Gerhard Polt wird 75:"Das ist ein Osterhasi, kein Nikolausi"

Niemand grantelt so schön, niemand charakterisiert kleinbürgerliche Abgründe so gut: Der Kabarettist Gerhard Polt wird 75. Zum Geburtstag haben wir seine schönsten Sketche und lustigsten Sprüche gesammelt.

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Gerhard Polt

Quelle: Catherina Hess

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So schön und wütend wie Gerhard Polt grantelt kein anderer Bayer. Ohne Zweifel, der Mann ist einer der begnadetsten Kabarettisten des Landes. Er überhöht das Kleinbürgerliche, dass es die Zuschauer fröstelt, Politiker, die jedes Rollenklischee erfüllen, Intellektuelle und stumpfe Beamte. Es ist ein kindliches Staunen über menschliche Absonderlichkeiten - und Abgründe. Nun wird Polt 75 Jahre alt. Wir schauen zurück auf sein Leben, seine besten Sketche und Sprüche.

Braucht's des?! - Gerhard Polt zum 70sten

Quelle: Stadtarchiv Altötting

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Geboren wurde Polt in München, aufgewachsen ist er aber im Wallfahrtsort Altötting. Streng katholisch und tief schwarz. So hatte er schon früh Gelegenheit, die Abgründe bayerischer Befindlichkeit zu studieren. Altötting sei "sehr günstig", wenn man Komiker werden wolle, erklärt Polt gerne. Und über seine Kindheit in einer Metzgerei: "Als Kind in einer Metzgerei aufzuwachsen ist ein Privileg, welches von anderen Kindkollegen nicht genug beneidet werden kann." Oder auch: "Im Gegensatz zu Brutstätten trostloser Fadheit wie Kindergärten ist eine Metzgerei ein Eventparadies."

Braucht's des?! - Gerhard Polt zum 70sten

Quelle: Literaturhaus München

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Das Bild zeigt Polt, der übrigens evangelisch getauft wurde, bei seiner Kommunion 1952. Nach dem Studium in München zog es Polt ins Ausland. Er studierte nordische Sprachen und lebte vier Jahre in Schweden. Danach arbeitete Polt zuerst als Dolmetscher, Übersetzer und Lehrer, bevor er 1976 in München erstmals als Kabarettist auftrat. Mit Preisen und Ehrungen wurde Polt danach geradezu überschüttet. Und bald wurde der Satiriker, der heute mit seiner Frau am Schliersee lebt, auch außerhalb Bayerns populär.

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Quelle: Niels P. Jørgensen

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Ab 1979 wurde die Sketchserie "Fast wia im richtigen Leben" im Bayerischen Fernsehen ausgestrahlt. Polt zeigt darin mit Gisela Schneeberger die Skurrilität des alltäglichen Lebens. Eine Szene spielt in einem Wirtshaus, ein Betrunkener spendiert zwei Halbwüchsigen einen Schnaps und erklärt ihnen:

"Habts es jetz scho amal gvögelt oda net? Des ist ja ein trauriges Kapitel. I zahl eich das Puff! Geh ma ins Puff? Kommt's mit? Ich zahl's. Damit euch der Wind des Lebens erfasst."

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Quelle: SZ

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Einer der deftigsten Sketche von Polt heißt "Mai Ling". Im Jahr 1979 setzte sich Polt alias Herr Grundwürmer auf ein Sofa - neben ihm eine junge Asiatin. Sie werden von einer Kamera gefilmt.

"Sag a mal schön Grüß Gott Mai Ling. (Zum Fernsehzuschauer) Ich hab sie erst seit drei Wochen. Mai Ling heißt's. Ich heiße ja Grundwürmer und sie jetzt natürlich eigentlich auch. Also Mai Grundwürmer, geborene Ling. 2785 Mark ab Bangkok Airport hab ich bezahlt, das ist relativ preiswert. (...) Sie ist auch sehr sauber, sie schmutzt nicht. (...) Mai Ling, hol a mal den Katalog, wo du drin warst."

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Quelle: imago stock&people

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Bekannt sind auch Polts Kinofilme "Kehraus" (1983), "Man spricht deutsch" (1988) und "Germanicus" (2004). In "Man spricht deutsch" macht ein Ehepaar aus Ampermoching mit Sohn Heinz-Rüdiger Urlaub in Terracina am Mittelmeer - und dabei wird ihnen das Leben schwer gemacht. Die Familie schimpft über die Hitze, hat Angst vor Autodieben und versucht vergeblich, sich mit dem italienischen Kellner zu unterhalten. Eine typische Szene, die Eltern schreien über den Strand:

"Heinz-Rüdiger, noch nicht ins Wasser, Heinz-Rüdiger, noch nicht ins Wasser, erst eincremen. Heinz-Rüdiger!"

Der bayerische Kabarettist Gerhard Polt wird 70

Quelle: dapd

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Hunderte Auftritte absolvierte Polt mit Christoph ("Stofferl"), Hans und Michael Well alias "Die Biermösl Blosn".

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Quelle: Niels P. Jørgensen

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Legendär ist auch der Sketch "Longline" aus dem Programm "Bayern Open" aus dem Jahr 1996. Polt beschreibt darin eine Mutter, die die Fassung verliert - obwohl doch Tennis ein Sport der Selbstbeherrschung sei. Doch dann verliert der Kabarettist selbst die Contenance.

"Die Frau ruft: 'Oliver, Oliver, pass auf, er spielt Longline.' Ich bin eigentlich ein gutmütiger Mensch, mit mir kann man Pferde stehlen. Bei dieser Frau ist mir der Kragn geschwollen. Diese Frau hat mich dazu animiert, bis ich selber zu meinem Sohn runtergerufen habe: 'Noel, blas den Krüppel weg vom Platz.' (...) So was wie du gehört doch mit der Scheißbürsten rausgehaut. (...) So eine Hämorridenpritsche - so etwas ist einfach unter meinem Niveau."

Gerhard Polt

Quelle: Catherina Hess

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Immer wieder greift Polt in seinen Sketchen Politiker an, insbesondere die der CSU. So zum Beispiel in "Democracy", das 1997 auf der CD "Der Standort Deutschland" erschien. In gebrochenem Englisch bringt Polt darin den Afrikanern das Wesen der bayerischen Verfassung näher:

"Ladies and Gentleman it is me a pleasure and an honour today to be here. In Africa, in your nice country of Tschurangrati. My dear, Tschurangratlers. The Hanns-Seidel-Stiftung kindly asked me to teach the basics of the modern form of government democracy. (...) The idea of Freibier in Bavaria is deeply religious. The more you drink the earlier the ghost of democracy is visible."

Gerhard Polt, 2001

Quelle: Sueddeutsche Zeitung Photo

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Bei manchen Polt-Sprüchen bleibt einem das Lachen im Hals stecken - auch bei diesen:

"Der Freistaat Bayern - das ist eine Demokratie. Kein Mensch hier bei uns wird gezwungen, eine Minderheit zu sein. Ein jedweder hat das Recht, sich zur Mehrheit zu bekennen."

Oder:

"Der Asiate hat die Freiheit nicht erfunden, aber er ist liberal. Im Gegensatz zu uns Deutschen. Denn wo kann denn hier ein Kind, wenn es will, noch zwölf Stunden arbeiten."

Braucht's des?! - Gerhard Polt zum 70sten

Quelle: Literaturhaus München

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Legendär ist auch der Sketch "Nikolausi Osterhasi", den Polt-Anhänger jedes Jahr an Ostern und am Nikolaus mit Begeisterung anhören:

Kind: Nikolausi

Vater: Hehe, der Kleine. Das ist nicht Nikolausi, das ist Osterhasi.

Doch das Kind sagt weiter Nikolausi. Dreimal versucht der Vater, es ihm zu erklären. Doch dann verliert er die Geduld.

Kind: Nikolausi.

Vater: Ja, Rotzbub, frecher, wie soll ichs dir denn noch erklären. Gleich schmier ich dir eine!

Kind: Nikolausi.

Vater: Ja Herrschaftszeitenmalefitz, jetzt widerspricht er ständig. Jetz hör doch einmal zu. Das ist Osterhasi.

Kind: Nikolausi.

Vater: Das ist kein Nikolausi. Wenn einer sich einmal in einen Gedanken verrennt, dann ist er ja wie vernagelt.

Kind: Nikolausi.

Vater (schreit hysterisch): Das ist ein Osterhasi, kein Nikolausi. Osterhasi, Osterhasi, verstanden?

Kind: Nikolausi.

Der bayerische Kabarettist Gerhard Polt wird 70

Quelle: dapd

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Polt erzählt auch dann Geschichten, wenn er gar nichts sagt. "I sag nix!", hatte der Preisträger 1980 erklärt und live im Fernsehen zehn Minuten geschwiegen. Das war bei der Verleihung des Deutschen Kleinkunstpreises. Polt übte so Rache für einen Akt der Zensur. Das ZDF hatte ihm den Spitznamen "Old Schwurhand" für den CSU-Politiker Friedrich Zimmermann untersagt - eine Anspielung auf dessen im Bundestag geschworenen Meineid.

© SZ.de/lala/amm
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