Gewerbeaufsicht:Paket an Vorwürfen

Streik Amazon Graben

Im Amazon-Logistik-Zentrum Graben rumort es seit Längerem: Im vergangenen Jahr etwa rief Verdi die Belegschaft zum Streik auf.

(Foto: Stefan Puchner/dpa)

Vorwürfe gegen Amazon: Gleich mehrmals musste im Logistik-Zentrum Graben die Gewerbeaufsicht eingreifen. Ein Überblick über die Vorwürfe.

Von Stefan Mayr

Es gibt Amazon-Mitarbeiter, die sind hochzufrieden mit ihrem Arbeitgeber und stolz darauf, für den US-Konzern zu arbeiten. Und es gibt immer wieder Kritik von der Belegschaft und auch von Behörden. Ein Überblick über die umstrittenen Geschäftsmethoden des Unternehmens, das in München seine Zentrale hat und in Graben bei Augsburg ein Logistik-Zentrum betreibt.

Illegale Sonntags-Arbeit

Im Herbst 2011 nahm der Standort Graben seinen Betrieb auf - und das gleich mit Vollgas. An einem Adventssonntag wurde ohne Genehmigung gearbeitet. Die Gewerbeaufsicht verhängte ein saftiges Bußgeld in unbekannter Höhe.

Unzulässige Dienstpläne

Anfangs mussten Teile des Personals im Weihnachtsgeschäft bis zu drei Wochen am Stück durcharbeiten - ohne einen einzigen freien Tag dazwischen. Die Gewerbeaufsicht schritt ein. Inzwischen darf der Betriebsrat bei der Erstellung der Dienst- und Schichtpläne mitreden.

Mangelhafte Klimatisierung

Im ersten Sommer kippten die Arbeiter zwischen den Regalen reihenweise um. Der Grund: Die Temperatur in den Lagerhallen war extrem hoch. Bis die Regierung von Schwaben die "Installation lüftungstechnischer Anlagen" veranlasste. Heute betont Amazon: "In unserem europäischen Logistik-Netzwerk haben wir 40 Millionen Euro für Klimaanlagen ausgegeben - eine extrem seltene Maßnahme im Industrie- und Logistikbereich."

Kostenlose Arbeitskräfte

Anfangs warfen Mitarbeiter und Konkurrenz-Unternehmen Amazon vor, die staatlichen Beschäftigungsprogramme skrupellos auszunützen. In Graben wurden zahlreiche Langzeitarbeitslose beschäftigt, die in ein sogenanntes "MAG-Programm" der Arbeitsagentur eingebunden waren. Die Abkürzung MAG steht für "Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung bei einem Arbeitgeber". Den Lohn für dieses Personal zahlte die Arbeitsagentur, jedoch nach dem Ende des MAG-Programms sollen die meisten Menschen wieder heimgeschickt worden sein. Wurden sie auf Kosten der Allgemeinheit als kostenlose Arbeitskräfte missbraucht, ohne dass jemals eine Übernahme vorgesehen war? Amazon streitet das jedoch vehement ab, und konkret konnte der Vorwurf nie belegt werden.

Falsche Feiertage

Zwei Jahre lang wurden in Graben alle gesetzlichen Feiertage bewusst ignoriert: Jeden Feiertag, der auf einen Wochentag fiel, mussten die Mitarbeiter am folgenden Samstag nacharbeiten. Der Betriebsrat klagte 2013 gegen diese Praxis - mit Erfolg. Der Konzern lenkte ein.

Ausgelieferte Saisonkräfte

Im Februar 2013 sorgte die ARD mit ihrer TV-Dokumentation "Ausgeliefert" für Aufsehen. Sie berichtete über die Arbeitsbedingungen ausländischer Leiharbeiter am Amazon-Standort Bad Hersfeld. Amazon reagierte und trennte sich von zwei Dienstleistungsunternehmen, die für die Betreuung der Saisonkräfte zuständig waren.

Unbearbeitete Krankmeldungen

2014 blieben im Grabener Personalbüro nach Angaben von Verdi "massenweise Krankmeldungen" unbearbeitet liegen. Die Folge: Viele Mitarbeiter mussten Lohnkürzungen und Abmahnungen hinnehmen, weil sie laut Amazon unentschuldigt gefehlt hatten. Dabei hatten sie alle ordnungsgemäß ihre Krankmeldungen abgegeben. Aber diese wurden nicht ins System eingepflegt, sondern in der Schublade abgelegt. Inzwischen ist der Missstand behoben.

Ständige Überwachung

Immer wieder für Kritik sorgt die Praxis, dass das Arbeitspensum der "Picker" und "Packer" elektronisch erfasst wird. Die Gegner sprechen von ständiger Überwachung und "unmenschlichem Druck". Amazon sagt: "Uns ist es sehr wichtig, dass es in den Teams respektvoll zugeht, alle anpacken und sich gegenseitig fair behandeln."

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