Gesundheitspolitik:Klagen über Regelwut

Vor allem kleine Kliniken können Vorgaben nur schwer erfüllen

Von Dietrich Mittler

Bayerns Krankenhäuser - derzeit knapp mehr als 370 - sehen sich von einer Reformwelle aus Berlin überrollt. Nach Darstellung der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG) bringt diese "neben teilweise überzogenen Qualitätsvorgaben" mehr Bürokratie und dazu als "großes Ärgernis" auch noch neue Vorgaben zur Personalbesetzung in der Pflege. "Besonders kleine Krankenhäuser tun sich schwer, mit den stetig steigenden Anforderungen Schritt zu halten", sagte BKG-Geschäftsführer Siegfried Hasenbein am Dienstag in München. Die Situation sei ohnehin schwierig - allein schon angesichts des Fachkräftemangels.

Im Gefolge der Berliner Reformvorgaben tauchen laut Hasenbein vermehrt Studien auf, in denen der Bedarf an Kliniken möglichst drastisch heruntergerechnet wird. Insbesondere kleine Krankenhäuser gerieten zunehmend unter Feuer. Diesen Druck würden Bayerns Krankenkassen augenblicklich gern noch erhöhen. "Zu Recht erwarten die Patientinnen und Patienten eine steigende Behandlungsqualität, die sich in einer zu kleinteiligen Krankenhauslandschaft definitiv nicht umsetzen lässt", hieß es Anfang dieses Monats seitens der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen in Bayern.

Hasenbein hält solchen Argumenten entgegen: Kleinen Krankenhäusern der Grundversorgung per se die Kompetenz und die Existenzberechtigung abzusprechen, sei "wenig hilfreich". Und ein "heckenschnittartiger Bettenabbau" sei nicht die Lösung. Im Gegenteil: In einem Flächenstaat wie Bayern seien auch solche Häuser dringend notwendig. "Welche Entfernung und Fahrzeit zum Krankenhaus mute ich den Bürgern zu?", stellte Hasenbein als Frage in den Raum. Bislang sei die Politik nicht bereit, die Finanzierung der Grundversorgung sicherzustellen. Natürlich, so betonte Hasenbein, sei ein Strukturwandel nötig, aber dazu brauche es ein in die Zukunft gerichtetes Handeln - insbesondere des bayerischen Gesundheitsministeriums. Hasenbein drückte es diplomatisch aus: "Von der staatlichen Krankenhausplanung erwarte ich mir eine aktivere Rolle als Impulsgeber und Koordinator."

Um aus der Krise herauszukommen, bauen Bayerns Kliniken im Bereich der Notfallversorgung auf eine engere Kooperation mit den niedergelassenen ÄrztenDoch hier besteht, wie es scheint, noch reichlich Klärungsbedarf. Die Kassenärztliche Vereinigung beobachtet derzeit mit Argwohn, dass Bayerns Krankenhäuser mehr in die ambulante Patientenversorgung einsteigen wollen - ein klassisches Betätigungsfeld der niedergelassenen Ärzte. Ein Problem ist, dass viele Patienten in sprechstundenfreien Zeiten nicht den ärztlichen Bereitschaftsdienst in Anspruch nehmen, sondern die Notaufnahmen der Kliniken. Hasenbeins Einschätzung, dass es gut sei, wenn die Organisation des Bereitschaftsdienstes auf die Länder übergehe, stieß auf scharfen Protest der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, die diese Dienste organisiert.

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