Fall Genditzki: Was, wenn alles anders war?

Seit zehn Jahren sitzt Manfred Genditzki im Gefängnis. Er soll eine Rentnerin in der Badewanne ermordet haben. Seine Anwältin hat neue Indizien und eine neue Zeugin und will die Wiederaufnahme des Verfahrens.

Es war Ende Januar, Anfang Februar dieses Jahres, so genau weiß Christiane Eyssele das nicht mehr, als sie im Wartezimmer ihres Hausarztes in Remseck bei Ludwigsburg eine Art Déjà-vu-Erlebnis hatte. "Mir gegenüber saß eine ältere Dame", sagt sie, "ich guck so von der Seite und krieg einen Heidenschreck: Das ist doch die Frau Kortüm." Aber auf den zweiten Blick erkannte sie: Das konnte nicht Lieselotte Kortüm sein, die einstige Geliebte ihres Vaters und ihre Freundin und Mentorin, die sie seit fast zwanzig Jahren aus den Augen verloren hatte. Lotte, wie sie Frau Kortüm immer genannt hatte, müsste ja jetzt an die hundert Jahre alt sein, und so alt war die Dame im Wartezimmer keinesfalls. Aber die Ähnlichkeit war verblüffend, und deshalb setzte sich Christiane Eyssele nach dem Arztbesuch an den Computer und recherchierte.