Alles klang nach einem ganz normalen Notfall, als die Ambulanz Rosenheim am Mittwochnachmittag einen Anruf aus Bad Feilnbach erhält. Herz-Kreislauf-Probleme, ein Routine-Einsatz, „den wir zehnmal am Tag fahren“, sagt Matthias Fischer, Pressesprecher der Ambulanz Rosenheim. Doch der Einsatz endet in einer Gewalttat.
In Bad Feilnbach treffen zwei Rosenheimer Sanitäter auf einen 42-jährigen Patienten, den sie ins Krankenhaus transportieren wollen. Mit der Mutter des Patienten soll es zu einer verbalen Auseinandersetzung gekommen sein. Einer Polizeisprecherin zufolge sei sie unzufrieden mit der Behandlung ihres Sohnes gewesen. Daraufhin habe sich der Freund der Mutter eingeschaltet. Ohne Vorwarnung habe dieser mit Tritten und Faustschlägen die Einsatzkräfte attackiert, heißt es in einer Mitteilung der Ambulanz Rosenheim.
Der 38-jährige Angreifer soll dabei einen der Sanitäter mit einem Tritt eine mehrstufige Treppe heruntergestoßen haben. Die Einsatzkräfte haben sich anschließend in ihr Rettungsfahrzeug geflüchtet und einen Notruf abgesetzt. Sie wurden mit mittelschweren Verletzungen in umliegende Krankenhäuser transportiert. Einer der beiden Rettungskräfte konnte inzwischen das Krankenhaus verlassen, der andere sei über das Wochenende weiterhin in stationärer Behandlung, so die Ambulanz Rosenheim.
Die Polizei konnte den flüchtigen Tatverdächtigen festnehmen. Das Amtsgericht Rosenheim ordnete unter anderem wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung Untersuchungshaft an. Doch auch die Mutter des Patienten erhebt Vorwürfe gegen einen der Rettungssanitäter, dass dieser sie körperlich angegangen habe. Fischer erklärt, er könne sich nicht vorstellen, dass einer der Einsatzkräfte anlasslos Gewalt ausgeübt habe. Die Polizei Brannenburg ermittelt nun den genauen Tathergang.
Gewalttat „neuer Tragweite“
Die Anzahl der Gewalttaten gegen Rettungskräfte und Feuerwehren steigt seit Jahren in Deutschland an. 2023 kam es bundesweit zu 2737 polizeilich erfassten Gewalttaten gegen Rettungs- und Feuerwehrkräfte. Ein Anstieg von mehr als einem Drittel gegenüber 2018.
Pressesprecher Fischer spricht von einer Gewalt „neuer Tragweite“. Diese Art von Gewalt gegen Rettungskräfte hätten sie im ländlichen Raum bisher nicht erfahren. In Großstädten gebe es solche Gewalt schon eher, da seien oft Drogen im Spiel und die Einsatzkräfte gewissermaßen vorbereitet, sagt Fischer.
Den Geschäftsführer der Ambulanz Rosenheim, Robert Schmitt, macht „die Brutalität dieses Angriffs fassungslos“. Er hoffe auf ein konsequentes Handeln der Justiz, denn „Einsatzkräfte würden immer häufiger selbst zur Zielscheibe“. Für einen besseren Schutz lasse die Ambulanz Rosenheim ihre Mitarbeiter bereits seit Jahren in Selbstschutz- und Deeskalationstraining ausbilden.