Geldgeschenke des bayerischen Finanzministers:Söder - der Nürnberger Witwentröster

Markus Söder Nürnberg

Söder führe sich auf wie "der Burgherr von Nürnberg", lästern die Grünen. Dieses Bild vom Minister auf der Kaiserburg zeigt: Sie könnten recht haben.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ein Zuschuss hier, eine Bewilligung dort: Finanzminister Markus Söder macht mit den Mitteln des Freistaates Politik in eigener Sache. Er hat Beamten-Witwen Geldgeschenke zukommen lassen. Das Pikante: Die begünstigten Frauen stammen fast alle aus dem Nürnberger Raum. Söders Heimat.

Von Mike Szymanski

In launigen Minuten erzählt Ministerpräsident Horst Seehofer gerne, warum Besuche in Franken für ihn besonders erhellend seien. Erst bei diesen Gelegenheiten erfahre er, wie viel Geld sein fränkischer Finanzminister Markus Söder (CSU) wieder einmal und ohne großes Aufsehen darum zu machen in den Norden des Freistaats geschleust hat.

Ein Zuschuss hier, eine Bewilligung dort - als Finanzminister sitzt Söder an den wirklich wichtigen Hebeln der Macht: Er verwaltet die Kasse. Seehofer scherzt, er sei selbst immer wieder überrascht, wie viele dankbare Leute bei Franken-Besuchen auf ihn zukämen, seitdem Söder 2011 auf diesen einflussreichen Posten gerückt ist.

Wie sehr Söder mit den Mitteln des Freistaat Politik in eigener Sache macht, offenbart nun ein ungewöhnlicher Vorgang, der in die Tiefen des Haushalts führt. Genauer gesagt zu Einzelplan 13, Allgemeine Finanzverwaltung, Haushaltstitel 529 01. Dort steht "für außergewöhnlichen Aufwand aus dienstlicher Veranlassung in besonderen Fällen". Söder finanziert daraus eine Rolle, in der er bisher ausnahmsweise mal nicht offensiv öffentlich in Erscheinung getreten ist: die des Witwentrösters.

Das Budget ist eigentlich für repräsentative Zwecke gedacht. Geld, um Staatsgäste einzuladen und abends mit ihnen Essen zu gehen, für Kaffee und Häppchen, wenn Söder sich mit Ausschüssen des Landtags trifft. Ein prächtiger Blumenstrauß für besondere Anlässe soll auch drin sein. Es geht bei diesem Posten weniger ums Protzen, sondern um das, was sich im Alltag einer Behörde so gehört. Söder hat einen Weg gefunden, das Geld offenbar ertragreicher für sich anzulegen. Er hat sich bei Beamten-Witwen bevorzugt aus seiner Heimat Nürnberg beliebt gemacht, indem er ihnen als "Weihnachtsspende" 100 Euro zukommen ließ.

Söder ist nicht nur Finanz-, sondern auch Beamtenminister, weil er für den öffentlichen Dienst zuständig ist. Wie sich nun zeigt, fühlen sich Bayerns Finanzminister offenbar seit jeher den Beamtenfamilien besonders verpflichtet: "Seit über 40 Jahren gewährt das Finanzministerium bis zu 20 besonders unterstützungsbedürftigen Angehörigen ehemaliger Beamter eine Weihnachtsspende", antwortet Söder auf eine Anfrage des Grünen-Politikers Sepp Dürr, der nachhakte. Seitdem Söder die Geschäfte im Haus am Münchner Odeonsplatz führt, kam allerdings mindestens die Hälfte der auf diese Weise begünstigten Witwen aus Nürnberg.

Für den Abgeordneten Dürr ist der Fall klar: "Dass vor der Landtagswahl vor allem Witwen im Nürnberger Raum bedürftig sein sollen, lässt sich ja wohl nur durch Söders Kandidatur in Mittelfranken erklären." Söder führe sich auf "wie der Burgherr" von Nürnberg. "Das geht nach dem Motto: Gnade statt Recht. Der Staat muss seine Beamten und ihre Angehörigen ausreichend alimentieren, dann braucht es keine Gnadenakte", ärgert sich Dürr über Söder. "Ihm ist in seinem Ehrgeiz jedes Mittel recht und keines zu gering."

Regionale Schwerpunktsetzung - so verteidigt sich Söder. 2013 sollen Witwen aus Ostbayern zum Zuge kommen, 2014 aus Schwaben , um "eine ausgewogene regionale Verteilung zu gewährleisten", wie Söder erklärt. Wenn es überhaupt noch dazu kommt. Die Prüfer vom Bayerischen Obersten Rechnungshof (ORH) sind skeptisch. Das Geld diene "grundsätzlich nur dazu, Ausgaben zu bestreiten, die aus der Erfüllung von Repräsentationsverpflichtungen herrühren". Witwentrösten gehört nicht dazu.

Korrektur: In einer früheren Version des Artikels wurde auf den falschen Einzelplan Bezug genommen. Es war von Einzelplan 6, Staatsministerium der Finanzen, Haushaltstitel 529 01-6 die Rede. Dies ist nicht korrekt, es handelt sich um Einzelplan 13, Allgemeine Finanzverwaltung, Haushaltstitel 529 01.

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