Geiselnahme in Ingolstadt:Täter legt volles Geständnis ab

Prozessbeginn um Geiselnahme im Rathaus Ingolstadt

Zum Prozessbeginn in Ingolstadt legt der 25-Jährige ein volles Geständnis ab.

(Foto: dpa)

Er nahm vier Personen im Rathaus als Geiseln und bedrohte sie. Jetzt steht der Täter in Ingolstadt vor Gericht. Zum Prozessauftakt lässt der 25-Jährige ein Geständnis verlesen - er selbst will sich nicht äußern.

  • Ab heute wird eine spektakuläre Geiselnahme vor einem Jahr im Rathaus von Ingolstadt vor Gericht verhandelt. Erst nach Stunden konnte das Sondereinsatzkommando damals die Geiseln befreien.
  • Ein 25-Jähriger muss sich wegen Geiselnahme in vier Fällen verantworten - unter den Geiseln war auch der Dritte Bürgermeister von Ingolstadt, Sepp Mißlbeck.
  • Der erste Tag im Prozess beginnt mit einem Geständnis des Angeklagten.

Angeklagter gesteht, will sich aber nicht vor Gericht äußern

Weil er im Rathaus von Ingolstadt vier Geiseln nahm, muss sich ein 25-Jähriger seit heute vor Gericht verantworten. Zum Prozessauftakt ließ der Mann eine Erklärung von seinem Pflichtverteidiger Jörg Gragert verlesen. Darin räumt er die Geiselnahme von zwei Frauen und zwei Männern ein. Darunter auch eine Frau, die er seit Jahren verfolgte.

Er habe den Opfern aber kein körperliches oder seelisches Leid zufügen wollen, ließ der Mann, der bereits wegen Stalkings verurteilt ist, erklären. Er wolle sich ausdrücklich bei den Opfern entschuldigen. Gleichzeitig machte er aber deutlich, dass er sich selbst nicht vor dem Landgericht Ingolstadt zu den Vorwürfen äußern wird.

Geiselnahme endete erst nach stundenlangen Verhandlungen

Die Geiselnahme im Alten Rathaus der Großstadt war am Abend des 19. August 2013 nach stundenlangen Verhandlungen von einem Sondereinsatzkommando der Polizei beendet worden. Die Geiseln wurden befreit. Der Täter, der mit einem Jagdmesser und der Attrappe einer Pistole bewaffnete war, wurde mit zwei gezielten Schüssen in Schulter und Bein außer Gefecht gesetzt.

Staatsanwaltschaft Ingo Desing schildert am ersten Prozesstag am Dienstag noch einmal das Geiseldrama. Demnach hatte der damals 24-Jährige das Gebäude an jenem Montag gegen 8.30 Uhr betreten. Zielstrebig ging er ins Büro der Frau, die er seit langem verfolgten. Er brachte die Angestellte in seine Gewalt und auch den Dritten Bürgermeister Sepp Mißlbeck und zwei weitere Bedienstete.

Anschließend forderte der Geiselnehmer eine schriftliche Entschuldigung der Stadt, die ihm angeblich Leid zugefügt habe. Tatsächlich wurde im Rathaus ein Entschuldigungsschreiben verfasst. Der Mann forderte, dass das gegen ihn verhängte Hausverbot im Rathaus aufgehoben wird. Zudem machte er die Rathausverwaltung für einen angeblichen sexuellen Missbrauch durch seinen Vater verantwortlich. Die Behörde hätte ihn aus der Obhut seines Vaters nehmen müssen, argumentierte der Mann.

Mögliches Tatmotiv

Als Tatmotiv gilt die massive Verärgerung des Mannes über das Hausverbot im Rathaus, das wegen des jahrelangen Stalkings der Mitarbeiterin ausgesprochen worden war. Drei Wochen vor der Geiselnahme war der damals 24-Jährige bereits wegen Stalkings, Hausfriedensbruchs, Beleidigung und Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt worden.

Ständig, so der Staatsanwalt, habe der Geiselnehmer Todesängste bei seinen Opfern hervorgerufen. Der von ihm verfolgten Frau hielt er die Pistole an die Schläfe, die nicht als Attrappe erkennbar war. Um seine Forderung nach Zigaretten zu unterstreichen, habe er der Frau gedroht, er werde ihr "eine Kugel in den Kopf jagen", so die Anklage.

Tat löste Diskussionen über Strafen für Stalking aus

Zwei Geiseln ließ er im Laufe des Tages frei, ehe das SEK das Geiseldrama gegen 17.45 Uhr beendete. Mehr als 200 Polizisten hatten den Rathausplatz währenddessen weiträumig abgesperrt, Geschäfte mussten schließen. Auch ein Wahlkampfauftritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor dem Rathaus wurde abgesagt.

Der Fall löste eine Diskussion über härtere Gesetze gegen Stalking aus. Für die damalige Justizministerin Beate Merk (CSU) war der Vorfall ein weiterer Beleg, dass Stalking härter bestraft werden muss. Auch Innenminister Joachim Herrmann (CSU) teilte diese Auffassung. Für den Prozess vor dem Landgericht Ingolstadt sind neun Verhandlungstage vorgesehen. Am Dienstagnachmittag soll das Stalkingopfer aussagen. Mit einem Urteil wird am 24. Oktober gerechnet.

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