Süddeutsche Zeitung

Gnadenhof in Not:"Ich habe 32 Kühe, das schaffe ich nicht mehr alleine"

Wegen der Dürre im vergangenen Sommer stand der Gnadenhof von Hans-Peter Zeh vor dem Aus - bis er aus Verzweiflung einen Post auf Facebook veröffentlichte.

Interview von Florian Fuchs, Waltenhofen

32 Rinder hält Hans-Peter Zeh auf seinem Hof in Waltenhofen in der Nähe von Kempten im Allgäu, und keines von ihnen soll jemals in den Schlachthof müssen. 2014 hat der 50-Jährige seinen Bauernhof umgestellt und einen Gnadenhof für seine Tiere daraus gemacht. Weil er inzwischen aber Probleme hat, die monatlichen Unkosten für seine Kühe zu bezahlen, hat er einen Aufruf im Internet gestartet: Und plötzlich schließen die Leute Patenschaften für seine Rinder ab, bieten an, auf dem Hof zu helfen - oder wollen gleich ganz bei ihm einziehen.

SZ: Herr Zeh, eine Frau schreibt, sie hilft Ihnen mit den Kühen, sie braucht im Gegenzug bloß einen Platz zum Zähneputzen und eine Toilette...

Hans-Peter Zeh: Wahnsinn, was hier seit meinem Aufruf los ist, das hätte ich nie gedacht. Auf einmal sind meine Ferienwohnungen ausgebucht, Spenden laufen ein und es kommen Leute aus der Umgebung vorbei, die mitarbeiten wollen auf dem Hof. Aus Kempten hat sich gerade eine vegane Gruppe gemeldet, die wusste gar nicht, dass es mich gibt. Die Mitglieder finden das super und wollen jetzt auch mit anpacken.

Und was sollen die dann machen?

Füttern, ausmisten, irgendwas reparieren auf dem Hof, alles Mögliche. Andere haben keine Zeit für so etwas, aber haben jetzt schon Patenschaften abgeschlossen. Da darf man sich eine Kuh aussuchen, die einem gefällt, und zahlt fünf Euro oder mehr pro Monat, je nach persönlichem Budget.

Geld, das Ihnen fehlt?

Eine Kuh kostet ungefähr 100 Euro im Monat, darunter geht es nicht. Ich habe 32 Kühe, das schaffe ich nicht mehr alleine. Vor allem auch, weil wegen des heißen Sommers letztes Jahr die Preise für das Heu so angestiegen sind, um mehr als ein Drittel, 1000 Euro pro Fuhre. Ich schaffe es trotz all der Hilfe nicht, alle Kühe zu behalten, einige sollen auf andere Gnadenhöfe, ich bin da schon in guten Gesprächen. Aber der Betrieb für dieses Jahr ist erst mal gesichert.

Wie sind Sie eigentlich zu dem Gnadenhof gekommen?

Schon als kleiner Bub habe ich es schwer ertragen, wenn mein Vater Tiere verkauft hat, einmal musste er ein Kalb zurückholen vom Schlachthof für mich. 1995 habe ich den Hof mit 26 Jahren übernommen, mein Vater ist damals gestorben. Die Arbeit mit den Tieren war immer schön, aber 20 Jahre war es jedes Mal die Hölle für mich, sie zum Schlachthof zu bringen. Ich bin da sogar immer extra mitgefahren, um zu schauen, dass die bis zum Ende gut behandelt werden, das macht sonst ja auch kaum einer. 2014 war mir dann klar: Damit muss jetzt Schluss sein. Und seitdem leben meine Kühe hier in Frieden mit den anderen Tieren.

Noch mehr Tiere?

Sieben Ziegen, zehn Katzen und eine Ente. Vor kurzem waren es noch mehr Enten, aber die hat der Fuchs geholt. Ich weiß nicht, wie er es geschafft hat über den Zaun, der Hundling, den hatte ich extra hoch gebaut. Naja, jetzt kommen drei Mädels neu dazu, damit wieder Gesellschaft da ist bei den Enten.

Also sogar Zuwachs auf dem Gnadenhof?

Ja. Ich weiß zwar grad nicht, wo mir der Kopf steht, aber es geht bergauf. Das ist doch schön.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4440848
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 11.05.2019/mmo
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.