Gehälteraffäre der CSU:Seehofers Problemzonen

Eurocopter eröffnet Hubschrauber-Entwicklungszentrum

Das erste Zusammentreffen seit dem Rücktritt des Fraktionsvorsitzenden: Horst Seehofer und Georg Schmid

(Foto: dpa)

Mit Blockflöten und Jubelrufen wurde er begrüßt: Es hätte so schön werden können beim Besuch des Ministerpräsidenten Seehofer Im Landkreis Donau-Ries - wenn das nicht die Heimat des zurückgetretenen CSU-Fraktionschefs Georg Schmid wäre.

Von Stefan Mayr

Auf den ersten Blick ist es ein Ministerpräsidenten-Termin wie jeder andere. Die Kinder der Grund- und Mittelschule Harburg singen Lieder und klatschen, begleitet von den obligatorischen Blockflöten und Orff-Instrumenten. Sie begrüßen Horst Seehofer mit großen Applaus und Jubelrufen. Natürlich darf die ausführliche Begrüßung aller möglichen Honoratioren nicht fehlen, doch spätestens jetzt wird klar, dass dies ein ungewöhnlicher Besuch ist. Denn einer fehlt. Georg Schmid, der Landtagsabgeordnete des Stimmkreises Donau-Ries.

Es ist wohl die erste "Landkreis-Bereisung", wie diese Seehofer-Touren heißen, bei welcher der örtliche CSU-Abgeordnete nicht dabei ist. Wo ist Georg Schmid? "Er hat weder abgesagt noch zugesagt", sagt ein Mitarbeiter des Landratsamtes schulterzuckend. "Man muss da Verständnis haben", murmelt CSU-Landrat Stefan Rößle, "wie er es macht, ist es falsch." Immerhin für Seehofers Nachmittags-Termin bei Eurocopter in Donauwörth ist Schmid angekündigt, dazu später mehr.

Schmid musste vor Wochen als Fraktionschef zurücktreten und wenig später auch seine Kandidatur für die Landtagswahl zurückziehen, weil er seine Ehefrau Jahre lang auf Kosten des Steuerzahlers für 5500 Euro als Bürokraft beschäftigt hatte. Seitdem die Beschäftigungs-Affäre durch die Medien geht, gilt der CSU-Bezirk Schwaben als Problemzone. Bei der Wahl 2009 war Schwaben noch die Region der CSU-Stimmenkönige, jetzt ist er nur noch der Bezirk mit den meisten Familienbeschäftigern. Eigentlich wollte sich Seehofer in Harburg über neue Konzepte für den Umgang mit Problemschülern informieren. "Lernen in Bausteinen" heißt das Konzept. Doch die Journalisten interessiert das Thema nicht.

"Ist hier eine Problemzone?"

Kaum ist Seehofer seiner Limousine entstiegen, wird er schon auf die Problemzone angesprochen. "Ist hier eine Problemzone?", fragt er zurück und brummt: "Ich empfinde das nicht so." Doch dann stellt er sich den Fragen der Reporter und spricht Klartext. Er bestätigt, dass er bei Schmids Verzicht auf eine neue Kandidatur durchaus mitgewirkt hat. "Da habe ich gesagt, das möchte ich nicht", sagt er vor dem Schuleingang.

Auch wenn sich die Abgeordneten rein juristisch gesehen korrekt verhalten hätten, komme es eben auch darauf an, was man wie lange ausnutze. "Ich hätte auch mit dem Hubschrauber herfliegen können, der steht mir rechtlich zu", doziert er. "Aber wenn ich das jeden Tag mache, dann sagen die Leute: Der ist ballaballa." Ein klarer Seitenhieb an alle Abgeordneten, die Familienmitglieder beschäftigten.

Seehofer räumt ein, dass die Affäre "sicherlich eine Delle" in der Wählergunst verursacht hat. Aber im nächsten Atemzug betont er, diese Delle "wieder wettmachen zu können, wenn die Dinge richtig aufgearbeitet werden." Dann wird Seehofer ganz Wahlkämpfer: "Warum sollten wir jetzt nicht wieder Spitzenergebnisse erzielen, wenn alle zusammenstehen?"

Unterstützung für Georg Winter aus Mangel an Alternativen

Bei Georg Winter, dem nächsten Problemabgeordneten aus dem nahen Höchstädt, will sich der Parteichef nicht einmischen. Winter hatte mit seinen 13- und 14-jährigen Söhnen noch kurz vor knapp einen Vertrag als Computer-Experten abgeschlossen, um die Übergangsregelung noch ausnützen zu können. Inzwischen ist er als Vorsitzender des Haushaltsausschusses zurückgetreten, doch an seiner Kandidatur für die Wahl im September hält er trotz Kritik fest.

Seehofer sieht in Winter keine Belastung für die schwäbische CSU-Liste. "Er hat vollumfänglich zurückgezahlt und sich entschuldigt, zudem ist die Sache zehn Jahre her, man muss schon mal die Verhältnismäßigkeit im Blick behalten", sagt er. Über Winters Kandidatur solle "die Basis entscheiden", und genau das habe sie ja bereits getan.

Tatsächlich haben sich am Montag nach der Kreistagsfraktion und dem CSU-Bezirksvorstand auch der CSU-Kreisvorstand mitsamt den Ortsvorsitzenden bei einer gemeinsamen Sitzung einmütig für Winter ausgesprochen. Dabei soll es sogar Standing ovations gegeben haben, wie ein Augenzeuge berichtet. Das ist bemerkenswert für einen, dem ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Augsburg wegen eines Verstoßes gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz droht. Insider berichten, dass die Unterstützung Winters auch mit dem Mangel an Alternativen zu tun habe.

Vor der Eröffnung des neuen Entwicklungszentrums beim Hubschrauber-Hersteller Eurocopter in Donauwörth begegnen sich Seehofer und Schmid aber dann doch noch. Kurzer Händedruck, Seehofer scherzt: "Damit die Presse nicht wieder was zu schreiben hat." Dann wendet sich Seehofer ab und setzt eine weitere Spitze: Man müsse ja sehr genau darauf achten, wem man die Hand gebe. Bei seiner Rede vor 900 geladenen Gästen begrüßt er Schmid dann allerdings "ganz besonders". Das Publikum spendet verhaltenen Applaus, gefolgt von einem Raunen.

Georg Schmid sitzt in der ersten Reihe, aber ganz außen. Beim Empfang in der neuen Kantine steht er trotz bunter Krawatte lange alleine da. Keiner der Politiker und Unternehmer will mit ihm reden. Immerhin stellt er sich nach dem Termin allen Journalistenfragen. "Das waren keine leichten Entscheidungen", sagt er. Er werde seine Mandate in Landtag, Stadtrat und Kreistag erfüllen und sich danach ehrenamtlich engagieren. Zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Sozialversicherungsbetrug äußert er sich nicht.

Und zu seinem Verhältnis zu Seehofer? "Wir haben uns freundlich begrüßt", sagt er. Mehr nicht.

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