Gillamoos:„Würde mich nicht drücken“ – Söder bringt sich als Kanzlerkandidat in Stellung

Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern, und Boris Rhein, Ministerpräsident von Hessen, beim diesjährigen politischen Frühschoppen am Gillamoos-Jahrmarkt in Abensberg. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Beim Gillamoos in Niederbayern spricht der CSU-Chef offen über seine Ambitionen in der K-Frage. 2021 sei Armin Laschet „schlicht und einfach der falsche Kandidat“ gewesen. Der Liveblog zum Nachlesen.

Während in Erfurt, Dresden und Berlin die Folgen der Wahlen in Thüringen und Sachsen analysiert werden, kommt auch der niederbayerischen Kleinstadt Abensberg an diesem Montag eine Nebenrolle zu: Beim Gillamoos-Jahrmarkt traten die Parteien am Vormittag auf verschiedenen Bierzeltbühnen gegeneinander an. Der Liveblog in der Nachlese:

Wichtige Updates

Hofreiter reicht Konservativen die Hand - und appelliert an Söder

AfD jubelt über "Tag der Abrechnung"

Söder: „Die Ampel ist eine rauchende Ruine“ 

Boris Rhein: Konstellation im Osten ein "furchtbares Schlamassel“ 

Söder: "Das Unvorstellbare ist gestern demokratische Realität geworden“ 

Andreas Glas

"Würde mich nicht drücken" - Söder bringt sich als Kanzlerkandidat in Stellung

Am Ende kommt Markus Söder noch einmal auf die K-Frage zurück. Diesmal ernsthafter. „Wir sind uns einig wie nie“, sagt Söder über CDU-Chef Friedrich Merz. Die Lösung der K-Frage werde anders laufen als 2021, „damals war es nämlich schlicht und einfach der falsche Kandidat“, sagt Söder. So deutlich hat er selten über den früheren CDU-Chef Armin Laschet gesprochen.

Es folgt ein Satz, den man als Bewerbung fürs Kanzleramt werten darf. „Ich würde mich nicht drücken, Verantwortung für unser Land zu übernehmen“, sagt Söder.

In den vergangenen Tagen hatten sich Söders Ambitionen bereits abgezeichnet. Er wolle "Kanzler oder Ministerpräsident" sein, hatte er zuletzt gesagt. Auch Weggefährten wie der aktuelle bayerische Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) bemühten sich, das Rennen um die Kanzlerkandidatur der Union offenzuhalten - obwohl CDU-Chef Friedrich Merz als wahrscheinlichster Kandidat gilt. „Für mich ist die K-Frage noch offen“, sagte Blume kürzlich im SZ-Interview.

Vor der Bundestagswahl 2021 war es zwischen Markus Söder und Armin Laschet zu einem heftigen Machtkampf um die Kanzlerkandidatur gekommen, den Laschet am Ende für sich entscheiden konnte. Nach einem schwachen Wahlkampf fuhr die Union ihr historisch schlechtestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl ein, Bundeskanzler wurde Olaf Scholz von der SPD. 

Nach der vermurksten Wahl hatten Söder und Laschets Nachfolger an der CDU-Spitze, Friedrich Merz, geschworen, die K-Frage beim nächsten Mal einvernehmlich zu lösen. „Wir sind eine Achse, Merz-Söder", sagte der CSU-Chef am Montag. Es gebe zwischen ihm und dem CDU-Mann keinen Dissens.
CSU-Chef Markus Söder beim Gillamoos in Niederbayern
CSU-Chef Markus Söder beim Gillamoos in Niederbayern. Peter Kneffel/DPA
Thomas Balbierer
Thomas Balbierer

Söder nimmt noch mal Anlauf

Dass sich Markus Söder eine Kanzlerkandidatur zutraut, ist nicht neu. Schon 2021 wäre der CSU-Chef gerne für die Union ins Rennen gegangen, damals scheiterte er aber an der CDU, die auf Armin Laschet setzte. Beim politischen Gillamoos in Niederbayern forcierte Söder nun seine Ambitionen, einen neuen Anlauf zu wagen. „Ich würde mich nicht drücken, Verantwortung für unser Land zu übernehmen“, sagte Söder mit Blick auf die Bundestagswahl 2025.

Meine Kollegen Roman Deininger und Andreas Glas haben bereits vergangene Woche einen Mann beschrieben, der die Kanzlerkandidatur mit jeder Faser seines Körpers will – und dafür tanzt, singt und gegen die Grünen pöbelt. Wie seine Chancen stehen, lesen Sie mit SZ Plus:
Franziska Jahn

Hofreiter reicht Konservativen die Hand - und appelliert an Söder

Die Konservativen sind laut dem Grünen-Bundestagsabgeordneten Anton Hofreiter zentral dafür, die Demokratie und Freiheit verteidigen zu können: "Wir sollten sie wertschätzen". Trotzdem dürfe ein demokratisch gewählter Ministerpräsident nicht in Bayern rumerzählen, "dass die Grünen die Leute zwingen wollen, Insekten zu fressen". Dann richtet er sich direkt an Söder: "Mit Lügen greifst du die Substanz unserer Demokratie an und du musst damit aufhören."

Deutschland trage als drittgrößte Industrienation der Welt Verantwortung, angemessen auf den Krieg in der Ukraine zu reagieren. Weniger Ukraine-Hilfen würden Putin ermutigen, den Ukraine-Krieg fortzuführen, sagt Hofreiter. Oberste Propagandistin des Kriegsverbrechers Putin sei Sahra Wagenknecht. "Die Chance auf Frieden ist nur da, wenn wir Putin klarmachen, dass er den Krieg nicht gewinnen wird." Demokratie, Freiheit, Wohlstand, ein gutes Leben, vernünftige Natur: Das seien die Werte, für die es sich zu kämpfen lohnt. "Dafür lohnt es sich, Politik zu machen." Standing Ovations im Weinstadl.
Grünen-Politiker Anton Hofreiter
Grünen-Politiker Anton Hofreiter. Sven Hoppe/DPA
Andreas Glas

"Kein Schwarz-Grün": Söder warnt CDU

In seiner Bierzeltrede erneuert Markus Söder seine Forderungen nach einer schärferen Migrationspolitik - und einer Reform des Asylrechts. „Nicht die Gerichte sollten entscheiden, sondern die Politik“, sagt der CSU-Chef.

Viele Menschen fühlten sich nicht mehr sicher in ihrem eigenen Land, mancher wisse gar nicht mehr, "in welchem Land er eigentlich lebt“. Statt „Wischiwaschi-Lösungen“ müsse Grundsätzliches passieren, fordert Söder. Als Bremser in der Asylpolitik sieht er ja vor allem die Grünen.

Es folgt eine Warnung an die Schwesterpartei: Wer sich eine Koalition mit den Grünen offenhalte, „reduziert die Chancen der Union, eine stabile Regierung zu bilden“. Mit ihm werde es „kein Schwarz-Grün“ geben, sagt Söder.
Johann Osel
Johann Osel

AfD jubelt über "Tag der Abrechnung"

Gerald Grosz, der österreichische Gast der AfD, nennt die Wahlen im Osten "einen Tag der Abrechnung, das war kein Warnschuss mehr". Grund sei auch "die politische Traumideologie, allen Armenhäusern der Welt helfen zu wollen". Er kommt dann auf die Anzeigen wegen Beleidigung durch Söders Staatskanzlei zu sprechen. Zuletzt, weil er ihn im österreichischen Fernsehen einen "Trottel" genannt haben soll. Er solle wohl dadurch vom Gillamoos-Auftritt abgeschreckt werden. 

Bayerns Ministerpräsident, meint Grosz, verfolge ihn mit einer Leidenschaft und Obsession, die schon fast "angehende Homoerotik" sei. Und der Ex-FPÖ-Politiker, offen schwul, lästert: "Ich glaub, der steht auf mi." Da müsse er Söder aber enttäuschen, er wiederum stehe "nicht auf ältere, ausgefressene Herren".
Sara Rahnenführer
Sara Rahnenführer

SPD-Ministerpräsident Schweitzer: Humanität und Sicherheit zusammendenken

Der neue rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer von der SPD gibt sein Debüt auf dem Gillamoos. Er gesteht, zwar kein Bairisch zu beherrschen, harte Sprüche gegen die Union lässt er sich aber nicht nehmen. „Wer den Anspruch hat, Deutschland zu führen, der muss sagen: Deutschland ist vielfältig und nicht nur Deutschland ist Gillamoos“, schießt Alexander Schweitzer in Richtung von CDU-Chef Friedrich Merz. 

Mit Blick auf die gestrigen Landtagswahlen betont Schweitzer, dass es ein Teil des Problems sei, wenn West-Deutsche den Ost-Deutschen erklären wollen, warum etwas schiefläuft. „Wir müssen in ganz Deutschland sagen: Wir gehören zusammen und wir gehen gemeinsam die großen Herausforderungen an“, sagt Schweitzer. Themen wie Waffenrecht und Asylrecht müsse die SPD stärker angehen. Zur Wahrheit gehöre auch, dass Humanität und Sicherheit im Hinblick auf die Migration zusammengedacht werden müssten. Die Antworten auf diese Themen dürften nicht den Rechtspopulisten überlassen werden.
Alexander Schweitzer, Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz.
Alexander Schweitzer, Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz. Sven Hoppe/DPA
Andreas Glas

Söder: „Die Ampel ist eine rauchende Ruine“ 

Markus Söder lässt sich von sich selbst auf die Bühne eskortieren, also musikalisch. Die Tonregie spielt das Seemannslied, das der Ministerpräsident in der Sendung „Ina‘s Nacht“ gesungen hat. Söder fragt: „Gar nicht so schlecht, oder?“

Dann geht es direkt um die K-Frage. Wer als CDU-Politiker beim Gillamoos spreche, „hat Kanzlerkandidaten-Format“, sagt Söder und schaut runter zu Hessens CDU-Ministerpräsident Boris Rhein, der seine Gastrede gerade beendet hat. Ein Scherz, natürlich.

Die Ostwahlen müssten „uns allen ein echter Weckruf sein“, sagt Söder. Man könne jetzt nicht zur Tagesordnung übergehen. Die Union schließt er also mit ein. Der Ampel rät Söder zum Aufhören, dem Bundeskanzler zum Rücktritt. „Die Ampel ist eine rauchende Ruine“, sagt Söder.
Franziska Jahn

Grünen-Vorsitzende fordert AfD-Verbot

Die Parteivorsitzende der bayerischen Grünen, Eva Lettenbauer, vergleicht das Gewitter über dem Gillamoos mit dem Gewitter der gestrigen Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen. Die demokratischen Parteien müssten jetzt zu einem demokratischen Miteinander kommen und zusammenarbeiten. Lettenbauer fordert, ein AfD-Verbot zu forcieren und umzusetzen: "Die AfD will den Parteienstaat abschaffen. Wir brauchen aber unterschiedliche Parteien und unterschiedliche Meinungen."
Katja Auer
Katja Auer

Aiwanger: Nur noch wenigen Menschen Asyl gewähren

Die Asylpolitik bestimmt große Teile der Rede von FW-Chef Hubert Aiwanger. Er fordert Abschiebungen auch nach Syrien und Afghanistan, dort seien große Teile wieder sicher. „Das beweisen sie selber, wenn sie da in Urlaub hinfahren.“ An der Grenze solle es Aufnahmestationen geben, „damit sie nicht gleich ins Landesinnere strömen“. Außerdem solle es Abschiebezentren geben, wo Menschen bis zu einem Jahr inhaftiert werden könnten, bis der Rückflug organisiert sei. 

Am Ende seien es nur noch eine Handvoll Menschen, die tatsächlich Anspruch auf Asyl hätten. Sonst nämlich, Aiwanger führt die Szenarien weiter, die drohten, wenn es so weitergehe „mit der grünen Politik“, sei es bald vorbei mit der Freiheit im Land. Er wolle aber, dass Frauen weiterhin im Dirndl da sitzen dürften und nicht in der Burka. 
Sven Hoppe/DPA
Johann Osel
Johann Osel

AfD-Fraktionschefin: Wahlen im Osten "Beginn einer neuen Epoche" 

Bayerns AfD-Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner spricht, stemmt einen Maßkrug in die Höhe. Sie hatte die Ergebnisse in Thüringen und Sachsen schon am Sonntagabend via Pressemitteilung bejubelt: "Wir verändern den Osten. Und bald auch Bayern." Angesichts von 14,6 Prozent bei der Landtagswahl 2023 in solchen Sphären zu denken, mag an Größenwahn grenzen. Aber die bayerische AfD-Frontfrau sagt es auch beim Gillamoos-Termin noch klarer: "Der Beginn einer neuen Epoche" sei das gewesen: die AfD als Volkspartei. Die "Uhren sind auf null gestellt" – der "Angstschweiß", auch von Markus Söder, steige einem schon beißend in die Nase, sagt sie. Dieser sei übrigens "der größte Grundrechtseinschränker seit Honecker", Stichwort Corona.

Hier in Niederbayern werde man bei der Bundestagswahl 2025 "die Jagd auf die CSU-Direktmandate eröffnen", tönt die Fraktionschefin der AfD. Womit man wirbt? "Abschieben, abschieben, abschieben".
Johann Osel
Katja Auer
Katja Auer

Freie-Wähler-Chef rempelt die CSU an

Aiwanger fordert „das Bekenntnis zum normalen Bürger“ und verbindet das mit der Kritik am bayerischen Koalitionspartner. Die CSU habe damals mitgemacht bei Merkels Flüchtlingspolitik 2015 und sei daher mit schuld, „dass wir auf eine Unregierbarkeit zusteuern“. 

Auch die Medien nimmt Aiwanger in den Fokus: „Hört doch endlich auf, die normalen Leute wie die Freien Wähler immer fertigmachen zu wollen“, sagt er. Die Medien sollten die FW unterstützen anstatt Wagenknecht und Co, „dann haben auch die Medien eine Zukunft“.

Der Ton wird immer schärfer, der Applaus lauter. Aiwanger sagt, er wolle „nicht mehr täglich von Massenvergewaltigungen lesen“, er wettert gegen die Asylpolitik. Er fordert Grenzkontrollen und die Zurückweisung von Menschen, die ohnehin keinen Anspruch auf Asyl hätten. „Dann ist nach einem Monat Schluss mit dem Wahnsinn.“
Sara Rahnenführer
Sara Rahnenführer

Bayern-SPD-Chefin: Nicht mit Genderdebatten abgeben

„Wir haben ein Bierzelt und andere nicht und ich glaube, dass der Herrgott selbst diesen Himmel geschickt hat“, schießt die SPD-Landesvorsitzende Ronja Endres gegen die AfD, die im Schlossgarten im Regen stand. Danach zeichnet sie ein Bild der SPD, die zusammenhalten soll und sich nicht mit Genderdebatten abgibt, sondern mit den wichtigen sozialen Themen. Die SPD könne die Sorgen der Menschen, wie knappe Kitaplätze, steigende Preise und zu niedrige Löhne, besser beantworten als die rechts-populistische AfD. „Kemmer jetzt endlich mal zsamm“, ruft Endres in das Festzelt. Zu ihrer eigenen Zukunft in der Partei sagt Endres, die seit dem Rückzug ihres Co-Chefs Florian von Brunn allein an der Spitze der Bayern-SPD steht, nichts.
Katja Auer
Katja Auer

Aiwanger attackiert die Asylpolitik der Ampel

Um 10.49 Uhr betritt Hubert Aiwanger die Bühne im Weißbierstadl. Der Bundes- und Landesvorsitzende der Freien Wähler begrüßt die Gäste „bei denen, die Politik für Heimat, Leistung und Zukunft machen“. Da werde auf die Steuerzahler gehört und nicht auf die Taugenichtse. 

Aiwanger geht direkt los auf die Grünen, die er eine „politische Abrissbirne“ nennt. Der „ganze Wahnsinn“ dürfe nicht so weitergehen, sagt er, und meint die Flüchtlingspolitik, wenn „ganze Jahrgänge von einzelnen Dörfern in Syrien und Afghanistan“ nach Deutschland kämen. Nur mit den Freien Wählern könne das gestoppt werden. Die Freien Wählern seien das „Rezept gegen Extremismus von links und rechts“. Deswegen müssten „die Roten und Grünen raus“ aus der Bundesregierung – und die FW rein.
Katja Auer
Katja Auer

Politische Träumereien bei den Freien Wählern

Landshuts Landrat Peter Dreier hat im Weißbierstadl bei den Freien Wählern noch einen Vorschlag für die Bundestagswahl: „Wenn Markus Söder Bundeskanzler werden will – gerne.“ Aber dann nur mit einem Stellvertreter und Bundeswirtschaftsminister Hubert Aiwanger. „Denn er braucht eine starke rechte Hand.“
Franziska Jahn

Grünen-Fraktionsvize: "Aiwanger ist ein Versager"

Es ist eine der ersten großen Reden für Johannes Becher, den stellvertretenden Fraktionschef der Grünen in Bayern. Früher habe er sich beim politischen Gillamoos zurückgelehnt, sagt er. Jetzt spricht er im tiefen Dialekt zu seinen Parteifreunden. Unter lautem Applaus fordert er konkrete Lösungsansätze statt "dieser Niedermacherei. Kopf hoch statt Kopf in den Sand." Die CSU und CDU in der Berliner Opposition sollten mehr Ideen einbringen, statt nur rumzumosern. "Und dann gibts ja noch den Aiwanger, Hubert. Er ist ein Versager, Schwätzer und sonst gar nichts." Wieder tosender Applaus im Weidstadl.
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SZ PlusSöder und die K-Frage
:Der schon wieder

Markus Söder will die Kanzlerkandidatur mit jeder Faser seines Körpers, dafür tanzt er, singt er, pöbelt er gegen die Grünen. Er hat zwar keine Chance, aber die nutzt er vehement.

Von Roman Deininger und Andreas Glas

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