Landkreis Altötting:Schnelles Internet? Dafür sorgen die Bürger selbst

700 für Icking

Manchmal ist der Weg unter den Feldern entlang der kürzere für Glasfaserkabel.

(Foto: Hartmut Pöstges)
  • In Halsbach im Landkreis Altötting haben die Bürger den Breitband-Ausbau selbst in die Hand genommen.
  • Sie planten die Rohre für die Kabel querfeldein - und damit auf kürzestem Weg.
  • Damit haben sie nicht nur kurzfristig für schnelles Internet gesorgt, sondern auch vergleichsweise kostengünstig.

Von Matthias Köpf, Halsbach

In Stadl am Holz funktioniert es und beim Huber am Bach, in Voglsam und Zettelaign, und in Itschenöd auch. All diese Orte sind ungefähr so groß wie sie klingen. Die meisten bestehen aus einem einzigen Anwesen, so wie die ganze Gemeinde Halsbach neben dem Kirchdorf noch aus 66 Weilern und Gehöften besteht. Die Einwohnerdichte liegt bei 42 Menschen pro Quadratkilometer, also ungefähr auf dem Niveau der Demokratischen Republik Kongo und weit unter den 183 in ganz Bayern oder den 559 der nahen Kreisstadt Altötting. Und doch gibt es in Halsbach inzwischen Glasfaser buchstäblich bis in die allerletzte Einöde. Erst dieser Tage hat die Gemeinde das mit ihrem ersten "Breitband-Fest" gefeiert.

Dass jetzt sogar die Bewohner von Kronhub oder Stockötz den meisten bayerischen Städtern und Großstädtern um etliche Gigabit pro Sekunde voraus sind, ist das Ergebnis eines flächendeckenden Breitband-Ausbaus, wie es ihn bisher nur in Halsbach gibt. Dort mögen viele der knapp 1000 Einwohner auf einsamen Höfen leben, aber mit Datenraten wie vor 20 Jahren wegen kilometerlanger Kupferkabel wollten sie sich nicht mehr zufrieden geben. Also fanden Bürgermeister Martin Poschner und die Gemeinderäte 2014, dass da was passieren müsse - zumal es von der Staatsregierung geheißen habe, jetzt gebe es einen Haufen Geld, wie Poschner sich erinnert. 80 Prozent der Kosten, aber höchstens 900 000 Euro sollten für Halsbach drin sein, und da habe man dann doch blöd geschaut, als es von der Telekom und anderen Unternehmen geheißen habe, dass die Gemeinde noch 4,5 Millionen Euro beisteuern müsse.

Da haben sich die Halsbacher in München den Förderbescheid abgeholt und die Sache selber in die Hand genommen. Eine Arbeitsgruppe um den Gemeinderat Gottfried Schneiderbauer, einen Elektroingenieur, zog Linien auf der Karte - und zwar viel kürzere als die Telekom. Denn solche Unternehmen bleiben stets auf öffentlichem Grund, also unter oder neben den Straßen. Die Halsbacher aber planten querfeldein, und die Bauern wissen auch sehr gut, wo unter ihren Wiesen ein Fels im Weg liegt. Zudem gab es wenig aufzubaggern und zu asphaltieren. Am freien Feld können die Rohre mit einer Art Pflug versenkt werden. Oft habe man zwei Kilometer am Tag geschafft, sagt Gottfried Schneiderbauer.

All das habe den Bau viel günstiger gemacht, und als die Gemeinde den Netzbetrieb ausschrieb und dazu ihre neuen Leitungen zum Kauf anbot, da gab nicht nur der Immerbieter Telekom ein Angebot ab, sondern noch drei andere Unternehmen. Zum Zug kam die Elektrizitäts-Genossenschaft Tacherting-Feichten, ein heuer als Genossenschaft hundert Jahre alt gewordener lokaler Stromerzeuger aus der Nachbarschaft. Die Halsbacher seien damit sehr zufrieden, viele stellten gerade ihre Verträge um, sagt Gottfried Schneiderbauer.

Bürgermeister Poschner wiederum ist zufrieden mit seinen Halsbachern. Nicht alle Bauern hätten sofort mitziehen wollen, aber am Ende hätten alle zusammengehalten, denn sie hätten dafür ja alle ihre Anschlüsse bekommen. Die Flurschäden seien gering geblieben, und nach einer Entschädigung hätten nur zwei gefragt, die dann aber auch nicht die Einzigen sein wollten. Vom Freistaat hat die Gemeinde 877 000 Euro Breitbandförderung bekommen, 220 000 Euro musste sie selbst aufbringen - rund das Doppelte von dem, was sie pro Jahr für die Sanierung ihrer Straßen ausgibt, rechnet Gottfried Schneiderbauer vor. Die Förderung vom Bund brauche man gar nicht mehr.

Dass ihr Modell nicht für Städte und geschlossene Siedlungen taugt, wissen sie in Halsbach sehr genau. Für andere ländliche Gebiete aber schon, wie derzeit etwa im nahen Burgkirchen. Und wenn sie selbst doch irgendwann einmal eine Neubausiedlung oder ein Gewerbegebiet ausweisen sollten, dann haben sie immer noch genug Glasfasern im Köcher.

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