Geheime Geschäfte:Bayern, Zentrum der Waffenindustrie

Kampfpanzer Leopard 2

Exportgut: Panzer Leopard 2

(Foto: dpa)

Panzer, Raketen, Lenkflugkörper und Hightech-Drohnen: Die Mächtigen dieser Welt finden in Bayern alles, um einen Krieg zu führen. Etwa 70 Rüstungshersteller und Zulieferbetriebe finden sich im Freistaat - doch konkretere Zahlen und Fakten sollen geheim bleiben.

Von Ralf Scharnitzky

Es sind Güter, mit denen man nicht so gerne Werbung macht - weder als Land noch als Unternehmen: Waffen aller Art. Und deshalb gibt es die Rüstungsindustrie im Freistaat offiziell gar nicht. Dabei ist Bayern, und hier vor allem der Süden, ein Zentrum der deutschen Wehrtechnik. Etwa 70 Hersteller und zahlreiche Zulieferbetriebe gibt es: vom großen Fahrzeugbauer bis zum kleinen Schraubenlieferanten. Die Mächtigen dieser Welt finden hier alles, was sie brauchen, um einen Krieg zu verhindern. Aber auch um ihn zu führen: Panzer, Raketen, Lenkflugkörper und Hightech-Drohnen.

Weder im Wirtschaftsministerium noch bei der mächtigen Vereinigung der bayerischen Wirtschaft gibt es konkrete Zahlen über Firmen, Umsätze und Mitarbeiter im Rüstungsbereich. Die Erfassung sei, hört man, zu kompliziert. Der angebliche Grund: Die meisten Waffenhersteller bringen auch zivile Produkte auf den Markt, zum Beispiel Flugzeuge und Satelliten oder Antriebssysteme für Waschmaschinen und Schlüsselrohlinge. Eine Abgrenzung sei da unmöglich.

In Deutschland gibt es, diese Zahlen sind öffentlich, etwa 200 Waffenhersteller und mehrere hundert Zulieferbetriebe. Ein Drittel soll ihren Sitz in Bayern haben. 80 000 Menschen sind in der Branche bundesweit beschäftigt. Der jährliche Umsatz beträgt bei einer Exportquote von 70 Prozent 17 Milliarden Euro. Im Landesamt für Statistik werden zwar bayerische Daten erhoben, aber herausgegeben werden sie nicht. "Sie unterliegen strengster Geheimhaltung", heißt es hinter vorgehaltener Hand. Wer das veranlasst hat, ist noch geheimer.

Einige Firmen selbst geben sich nicht so verschlossen: Auf der Homepage von Krauss-Maffei Wegmann (KMW) in München-Allach rasen mehrere Kettenfahrzeuge, begleitet von einem Kampfhubschrauber, auf den Betrachter zu. KMW, nach dem Rückzug von Siemens ein reines Familienunternehmen, ist Marktführer in Europa für hochgeschützte Rad- und Kettenfahrzeuge. Streitkräfte von mehr als 30 Nationen gehören zu den Kunden. Ebenfalls in Familienhand ist das Nürnberger Metallunternehmen Diehl. In ihrer Sparte Defense stellt das Weltunternehmen Lenkflugkörper, Selbstverteidigungssysteme für Schiffe und Spezialmunition her - und wirbt dafür offensiv auf ihrer Internetseite. In Penzberg werden im kleinen 160-Mann-Betrieb EMT unbemannte Drohnen gebaut. Im Einsatz sind die mit Kameras ausgerüsteten Kleinstflugzeuge auch in Afghanistan, um die Umgebung rund um Bundeswehrlager zu kontrollieren und Patrouillen zu sichern.

Nach 1945 stand vor allem ein Mann für den Neubeginn der Rüstungsindustrie in Bayern: Ludwig Bölkow. Der Luftfahrtpionier war im Zweiten Weltkrieg an der Entwicklung der ersten militärischen Strahlflugzeuge beteiligt - und tüftelte trotz Verbots nach dem Krieg mit einigen Mitarbeitern weiter an Fluggeräten. Mit den Pariser Verträgen von 1955 wurde die Arbeit legalisiert. Bölkow zog von Stuttgart nach Ottobrunn bei München: Hier entstand die Keimzelle des mächtigen Konzerns Messerschmitt-Bölkow-Blohm; heute ein Teil des Airbus-Konzerns.

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