Süddeutsche Zeitung

Denkmal in Geroldshausen:Schild klärt auf über Name von KZ-Arzt

Von Olaf Przybilla, Geroldshausen

Seit beinahe 70 Jahren prangt der Name eines Auschwitz-Arztes auf dem Kriegerdenkmal in der unterfränkischen Gemeinde Geroldshausen: Eduard Wirths, dem als KZ-Standortarzt im mörderischen Räderwerk des Lagers eine maßgebliche Rolle zukam - etwa als Vorgesetzter von Josef Mengele. Ob man diese Erwähnung eines Massenmörders auf einem Ehrenmal mitten im Ort nicht früher wahrgenommen hat oder nicht früher wahrnehmen wollte, wird wohl noch lange Gegenstand der Diskussionen in der 1250-Einwohner-Ortschaft im Landkreis Würzburg sein. Nach einer Gemeinderatssitzung aber hat Geroldshausen nun eine erste Konsequenz gezogen. Vor dem Kriegerdenkmal ist vorerst ein Schild platziert worden, auf dem die Haltung der Gemeinde nachzulesen ist. Demnach habe der Name des KZ-Arztes "auf dem Denkmal nichts zu suchen".

Der Gemeinderat verurteile die in Konzentrationslagern verübten Kriegsverbrechen des aus Geroldshausen stammenden Arztes aufs Schärfste, heißt es darauf. Der Umgang mit dem Kriegerdenkmal übersteige aber in seiner Bedeutung die "Möglichkeiten der Gemeinde". Man suche deshalb Unterstützung geeigneter Personen oder Institutionen. Danach werde man entscheiden, "in welcher Form" die Entscheidung aus dem Jahr 1951, Eduard Wirths' Name auf dem Denkmal in Stein zu meißeln, revidiert werden soll.

Bürgermeister Gunther Ehrhardt hat zudem angekündigt, er wolle Anfang nächster Woche Christoph Heubner, Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, seine Überlegungen zum weiteren Vorgehen mitteilen. Heubner hatte die fortlaufende Ehrung des KZ-Arztes in Geroldshausen scharf kritisiert. Überlebende von Auschwitz seien "entsetzt und empört" darüber.

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SZ vom 13.03.2021/van
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