Süddeutsche Zeitung

Regensburg:Toxische Weihnachten mit Gloria

Die DGB-Jugend Oberpfalz fordert die Enteignung der sogenannten Fürstin von Thurn und Taxis - und leistet einen wichtigen Beitrag zur Dokumentation ihrer schlimmsten Verfehlungen.

Glosse von Deniz Aykanat

Also doch wieder Gloria von Thurn und Taxis. Eigentlich war der Plan, dass die sogenannte Fürstin mit Sitz in Regensburg allerhöchstens einmal im Jahr in dieser Kolumne vorkommt, alles andere wäre zu viel der Publicity. Zuletzt war das im vergangenen Juni, da grämte sich Gloria angesichts des 70. Thronjubiläums der inzwischen verstorbenen britischen Königin, dass in Deutschland Adel und Monarchie abgeschafft wurden. Man konnte ihr das nur als Bewerbung auf den Posten der Königin Deutschlands auslegen. Gloria hat ihr Kontingent an Zeilen also eigentlich ausgeschöpft.

Tatsächlich könnte man aktuell den Auftritt Glorias bei Alt-Bildler Julian Reichelt aufarbeiten, in dessen Youtube-Auskotzformat die Thurn und Taxis viel Stuss von sich geben durfte. Davon wird aber abgesehen, weil: viel Stuss. Dass hier nun aber doch wieder über Gloria geschrieben wird, ist nur ein halbes Einknicken. Eigentlich geht es nämlich nur indirekt um sie und viel mehr um diejenigen, die sich darum bemühen, dass man Regensburg nicht nur mit sehr alten Steinen und Gloria assoziiert.

Verdient macht sich hier die Oberpfalz-Jugend des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Die hat sich jüngst in Glorias Hood versammelt, also unweit des Eingangs zu Schloss St. Emmeram, und die Enteignung der durch Heirat und Erbschaft höchst wohlhabenden Dame gefordert. Es gibt ja praktisch keinen Baum um Regensburg herum, der nicht der Familie Thurn und Taxis gehört. Glorias Vorgarten mitten in der Stadt kann der Pöbel nur sehnsüchtig durch den schmiedeeisernen Zaun betrachten. Zweimal im Jahr immerhin dürfen normal sterbliche Regensburger den Reichtum Glorias mehren, indem sie sich Karten für ihre Schlossfestspiele oder den legendären Weihnachtsmarkt (Champagner-Hügel!) kaufen. Da darf man dann auch den heiligen Garten betreten.

Die Regensburger DGB-Jugend ist lieber auf neutralem Boden geblieben und hat ihren Protest mit der Freischaltung der sehr informativen Internetseite "Thurn & Toxisch" flankiert. Dort kann man noch mal detailliert nachlesen, warum Gloria nicht die nette Tante aus Regensburg ist, die auf ihrem Weihnachtsmarkt irgendwie drollig vom Balkon runtersingt.

Künftig, wenn Gloria mal wieder in Erscheinung tritt und sich die Frage stellt: ignorieren oder den Humbug dokumentieren? - da kann man jetzt auf thurn-und-toxisch.de zählen. Bis in frühestens einem Jahr dann, Gloria!

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