Gehälteraffäre in der CSU:Seehofers geplatzter Traum

Horst Seehofer

CSU-Vorsitzender Horst Seehofer

(Foto: dpa)

Umfragen auf Steuerzahlerkosten, Drohanrufe bei den Medien und nun die Familienaffäre: In der CSU musste schon so mancher Politiker wegen fragwürdiger Methoden seinen Posten räumen. Doch diesmal geht es um mehr. Parteichef Seehofer fürchtet um den Wahlerfolg.

Ein Kommentar von Mike Szymanski

CSU-Chef Horst Seehofer muss knapp vier Monate vor der Landtagswahl wohl Abschied nehmen - von der schon sicher geglaubten Rückkehr zur Alleinregierung der CSU in Bayern. Die Verwandtenaffäre bayerischer Abgeordneter, die seiner Partei schwer zu schaffen macht, könnte Seehofer am Abend der Landtagswahl am 15. September doch noch den großen Triumph kosten: Seehofer wollte den Beweis antreten, dass die Zeiten einer CSU, die mit Ergebnissen um die 50 Prozent glänzen kann, doch nicht ein für alle Mal vorbei sind. Er wollte als Modernisierer einer außergewöhnlichen Partei in ihre Geschichte eingehen. Jetzt droht er daran zu scheitern, dass sich seine CSU nicht wirklich verändern will.

Das ist so bitter für Seehofer, weil sich bis zum Ausbruch der Krise knapp die Hälfte der Wähler im Freistaat tatsächlich vorstellen konnte, der CSU wieder allein das Land anzuvertrauen. Um heute solche erstaunlichen Ergebnisse zu erzielen, muss eine Partei Außergewöhnliches leisten. Sie muss Volkspartei im breitesten Sinne sein, es jedem ein wenig recht machen.

Dafür ist Seehofer der richtige Mann. Eine Partei, die solche Ergebnisse anstrebt, muss vom Wähler in gewisser Weise auch als alternativlos angesehen werden. Auch dieser Umstand ist in Bayern gegeben, wo die Opposition der CSU personell wie inhaltlich wenig entgegenzusetzen hat.

Zu viel Macht für eine Partei

Was die Seehofer-CSU jedoch immer noch nicht vermittelt, und darin liegt ihr großes Problem, ist das Gefühl, dass derart viel Macht schon wieder gut bei ihr aufgehoben wäre. Die Verwandtenaffäre taugt als guter Beleg dafür, aber leider nicht als einziger. Es war Seehofers früherer Staatskanzleichef, der kurz nach der Wahlniederlage 2008, die die CSU in eine Koalition mit der FDP zwang, wieder heimlich auf Steuerzahlerkosten die Stimmungslage für die CSU erkunden ließ.

Seehofer beendete diese Praxis, die zur ersten heftigen Regierungskrise geführt hatte. Er feuerte auch seinen CSU-Sprecher Hans Michael Strepp. Dieser wollte im vergangenen Herbst mit einem Drohanruf beim ZDF Einfluss auf die Berichterstattung nehmen.

In der Verwandtenaffäre hat Seehofer Fraktionschef Georg Schmid zum Rückzug aus der Politik gedrängt, weil der seine Ehefrau mit bis zu 5500 Euro im Monat zur Top-Verdienerin unter den Sekretärinnen gemacht hatte - auf Staatskosten. Seinem Parteivize, Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, musste er jetzt erst mal erklären, dass die Affäre keine "Petitesse" sei. Ramsauer denkt wie noch erschreckend viele in der Partei: Alles nicht so schlimm.

Sechs Kabinettsmitglieder in der Affäre

Mittlerweile sind sechs von Seehofers Kabinettsmitgliedern in die Affäre verstrickt, darunter auch so junge Nachwuchskräfte wie der 42-jährige Kultusstaatssekretär Bernd Sibler. Seehofer müsste sie eigentlich alle rauswerfen. Sie sind zu Ballast im Wahlkampf geworden. Sie stehen nicht mehr allein für erfolgreiche Regierungsarbeit, sondern für eine Selbstbedienungsmentalität, die sich irgendwann in einer Partei ausbreitet, die zu lange regiert. Aber so kurz vor der Wahl kann Seehofer seine Regierung nicht derart schwächen.

Seehofer muss sich eingestehen, dass er mit der Modernisierung der CSU in den vergangenen fünf Jahren nicht so weit gekommen ist, wie er sich das gewünscht hätte und wie es nötig gewesen wäre. Das alte Denken in der CSU hat weiterhin System. So wie sich seine CSU in diesen Wochen präsentiert, ist sie nicht reif für eine Alleinregierung.

Seehofers Koalitionspartner, die FDP, freut das. Den Liberalen fehlte bislang ein gutes Argument, warum es sie in Bayern überhaupt noch braucht. Nun liefert die CSU ihr einen wirklich plausiblen Grund.

Die Opposition braucht sich dagegen nicht zu viel Hoffnung zu machen. Bevor gefrustete CSU-Anhänger ihr die Stimmen geben, bleiben sie lieber daheim.

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