Bayerische Grenzpolizei:Schleierhafte Fahndung

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Der bayerische Innenminister Herrmann und Bundesinnenminister Seehofer haben eine Bilanz über den Einsatz der bayerischen Grenzpolizei gezogen.
Der bayerische Innenminister Herrmann und Bundesinnenminister Seehofer haben eine Bilanz über den Einsatz der bayerischen Grenzpolizei gezogen. (Foto: dpa)
  • Bundesinnenminister Seehofer und Bayerns Innenminister Herrmann präsentieren eine erste Bilanz der bayerischen Grenzpolizei, die seit Anfang Juli im Einsatz ist.
  • Eine Zahl, wie viele Flüchtlinge an der Grenze zurückgewiesen wurden, nennen die CSU-Politiker nicht.
  • Es gehe nicht primär um Zahlen, sondern um "die Durchsetzung von Recht und Ordnung", sagt Innenminister Horst Seehofer.

Von Wolfgang Wittl, Freilassing

In der CSU ist derzeit viel von "legendärer Geschlossenheit" die Rede - und wer Horst Seehofer und Joachim Herrmann am Montag in Freilassing sieht, kann daran kaum Zweifel haben. Schulter an Schulter blicken sie gebannt auf die Bundesstraße 304, als würden sich dort unbekannte Flugobjekte und nicht Autos der österreichischen Grenze im Schritttempo nähern. Die beiden Innenminister, der eine zuständig für den Bund, der andere für Bayern, ziehen eine erste Bilanz. Vor knapp zwei Monaten hat die bayerische Grenzpolizei ihre Arbeit aufgenommen, sie soll die Bundespolizei bei Grenzkontrollen unterstützen. Das gelinge ganz famos, wie Seehofer und Herrmann betonen. Zum Beweis liefern sie eine Menge Zahlen.

Mehr als 1750 Anzeigen habe die bayerische Grenzpolizei seit Anfang Juli erstellt, berichtet Herrmann. Mehr als 500 Fahndungstreffer seien den Fahndern geglückt. In 220 Fällen seien Ausländer unerlaubt ins Bundesgebiet eingereist. Weiter listet Herrmann auf: 640 Verkehrsdelikte, 475 Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie jeweils gut 100 Urkundendelikte und Verstöße gegen das Waffengesetz. Eine Zahl ist allerdings trotz mehrerer Nachfragen nicht in Erfahrung zu bringen: Wie viele Menschen von der zuständigen Bundespolizei zurückgewiesen wurden, weil sie zuvor von den bayerischen Kollegen aufgegriffen worden waren, sagen die Minister nicht. Dafür sei es noch zu früh.

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Dass sie dem Bedürfnis vieler Menschen nach Schutz und Abgrenzung nachkommen will, ist nachvollziehbar. Doch ihre Inszenierung einer "gesicherten Grenze" verstellt den Blick auf den europäischen Horizont.

Kommentar von Karin Janker

Zur Erinnerung: Am Streit über Zurückweisungen von Flüchtlingen wäre vor Wochen beinahe die Bundesregierung zugrunde gegangen. Die bayerische Grenzpolizei, ein Prestigeprojekt von Ministerpräsident Markus Söder (CSU), wurde auch deshalb wieder gegründet, um illegale Einreise einzudämmen. Herrmann sagt am Montag zwar, dass nun auch mehrere Schleuser festgenommen worden seien. Er stellt aber klar: Die Zurückweisung von Flüchtlingen sei vor allem "eine bundespolitische Debatte" und "nur ein Teil der Sinnhaftigkeit dieses Unternehmens" gewesen. Die Minister verweisen aufs große Ganze.

Es gehe nicht primär um Zahlen, sondern um "die Durchsetzung von Recht und Ordnung", sagt Seehofer. Etwa 5300 unerlaubte Einreisen habe die Bundespolizei im ersten Halbjahr an der Grenze zwischen Bayern und Österreich verhindert, zusammen mit den Aufgriffen an der Grenze zu Tschechien waren es 7000.

"Vertrauensvoll, respektvoll und wirksam" sei die Zusammenarbeit zwischen Bundes- und Landespolizei, die präventive Wirkung nicht zu unterschätzen. Als Innenminister zähle für ihn Sicherheit, sagt Seehofer, "sie muss gewährleistet sein". Bayern sei wieder mal Vorbild. Seehofer will die Schleierfahndung in anderen Bundesländern intensivieren. Von der EU fordert er einen besseren Schutz der Außengrenzen, zu einem Abkommen mit Italien zur Rückführung von Flüchtlingen zeigt er sich optimistisch: "Es wird zu einem Abschluss kommen."

Die Opposition überzeugt der Auftritt nicht. SPD-Landeschefin Natascha Kohnen spricht von "Etikettenschwindel" und "PR-Show", auch Freie Wähler und Grüne halten Bayerns Grenzpolizei für überflüssig. Georg Grabner (CSU), Landrat im Kreis Berchtesgadener Land, sagt indes: Es stimme einen schon nachdenklich, wie viele Kriminelle da aufgegriffen würden. "Für mich ist das ein Beleg, dass Schengen nie richtig funktioniert hat." Grabner wünscht sich mehr Schleierfahndung auch in anderen Ländern.

© SZ vom 28.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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