 17, ist bereits seit drei Jahren Redaktionsmitglied bei Kitt. Besonders spannend findet er landwirtschaftliche Themen und hat schon einige Artikel in dem Bereich verfasst. Die schönste Erfahrung: Es ist schön, dass unsere Arbeit durch diesen Preis auch von anderen wertgeschätzt wird. Die größte Herausforderung: Mit der Zeit wird man immer besser im selbstständigen Arbeiten. Alle Redaktionsmitglieder helfen sich gegenseitig beim Gestalten unser Zeitung. Der Traumberuf: Ich habe bereits eine Lehrstelle bei einem Metallbauunternehmen gefunden und möchte später Bauschlosser werden. Die Schule hat gerade einen neuen Namen bekommen. Die Ausgabe befasst sich daher mit der Namensgeberin Anna Kittenbacher, der einzigen weibliche Ehrenbürgerin der Stadt Pfaffenhofen/Ilm. Im "Kitt" werden alle journalistischen Formen abgedeckt. Die Texte sind in kurzen, verständlichen Sätzen geschrieben. Gerade bei einer Förderschule ist das sehr wichtig.

Paparazzi

Andrea Bertl, 19, hat die Schulheft-Optik von Paparazzi gestaltet. Wie Layout geht, weiß sie von einem Praktikum. Die schönste Erfahrung: Am Anfang hatten wir nur ganz wenig Ideen, aber dann hat es nur so gesprudelt, dass wir gar nicht alles ins Blatt bringen konnten. Das war ein schöner Moment. Die größte Herausforderung: Wissen, wann man aufhören muss mit den Ideen, weil das Ding in den Druck gehen muss. Der Traumberuf: Kunstpädagogin, da es mir sehr gefallen hat, ein Zeitungsprojekt für Kinder zu betreuen. Jetzt fahr' ich aber erst mal nach Panama. Wenn nur alle Paparazzi so wären wie die von der FOS/BOS Augsburg! Gut 100 Seiten, prall gefüllt, im super Schulheft-Layout. Das Heft überzeugt nicht nur optisch, sondern erst recht wegen der mutigen, interessanten Inhalte.

Schon die Kleinsten behandelten schwierige Themen wie die Schrecken des Zweiten Weltkriegs oder näherten sich dem komplexen Thema Ernährung. Die zehnjährige Senta Schützenberger wagte sich an einen Selbstversuch: Eine Woche lang aß sie rein vegetarisch und schrieb darüber in der Heininger Welle, der Zeitung der Passauer Hans-Carossa-Grundschule. "Es war ganz schön anstrengend, auf Fleisch zu verzichten", sagte das Mädchen. Ihre ältere Schwester, 12, kochte während des Experiments eigens Soja-Nuggets mit Pellkartoffeln. Das habe schon geschmeckt, aber echtes Fleisch sei besser, sagt Senta, "ich werde niemals Vegetarierin." Und als die Woche vorüber war, gab's sofort ein Schnitzel. Das Ernährungsheft der Grundschüler kam auf Platz zwei. Mit Essen befassten sich auch die Sieger der Münchner Grundschule an der Südlichen Auffahrtsallee. Besonders lobte die Jury allerdings das Interview der Kinder mit ihrem Hausmeister. Er antwortete wie im SZ-Magazin nur mit Mimik und Gesten.

"Es ist fürs Leben extrem wichtig, die richtigen Fragen zu stellen", sagte SZ-Chefredakteur Wolfgang Krach. Er habe das auch in der Schülerzeitungsredaktion gelernt - sein erstes Interview sei so langweilig gewesen, dass die Schülerzeitungskollegen es "in die Tonne traten". Lea Wahode streifte mit ihren Fragen an Roland Jahn, den Chef der Stasi-Unterlagenbehörde, auch die eigene Familiengeschichte. Die Eltern der 17-Jährigen kommen aus Dresden, sie wissen, dass Familienmitglieder andere bespitzelt und denunziert haben. "Das ist zwar Geschichte, aber es ist immer noch aktuell", sagte die Regensburger Gymnasiastin. Mit dem Team von Blickkontakt, den diesjährigen Siegern der Kategorie Gymnasium, wird Lea Wahode wie auch die anderen Erstplatzierten der Real- und Mittelschulen sowie der FOS/BOS im Club der Besten 2016 gemeinsam mit der Jury die Sieger des elften Blattmacher-Wettbewerbs küren und in Workshops mehr über Journalismus lernen.

Ganz groß: Die Nachwuchsjournalisten präsentierten nach der Preisverleihung ihre Blattmacher-Urkunden und die eigenen Magazine.

Bei den Tricks von Zauberer Luke Dimon sollte man eher die Illusion genießen.

Kritisch: Wie wichtig richtige Fragen sind, betonten SZ-Chefredakteur Wolfgang Krach...

...Anne Gfrerer, Leiterin Identity und Communications der Hypo-Vereinsbank...

...und Kultusminister Ludwig Spaenle.

Zum Blattmacher-Jubiläum lobten Hypo-Vereinsbank, Kultusministerium und SZ noch einen Sonderpreis aus: die beste Digitalausgabe bekam ebenfalls 500 Euro. "Ihr seid digital natives und habt die wichtige Aufgabe, den Älteren die Welt des Digitalen zu zeigen", sagte Anne Gfrerer, die Leiterin Identity und Communications der HVB. Das interne Magazin der Bank wurde gerade auf digitale Verbreitung umgestellt. Die Münchner Ludwig-Thoma-Realschule siegte mit Freestyle analog und auch digital. "Die Digitalisierung ändert alles, nie standen so viele Informationen so vielen Menschen zu Verfügung", sagte Bildungsminister Ludwig Spaenle. Diese Entwicklung sei vergleichbar mit der Einführung des Buchdrucks im 16. Jahrhundert. Über die Folgen der Digitalisierung könne man nie genug nachdenken. "Die News auf dem Handy zu lesen, ist bequem, aber ich glaube, das Haptische von Zeitungen und Büchern wird durch Elektronik nie ganz verdrängt werden", sagte Spaenle.

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Quelle:
SZ vom 18.07.2015
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