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Gesundheit - München:Regierung: Klarsichtmasken erfüllen nicht Corona-Vorgaben

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München (dpa/lby) - Klarsichtmasken aus Kunststoff schützen nach Einschätzung des bayerischen Gesundheitsministeriums nicht ausreichend wirksam für Ansteckungen mit dem Coronovirus. Die durchsichtigen Masken gelten damit nicht mehr als ausreichende Mund-Nasen-Bedeckung, etwa an Orten, an denen Maskenpflicht herrscht, teilte ein Ministeriumssprecher am Donnerstag in München mit.

Zuvor war eine Studie der Hochschule München öffentlich geworden, die den Nutzen von Klarsichtmasken stark in Frage stellte. Tests hätten ergeben, dass die Aerosole unter den Klarsichtmasken austreten und sich dann unkontrolliert ausbreiten können. Dies bedeute ein hohes Ansteckungsrisiko, sagte der Leiter der Studie, der Münchner Professor Christian Schwarzbauer.

Der Geschäftsführer der Vertreiberfirma smile by ego, Christian Bär, zeigte sich angesichts der Entscheidung des Ministeriums fassungslos. Es seien mehr als eine Million Masken im Umlauf, vorrangig in Bayern. Vermutlich würden nun bis zu 100 Mitarbeiter ihren Job verlieren. Er monierte, die Studie der Hochschule München sei noch nicht abgeschlossen. Die Ergebnisse, die mit textilen Masken zu erzielen seien, fielen nicht besser aus, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Die oft nach unten und zur Seite offenen Klarsichtmasken sind seit einigen Monaten auf dem Markt und von Anfang an umstritten. Befürworter halten sie für günstiger, weil sie das Erkennen von Mimik um die Mundpartie des Trägers erlauben. Einige Schulen und andere Einrichtungen hatten die Masken sogar zeitweise ausdrücklich empfohlen.

Klarsichtmasken aus Kunststoff, auch wenn sie eng anlägen, entsprächen nicht den Vorgaben zur Vermeidung von Aerosolen, teilte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums am Donnerstag mit. Die Masken seien damit den Kunststoffvisieren gleichzustellen, die die Regierung schon seit längerer Zeit nicht gelten lässt. Zunächst sei man davon ausgegangen, dass die Klarsichtmasken ausreichenden Schutz böten. Mit zunehmendem Fortschritt der Erkenntnisse über Corona-Infektionen habe dies präzisiert werden müssen.

Die Anforderungen würden nur durch textile Masken erfüllt, die einen Abschluss zur Gesichtshaut bildeten und keinen Spalt für das Ausdringen von Aerosolen freiließen. Zuerst hatte der Bayerische Rundfunk darüber berichtet.

"Vor allem in geschlossenen Räumen, wie zum Beispiel in Schulen, Kitas, Büros oder öffentlichen Verkehrsmitteln, ist von der Verwendung solcher Masken dringend abzuraten", sagte Christian Hanshans, Professor für medizinische Grundlagen und Medizintechnik an der Hochschule München (HM), der die Studie als Mediziner und Projektingenieur begleitete.

Der Behindertenbeauftragte der Staatsregierung, Holger Kiesel, verlangte eine Ersatzlösung für diejenigen, die wegen ihrer gesundheitlichen Einschränkungen keine der üblichen Masken tragen können oder wollen: "Damit diese Menschen nach dem Verbot der Klarsichtmasken nicht noch mehr als bislang in ihrem Alltag eingeschränkt und diskriminiert werden, fordere ich Forschung, Politik und Hersteller dringend auf, hier schnellstens neue Lösungen zu entwickeln und anzubieten, die den Anforderungen des Infektionsschutzes und den Bedürfnissen der Menschen mit Behinderung gerecht werden."

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