Süddeutsche Zeitung

Gesundheitsministerium:Seniorenheim Gleusdorf darf keine neuen Patienten aufnehmen

  • Nach wie vor wird ermittelt, ob es im Seniorenheim in Unterfranken zu Misshandlungen von Heimbewohnern kam.
  • Nun gibt es einen Aufnahmestopp, der allerdings nicht im Zusammenhang mit den Vorwürfen steht.
  • Stattdessen erfüllt das Heim offenbar nicht die Vorgaben für den notwendigen Personalschlüssel.

Von Dietrich Mittler

Die im Landkreis Haßberge gelegene Seniorenresidenz "Schloss Gleusdorf" ist nach Recherchen der Süddeutschen Zeitung derzeit mit einem Aufnahmestopp belegt - das heißt, sie darf bis zur Aufhebung dieser Anordnung keine weiteren Bewohner aufnehmen. Eine Sprecherin des Gesundheits- und Pflegeministeriums bestätigte am Mittwoch den Sachverhalt. Sie betonte aber zugleich, der gegenwärtige Aufnahmestopp stehe in keinerlei Zusammenhang mit den derzeit laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen.

Der Tatvorwurf lautet auf vorsätzliche Körperverletzung sowie auf Misshandlung von Schutzbefohlenen. Der derzeitige Aufnahmestopp wurde indessen verhängt, weil das Heim offenbar die Vorgaben bezüglich des notwendigen Personalschlüssels nicht erfüllt. Die Verwaltung der Seniorenresidenz reagierte, wie bereits bei früheren SZ-Anfragen, unmissverständlich und dezidiert: "Über Interna werden wir keine Auskunft geben. Ich erzähle Ihnen doch nichts über meinen Personalschlüssel - ich bin doch nicht bescheuert!"

Pflegeministerin Melanie Huml (CSU) betonte unterdessen, ihr sei es "sehr wichtig", dass die Pflege und Betreuung auch in der Seniorenresidenz Schloss Gleusdorf "angemessen gewährleistet wird". In diesem Sinne habe sie nach Bekanntwerden der Vorwürfe - die Staatsanwaltschaft ermittelte anfangs sogar wegen eines ungeklärten Todesfalls - angeordnet, dass die Heimaufsicht des Kreises Haßberge die Einrichtung "engmaschig" begleiten solle. Dies geschieht wie angeordnet.

Am Dienstag erst hatte eine Beamtin des Ministeriums im Gesundheitsausschuss des Landtags berichtet, inzwischen hätten mehr als zehn Besuche in der Einrichtung stattgefunden - mit dem Ziel der Beratung zu Themen wie "Fachkraftquote und Personalausstattung". Auch sei das Pflegeministerium dabei, eine Gesetzesänderung vorzubereiten, damit die Heimaufsicht künftig bei Krisenfällen eher durchgreifen kann.

Die SPD-Fraktion im Landtag will nun als Reaktion auf den Fall Gleusdorf einen Antrag einbringen. Ruth Waldmann, die pflegepolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, sagte: "Bei Missständen in der Pflege brauchen wir einen Schutz von Whistleblowern." Bislang nämlich schwiegen viele Pflegekräfte auch bei schweren Missständen. Vor allem, weil sie um ihren Arbeitsplatz bangten.

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Quelle:
SZ vom 22.06.2017/axi
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