Süddeutsche Zeitung

Kampf gegen den Abfall:Kippendoserl fürs Hosentascherl

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Rauchen gefährdet die Gesundheit - und verdreckt Straßen und Plätze. Grund genug für Gemeinden und Städte kreativ zu werden.

Kolumne von Johann Osel

Es hat Züge eines Überbietungswettbewerbs, aber dahinter steckt eine richtig sinnvolle Sache - wenn Kippensammler im Netz ihre Funde präsentieren. Einer der beliebtesten Hashtags in den sozialen Netzwerken heißt: #stopptdiekippenflut, Beispiele nur aus dem Juli zeigen schon, dass das mit der Flut keineswegs übertrieben ist. Fridolfing im Kreis Traunstein, ein Mann, anderthalb Stunden Spaziergang - 150 achtlos weggeworfene Zigaretten. Mühldorf am Inn, ausgerechnet rund um eine Mittelschule ergibt sich ein 25-Liter-Sack Unrat, unzählige Kippen dabei. In Amberg heben bei einer Aktion sogar Wirte am Marktplatz Kippen auf. Und in Landsberg am Lech haben Stummelklauber aus der Region neulich zu siebt gesammelt - 3500 Zigaretten, die Beute legten sie vorm Entsorgen für ein Foto am historischen Rathaus ab; es ist ein Hügel. Dieser hätte, schreibt ein Teilnehmer aus Kaufering, 950 Badewannen Grundwasser verunreinigt. Bähh!

Nicht nur ehrenamtliche Umweltschützer treibt das eklige Problem um, sondern auch viele Kommunen. Dabei geht es durchaus um Ästhetik: verschmutzte Stadtplätze. Zuckerbrot oder Peitsche bieten sich an, um diesem Chaos beizukommen, um Übeltäter, derer es viele geben muss, zu erziehen. Zuletzt hörte man häufig von der Peitsche: Der Rahmenkatalog des Freistaats sieht nur 20 Euro Bußgeld als Richtschnur vor, vielerorts wurde über höhere Summen debattiert. Andernorts, wie in Rosenheim oder Nürnberg, gingen Kontrolleure auf Streife.

In Freyung in Niederbayern kommt nun die milde Variante. Die Werbegemeinschaft verschenkt 1000 taschentaugliche Aschenbecher, der Stadtrat hat Unterstützung zugesagt, einstimmig Ja, berichtet die Passauer Neue Presse. Das Kippendoserl (Platz für neun Stück) soll Wirkung zeigen, so die Hoffnung, der Blick geht auch präventiv zur Landesgartenschau 2023, bei der man nicht als Ort der Saubären in Erinnerung bleiben will. Neue Großaschenbecher sollen als Sammelstellen fungieren.

Bleibt zu hoffen, dass das so klappt. In Kürnach in Unterfranken erregte mal ein Unhold Aufsehen, den ein Radiosender den "Kippenkipper von Kürnach" taufte. Er nutzte zwar einen Aschenbecher, leerte ihn aber jeden Tag (wohl auf dem Weg zur Arbeit) beim Warten am Kreisverkehr aus. Ein tägliches Häufchen Ärgernis.

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Quelle:
SZ vom 15.07.2020
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