Gesetzentwurf:Bayern will Schleier im öffentlichen Dienst verbieten

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Eine Verhüllung des Gesichts widerspreche der Kultur der offenen Kommunikation "diametral", argumentiert Bayerns Innenminister. (Foto: Getty Images)
  • Die bayerische Staatsregierung will das Tragen von Niqab und Burka im öffentlichen Dienst, an Hochschulen, Schulen und Kindergärten verbieten.
  • Innenminister Joachim Herrmann (CSU) argumentiert mit dem freiheitlich-demokratischen Werteverständnis und der staatlichen Pflicht zur Neutralität.
  • Laut dem Gesetzentwurf soll das Verbot auch beim Autofahren und in anderen Alltagssituationen gelten.

Von Lisa Schnell

Lehrerinnen oder Richterinnen in Bayern dürfen ihr Gesicht nicht aus religiösen Gründen verhüllen. Am Dienstag hat das Kabinett einen Gesetzentwurf beschlossen, der das Tragen von Niqab und Burka im öffentlichen Dienst, an Hochschulen, Schulen und Kindergärten verbietet. Auch beim Autofahren, bei Personenkontrollen oder im Wahllokal soll das Burka-Verbot gelten.

Eine Kultur der offenen Kommunikation gehöre zum freiheitlich-demokratischen Werteverständnis, sagte Innenminister Joachim Herrmann nach der Kabinettssitzung. "Wir kommunizieren auch durch Blicke, durch Gestik und Mimik. Das ist Basis unserer Gesellschaft", sagte Herrmann. Eine Verhüllung des Gesichts widerspreche dieser Kultur "diametral".

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Wird über ein Verbot geredet, sind meist Niqab und Burka gemeint. Doch es gibt noch andere Varianten.

Gerade Beamten repräsentierten das Gemeinwesen und seien zur Neutralität gegenüber dem Bürger verpflichtet. Kindergärten und Schulen hätten den Erziehungsauftrag, kommunikative Fähigkeiten zu vermitteln. Mit einem Schleier vorm Gesicht sei das aber nicht möglich, so Herrmann. Kinder könnten die Reaktion ihrer Lehrerin nicht einschätzen und diese die Aufmerksamkeit der Kinder nicht richtig bewerten.

Auf die Frage, wie viele Beamte von dem Verbot betroffen sein werden, sagte Herrmann. "Im öffentlichen Dienst gibt es bislang keinen, der eine Burka trägt." Mit dem Verbot wolle man aber dafür sorgen, dass das auch so bleibe. Herrmann bekräftigte außerdem, dass die verfassungsrechtliche Diskussion um ein generelles Burka-Verbot im öffentlichen Raum noch nicht abgeschlossen sei.

"Wir lösen damit Probleme, die wir nicht haben"

Bei ihrem Parteitag im November 2015 hatte die CSU ein allgemeines Burka-Verbot gefordert. Für eine solche Regelung ist allerdings der Bund zuständig. Kanzlerin Angela Merkel hatte mehr als deutlich gemacht, dass sie von einem allgemeinen Burka-Verbot nichts halte und auf die verfassungsrechtlichen Probleme verwiesen. Auch Innenminister Herrmann ist persönlich der Ansicht, dass ein grundsätzliches Verbot vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nicht bestehen könnte. Ministerpräsident Horst Seehofer soll es aber ein Anliegen gewesen sein, die Tür für eine mögliche Verschärfung nicht vollends zuzuschlagen, heißt es aus dem Kabinett.

Die grüne Landtagsabgeordnete Ulrike Gote steht dem Burka-Verbot im öffentlichen Dienst kritisch gegenüber. "Wir lösen damit Probleme, die wir nicht haben", sagte sie. Das Verbot betreffe niemanden und sei nur "Symbolpolitik". Es sende außerdem das falsche Signal aus, dass der Islam unsere Gesellschaft bedrohe. Von der Burka hält Gote zwar nach eigenem Bekunden nichts, ihr müsste man aber eher Aufklärungsprogramme für Frauen entgegenhalten als ein Verbot. Peter Paul Gantzer von der SPD findet den Gesetzentwurf der Staatsregierung dagegen richtig. "Wer hier eine Burka trägt, der negiert das deutsche Gesellschaftsmodell", sagte er.

© SZ vom 22.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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